Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Normenkette
§ 675 BGB, § 666 BGB, § 28 Abs. 4 WEG
Kommentar
Ein individueller Auskunftsanspruch gegen den Verwalter steht dem einzelnen Wohnungseigentümer nur insoweit zu, als die Eigentümergemeinschaft von diesem Recht keinen Gebrauch gemacht hat. Der grundsätzlich gegebene Auskunftsanspruch des einzelnen Eigentümers hat seine Rechtsgrundlage in den §§ 675, 666 BGB. Er besteht grundsätzlich auch nach Billigung einer Jahresabrechnung und Entlastung des Verwalters.
Allerdings kann einzelnen Wohnungseigentümern ein solcher Anspruch nicht als von diesen allein zu verfolgender Individualanspruch ohne Rücksicht darauf zugebilligt werden, ob der Auskunftsanspruch zuvor in der Eigentümerversammlung behandelt worden ist oder ob Gemeinschaft oder Verwaltung sich etwa pflichtwidrig geweigert haben, für eine Aufklärung der unklaren Punkte zu sorgen. Rechtsgrundlage eines Auskunftsverlangens ist nämlich der Verwaltervertrag als Geschäftsbesorgungsvertrag in Verbindung mit der gesetzlichen Regelung der §§ 21 Abs. 1 und 4, 28 Abs. 4 WEG. Die Eigentümergemeinschaft ist Vertragspartnerin der Verwaltung. Auskunftserteilung ist eine unteilbare Leistung, die zunächst und in der Regel nach § 432 Abs. 1 Satz 1 BGB allen Wohnungseigentümern gemeinsam zusteht.
Nach § 28 Abs. 4 WEG kann durch Mehrheitsbeschluss jederzeit vom Verwalter Rechnungslegung verlangt werden. Der nächstliegende Weg bei Unklarheiten einer Gesamtabrechnung ist deshalb die Klärung mit allen Beteiligten in der Wohnungseigentümerversammlung. Der einzelne Eigentümer lässt die Auskunftserteilung auf die Tagesordnung setzen (gemeint ist hier wohl: kann sie auf die Tagesordnung setzen lassen). Gerade praktische Überlegungen sprechen dafür, nicht eine mögliche und unabsehbare Vielzahl von Auskunftsverlangen jedem einzelnen Eigentümer gegenüber als Individualanspruch erfüllen zu müssen (nicht unerhebliche Mehrbelastung eines Verwalters mit möglicher Erhöhung des Verwalterentgeltes). Unter Hinweis auf Rechtsprechung und Schrifttum seien Individualansprüche deshalb erst gegeben, wenn die Gemeinschaft von ihren Auskunftsrechten keinen Gebrauch mache. Aus diesem Grund sei die Verwaltung im vorliegenden Fall nicht zur schriftlichen Auskunftserteilung - die Instandhaltungsrücklage betreffend - verpflichtet, da die Antragsteller ihr Auskunftsverlangen niemals auf die Tagesordnung einer Eigentümerversammlung setzen ließen.
Dagegen sei die Verwaltung zu Recht verpflichtet worden, den Antragstellern Einsicht in die für die Instandhaltungsrücklage bedeutsamen Verwaltungsunterlagen im Original zu gewähren.
Auch eine festgestellte wiederholte Einsichtnahme habe das Einsichtsrecht nicht zum Erlöschen gebracht, zumal Eigentümern selbst nach Auskunftserteilung in einer Versammlung Nachprüfungsmöglichkeiten erhalten bleiben müssten.
Link zur Entscheidung
( KG Berlin, Beschluss vom 22.12.1986, 24 W 5516/86= WMR 3/87, 100)
Zu Gruppe 4: Wohnungseigentumsverwaltung
Anmerkung:
Diese Entscheidung ist sicher zum Eigentümer-Auskunftsanspruch nicht so unbestritten wie dargestellt. In ähnlicher Weise hat tatsächlich das OLG Celle (OLG Z 83, 177) entschieden.
Entgegen der Ansicht des Kammergerichts ist m.E. nicht "die Gemeinschaft" Vertragspartner einer Verwaltung, da eine Wohnungseigentümergemeinschaft keine partei- und rechtsfähige eigenständige Rechtsperson darstellt. Verwalterverträge sind deshalb jeweils gleichlautende Einzelverträge mit jedem Wohnungseigentümer (sozusagen in gebündelter Formularform). Sicher kann durch Mehrheitsbeschluss eine Verwaltung zur Rechnungslegung verpflichtet werden. Diese in § 28 Abs. 4 WEG vorgesehene Rechnungslegung ist jedoch nicht eine Art lex specialis zu Auskunftsrechten, die das Dienst- und Auftragsrecht des BGB gewährt.
Wenn man ein individuelles Einsichtsrecht zu Recht bejaht, dann m.E. auch einen grundsätzlichen Auskunftsanspruch, soweit dieser nicht rechtsmissbräuchlich oder schikanös erhoben wird. Auskunftsverpflichtungen mögen nun einen Verwalter belasten und zu Verwaltungsmehrarbeit führen. Der korrekt handelnde Verwalter wird jedoch in Eigentümerversammlungen ausführlich Bericht erstatten und auch Abrechnungen sowie einzelne Abrechnungsposten sehr eingehend erläutern (unabhängig von etwa durchgeführten Belegprüfungen und Auskunftsersuchen eines Verwaltungsbeirats vor entsprechenden Beschlussfassungen, deren Zulässigkeit bisher nie in Frage gestellt wurde).
Einzel-Auskunftsersuchen werden bekanntlich erst aktuell, wenn Berichte von Verwaltern in Versammlungen lückenhaft erteilt werden. In Versammlungen mit oft umfangreicher Tagesordnung besteht oftmals auch nicht die Zeit, jeglichen Auskunftswünschen der Eigentümer in entsprechender Weise nachzukommen. Ich habe deshalb empfohlen, in größeren Anlagen vor einer Eigentümerversammlung sog. "Abrechnungs-Sprechstunden" im Verwalterbüro abzuhalten. Der Versammlungsablauf könnte durch solche vorgezogene Sprechtage sehr erleichtert und verkürzt werden sowie Eigentümer zwingen, auch von diesen Möglichkeiten bei Aufklär...