Leitsatz

Die Mutter eines am 23.9.2005 geborenen Kindes begehrte mit ihrer Klage Feststellung, dass der Antragsgegner nicht der Vater des Kindes sei. Sie hatte mit ihm in nichtehelicher Lebensgemeinschaft zusammengelebt. Er hatte die Vaterschaft für das Kind durch Jugendamtsurkunde mit ihrer Zustimmung anerkannt.

In der von ihr eingereichten Klage behauptete sie, innerhalb der gesetzlichen Empfängniszeit außer mit dem Antragsgegner auch noch mit einem anderen Mann geschlechtlich verkehrt zu haben. Ihre Zweifel an der Vaterschaft des Antragsgegners seien durch einen am 4.5.2006 eingeholten vorgerichtlichen Vaterschaftstest bestätigt worden.

Die von ihr für die beabsichtigte Klage beantragte Prozesskostenhilfe wurde ihr nicht gewährt mit der Begründung, die Klage sei mutwillig. Die Vaterschaftsanerkennung des Antragsgegners sei nur mit ihrer Zustimmung wirksam geworden. Sie hätte somit den nunmehr von ihr initiierten Prozess vermeiden können. Da sie bereits vor der Zustimmungserklärung gewusst habe, dass sie auch mit einem anderen Mann während der gesetzlichen Empfängniszeit geschlechtlich verkehrt habe, wäre es ihr zumutbar gewesen, vor der Zustimmungserklärung einen Abstammungstest außergerichtlich durchführen zu lassen.

Gegen den ablehnenden PKH-Beschluss legte die Antragstellerin Beschwerde ein, mit der sie Erfolg hatte.

 

Sachverhalt

siehe Kurzzusammenfassung

 

Entscheidung

Nach Auffassung des OLG hatte die beabsichtigte Rechtsverfolgung der Antragstellerin hinreichend Aussicht auf Erfolg i.S.d. § 114 ZPO.

Sie trage Umstände vor, die an der Vaterschaft des Antragsgegners ernsthaft zweifeln lassen. Die zweijährige Anfechtungsfrist sei gewahrt.

Der Antragstellerin könne die nachgesuchte Prozesskostenhilfe nicht wegen Mutwilligkeit der Rechtsverfolgung versagt werden. Es sei bereits fraglich, ob die Zustimmung zu einer Vaterschaftsanerkennung auch dann rechtmissbräuchlich sei, wenn die Kindesmutter lediglich Zweifel an der Vaterschaft des Anerkennenden habe. Auch bei einem bewusst falschen Vaterschaftsanerkenntnis könne die Vaterschaft angefochten werden. Das Anfechtungsrecht sei in diesen Fällen nicht wegen Rechtsmissbrauchs ausgeschlossen (OLG Köln v. 25.10.2001 - 14 UF 106/01, OLGReport Köln 2002, 29 = FamRZ 2002, 629).

Das OLG zog insoweit Parallelen zum Fall der Auflösung einer Scheinehe, deren Eingehung zwar als rechtsmissbräuchlich anzusehen sei. Dies gelte jedoch nicht für die Auflösung der Ehe auf dem gesetzlich vorgeschriebenen Weg. Daraus folge, dass ein Scheidungsbegehren in diesen Fällen nicht als mutwillig i.S.d. § 114 ZPO angesehen werden könne. Anderenfalls würde eine bedürftige Partei unter Verletzung des Grundrechts der Rechtsanwendungsgleichheit schlechter gestellt als eine nicht bedürftige. Eben dies gelte auch für den vorliegenden Fall. Selbst wenn die Vaterschaftsanerkennung bzw. Zustimmung rechtsmissbräuchlich gewesen wäre, gelte dies jedenfalls nicht für die Beseitigung der dadurch eingetretenen Rechtsfolgen auf dem gesetzlich allein möglichen Weg der Vaterschaftsanfechtung (OLG Köln v. 11.5.2006 - 14 WF 49/06, OLGReport Köln 2006, 726 = FamRZ 2006, 1280).

 

Link zur Entscheidung

OLG Rostock, Beschluss vom 19.01.2007, 11 WF 9/07

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