Leitsatz
Das OLG Köln hat sich in dieser Entscheidung mit der Inhaltskontrolle ehevertraglicher Regelungen zum Versorgungsausgleich auseinandergesetzt. Die Antragstellerin begehrte die Durchführung des Versorgungsausgleichs, obgleich die Parteien in einem notariell beurkundeten Ehevertrag vom 6.11.1991 wechselseitig auf die Durchführung des Versorgungsausgleichs verzichtet hatten. Ferner hatten sie den Güterstand der Gütertrennung vereinbart und wechselseitig auf jeglichen nachehelichen Unterhalt verzichtet.
Die Antragstellerin berief sich auf die Unwirksamkeit des Ehevertrages und begehrte die Durchführung des Versorgungsausgleichs.
Erstinstanzlich wurde ihr Antrag auf Durchführung des öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleichs zurückgewiesen.
Die hiergegen von ihr eingelegte Beschwerde blieb ohne Erfolg.
Sachverhalt
Siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Das OLG folgte der Auffassung des erstinstanzlichen Gerichts, das zu Recht den Antrag auf Durchführung des öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleichs zurückgewiesen habe.
Der zwischen den Parteien abgeschlossene Ehevertrag sei wirksam. Es gehöre grundsätzlich zum Recht der Ehegatten, ihre Lebensgemeinschaft eigenverantwortlich und frei von gesetzlichen Vorgaben entsprechend ihren individuellen Vorstellungen und Bedürfnissen zu gestalten.
Allerdings dürfe die grundsätzliche Disponibilität der Scheidungsfolgen nicht dazu führen, dass der Schutzzweck der gesetzlichen Regelung durch vertragliche Vereinbarungen beliebig unterlaufen werden könne. Dies sei aber nur dann der Fall, wenn durch die Regelung eine evident einseitige und durch die individuelle Gestaltung der ehelichen Lebensverhältnisse nicht gerechtfertigte Lastenverteilung entstände, die hinzunehmen für den belasteten Ehegatten bei verständiger Würdigung des Wesens der Ehe unzumutbar erscheine.
Unter Berücksichtigung des Einzelfalls, die der Tatrichter vorzunehmen habe, könne vorliegend nicht festgestellt werden, dass die Vereinbarung über den Ausschluss des Versorgungsausgleichs allein oder im Zusammenhang mit den übrigen ehevertraglichen Regelungen schon im Zeitpunkt ihres Zustandekommens offenkundig zu einer derart einseitigen Lastenverteilung für den Scheidungsfall geführt habe, dass ihr - und zwar losgelöst von der künftigen Entwicklung der Ehegatten und ihrer Lebensverhältnisse - wegen Verstoßes gegen die guten Sitten die Anerkennung der Rechtsordnung ganz oder teilweise mit der Folge zu versagen sei, dass an ihre Stelle die gesetzlichen Regelungen treten müssten. Dabei sei eine Gesamtwürdigung, die auf die individuellen Verhältnisse beim Vertragsabschluss abgestellt sei, insbesondere auf die Einkommens- und Vermögensverhältnisse, den geplanten oder bereits verwirklichten Zuschnitt der Ehe sowie auf die Auswirkungen auf die Ehegatten abzustellen. Subjektiv seien die von den Ehegatten mit der Abrede verfolgten Zwecke sowie die sonstigen Beweggründe zu berücksichtigen.
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze und Abwägung der beiderseitigen Interessen der geschiedenen Ehegatten sei davon auszugehen, dass bei Abschluss des Ehevertrages keine Zwangslage für die Antragstellerin bestanden habe. Vielmehr hätten die Eheleute gleichberechtigt quasi "in Augenhöhe" gegenüber gestanden. Hintergrund der Vereinbarung sei auch gewesen, dass beide Parteien zur damaligen Zeit voll erwerbstätig gewesen seien und davon ausgehen konnten, dass sie auch bei Scheitern der Ehe sich selbst angemessen würden unterhalten können.
Von daher könne es auch nicht als sittenwidrig gewertet werden, dass die Parteien ebenfalls wechselseitig auf Durchführung des Versorgungsausgleichs verzichteten. Die Einkommensverhältnisse beider seien bei Vertragsschluss nicht so deutlich unterschiedlich gewesen, dass unter Einbeziehung der Ehe und der in der Ehe verteilten Rollen die jeweilige Altersversorgung der Eheleute ehebedingt so gravierend differiert habe, dass hier das Regulat des gesetzlichen Versorgungsausgleichs zwingend erscheine.
Die Antragstellerin erscheine auch nicht besonders schutzwürdig, da die Ehe der Parteien von relativ kurzer Dauer gewesen sei. Die Eheschließung sei am 10.8.1990 erfolgt, die Scheidung der Ehe mit Urteil vom 23.3.1995. Selbst bei Durchführung des Versorgungsausgleichs wäre der Antragsgegner lediglich in Höhe eines Betrages von ca. 90,00 EUR ausgleichspflichtig gewesen. Auch diese Größenordnung verdeutliche die relativ geringe wirtschaftliche Bedeutung des Versorgungsausgleichsverzichts.
Link zur Entscheidung
OLG Köln, Beschluss vom 25.10.2010, 4 UF 158/10