Zusammenfassung
Ein Prokurist ist grundsätzlich nicht zur Veräußerung von Grundstücken ermächtigt; dies gilt auch, wenn die Gesellschaft selbst nicht Eigentümerin des Grundstücks ist.
Hintergrund
Die beteiligte Aktiengesellschaft (im Folgenden "Beteiligte") ist Testamentsvollstreckerin über den Nachlass der 2019 verstorbenen X. In dem Nachlass befinden sich mehrere Grundstücke, die im Rahmen der Testamentsvollstreckung veräußert werden sollen. Die Beteiligte, vertreten durch ihre gemeinsam vertretungsberechtigten Prokuristen, bewilligte die Eintragung einer Auflassungsvormerkung für eines der Grundstücke. Das Grundbuchamt verweigerte die Eintragung der Auflassungsvormerkung, da die Prokuristen laut dem Handelsregister der Beteiligten nicht zur Veräußerung oder Belastung von Grundstücken ermächtigt seien. Gegen die Verweigerung reichte die Beteiligte Beschwerde ein.
Der Beschluss des KG Berlin v. 5.7.2021 (1 W 26/21)
Das Kammergericht Berlin lehnte die Beschwerde ab. Denn nach der gesetzlichen Regelung (§ 49 Abs. 2 HGB) umfasst die Vertretungsmacht des Prokuristen die Veräußerung und Belastung von Grundstücken nur, wenn er hierzu ausdrücklich ermächtigt wurde. Dies gelte auch dann, wenn es um die Veräußerung oder Belastung von fremden Grundstücken geht, die nicht im Eigentum der Gesellschaft stehen. Die Bewilligung der Eintragung der Auflassungsvormerkung konnte daher nicht von den Prokuristen der Beteiligten abgegeben werden.
Anmerkung
Die Vertretungsmacht eines Prokuristen ist nach dem gesetzlichen Leitbild sehr weitgehend und umfasst sämtliche Geschäfte und Rechtshandlungen, die im Rahmen der normalen Geschäftstätigkeit der Gesellschaft anfallen. Aufgrund der wesentlichen Bedeutung von Grundeigentum, ist jedoch die Veräußerung und Belastung von Grundstücken von der allgemeinen Vertretungsmacht des Prokuristen ausgenommen. Dies ist dem Prokuristen nur erlaubt, wenn er hierzu besonders bevollmächtigt wurde, § 49 Abs. 2 HGB. In der Rechtsprechung ist dabei umstritten, ob diese Einschränkung nur bei der Veräußerung oder Belastung von eigenen, somit im Eigentum der Gesellschaft stehenden, Grundstücken gilt oder auch dann, wenn es um die Veräußerung oder Belastung fremder Grundstücke geht.
So hat das OLG Hamm 2011 noch entschieden, dass Prokuristen zur Veräußerung und Belastung von fremden Grundstücken befugt sind, auch wenn keine besondere Bevollmächtigung vorliegt. Dieser Ansicht hat das OLG Köln bereits 2019 widersprochen und entschieden, dass die gesetzliche Beschränkung der Vertretungsmacht unabhängig davon gelte, ob es sich um ein Grundstück der Gesellschaft handelt, die der Prokurist vertritt oder um ein fremdes Grundstück. Auch das Kammergericht Berlin hat sich dieser Wertung nun angeschlossen.
Damit zeichnet sich in der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte weiter ab, dass Prokuristen auch für die Veräußerung und Belastung fremder Grundstücke einer gesonderten Bevollmächtigung bedürfen. Um Verzögerungen bei Grundbucheintragungen zu vermeiden, ist daher zwingend darauf zu achten, dass die handelnde Gesellschaft richtig vertreten ist. Soll die Vertretung durch einen Prokuristen erfolgen, ist dieser im Zweifel gesondert zu bevollmächtigen. Die Bevollmächtigung kann entweder allgemein für Grundstücksgeschäfte erteilt werden, so dass dies auch gemäß § 49 Abs. 2 HGB im Handelsregister eingetragen werden kann oder der handelnde Prokurist wird im Einzelfall bevollmächtigt. Im Fall der Einzelbevollmächtigung ist zu berücksichtigen, dass die Vertretungsbefugnis gegenüber dem Grundbuchamt in der erforderlichen Form nachgewiesen wird. Dies kann entweder über eine notariell beglaubigte Vollmacht oder eine anderweitige öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunde erfolgen.