Leitsatz

Im Rahmen des von der Ehefrau eingeleiteten Ehescheidungsverfahrens machte der Ehemann im Wege der Stufenklage Ehegattenunterhalt geltend. Nach übereinstimmender Erledigungserklärung des Auskunftsanspruchs nahm er eine Bezifferung vor. Nach einem entsprechenden Hinweis des Gerichts im Termin am 8.3.2006 nahm er den Zahlungsantrag zurück.

Das erstinstanzliche Gericht sprach die Scheidung der Ehe aus, setzte den Versorgungsausgleich aus und erlegte im Rahmen der Kostenentscheidung die Kosten dem Ehemann zu 80 % und der Ehefrau zu 20 % auf. Gegen diese Kostenentscheidung wandte sich der Ehemann mit der sofortigen Beschwerde.

Sein Rechtsmittel war nicht erfolgreich.

 

Sachverhalt

siehe Kurzzusammenfassung

 

Entscheidung

Das KG hielt die sofortige Beschwerde des Ehemannes für nicht statthaft, da sie sich ausschließlich gegen die Kostenentscheidung des angefochtenen Urteils wende, und zwar gegen die Kostenlast aufgrund des von ihm zurückgenommenen Antrages auf Zahlung nachehelichen Unterhalts. Insoweit stehe ihm ein Rechtsmittel nicht zu Verfügung.

Gem. § 99 Abs. 1 ZPO sei die Anfechtung der Kostenentscheidung grundsätzlich nicht zulässig, wenn nicht gegen die Entscheidung in der Hauptsache ein Rechtsmittel eingelegt werde. Eine Ausnahme sehe das Gesetz für den Fall des Anerkenntnisses, der übereinstimmenden Erledigungserklärung und der Klagerücknahme vor. Eine isolierte Anfechtungsmöglichkeit werde auch für den Fall der gemischten Kostenentscheidung bei einer Teilrücknahme bejaht, und zwar hinsichtlich des auf der Klagerücknahme beruhenden Kostenteils (vgl. BGH v. 28.1.1999 - III ZB 39/98, NJW-RR 1999, 1741 f.; OLG Düsseldorf FamRZ 1982, 723 f.; v. 28.1.1994 - 22 U 188/93, OLGReport Düsseldorf 1995, 13 = NJW-RR 1994, 827 f.; OLG Frankfurt FamRZ 1985, 823; OLG Frankfurt v. 21.4.2005 - 6 W 218/04; Stein/Jonas/Bork, Kommentar zur ZPO, 22. Aufl., § 99 Rz. 15, 17).

Etwas anderes gelte jedoch dann, wenn die Kostenentscheidung des angefochtenen Urteils - wie im vorliegenden Fall - auf § 93a Abs. 1 ZPO beruhe, der eine die allgemeinen Kostenvorschriften verdrängende Sonderregelung darstelle.

§ 93a ZPO enthalte eine Abkehr vom Prinzip des Obsiegens und Unterliegens. Der Kostenaufhebungsgrundsatz erstrecke sich auch auf die im Verbund geltend gemachten Folgesachen. Eine anderweitige Kostenverteilung könne das Gericht gem. § 93a Abs. 1 S. 2 ZPO aus wirtschaftlichen Erwägungen oder aus Billigkeitsgründen treffen. § 93a ZPO verdränge auch § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO nach Rücknahme eines eine Folgesache betreffenden Antrages.

Die Vorschrift des § 93a ZPO sehe jedoch anders als § 269 ZPO die gesonderte Anfechtung der getroffenen Kostenentscheidung nicht vor. Auch eine analoge Anwendung des § 99 Abs. 2 ZPO sei nicht geboten.

Abgesehen davon, dass der Gesetzgeber im Ehescheidungsverfahren eine entsprechende Anwendung des § 269 ZPO ausdrücklich nur für den Fall der Zurücknahme des Scheidungsantrages vorgesehen habe, komme eine Abweichung von dem Grundsatz, dass Kostenentscheidungen bei gleichzeitiger Hauptsachenentscheidung abgesehen von den ausdrücklich gesetzlich geregelten Fällen nicht isoliert, sondern nur im Zusammenhang mit der Hauptsache anfechtbar sind, nur in besonderen Ausnahmefällen in Betracht (vgl. hierzu Belz in MünchKomm/ZPO, 2. Aufl., § 99 Rz 1, 11 ff.; OLG Bamberg v. 15.7.1992 - 2 WF 96/92, FamRZ 1992, 1453 f.).

§ 99 Abs. 1 ZPO diene gerade dem Ziel, eine isolierte Kostenanfechtung zu verhindern.

Eine prozessuale Situation, die der in § 99 Abs. 2 ZPO getroffenen Regelung vergleichbar sei, liege ersichtlich nicht vor.

 

Link zur Entscheidung

KG Berlin, Beschluss vom 01.08.2006, 19 WF 90/06

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