Leitsatz
Schafft der sondernutzungsberechtigte Wohnungseigentümer durch Anbringen einer portablen Treppe eine direkte Verbindung zwischen Balkon und Garten, genügt allein die Möglichkeit, das Sondernutzungsrecht am Gartenteil intensiver zu nutzen, für die davon ausgeschlossenen Miteigentümer einen Nachteil im Sinne von § 14 WEG anzunehmen. Unbedeutend ist dabei, ob sich zunächst qualitativ oder quantitativ an der Nutzung tatsächlich etwas ändert.
Sachverhalt
Dem Eigentümer der Erdgeschoßwohnung innerhalb einer Wohnungseigentumsanlage ist an der seiner Wohnung vorgelagerten Gartenfläche ein Sondernutzungsrecht eingeräumt. An diesem Gartenteil hatte dieser sich bereits vor einigen Jahren eine durch Platten befestigte Freisitzfläche eingerichtet. Um die Höhendifferenz zum Gartenteil auszugleichen und um direkt zu diesem ohne Umweg durch das Treppenhaus zu gelangen, brachte er an der Freisitzfläche eine aus insgesamt vier Stufen bestehende Treppenkonstruktion an, die lediglich mit Flügelschrauben und einer Schienenkonstruktion an dem zur Wohnung gehörenden Balkon befestigt wurde.
Die übrigen Wohnungseigentümer begehren nunmehr die Entfernung dieser Treppe und sind dabei der Auffassung, zu deren Anbringung hätte es eines allstimmigen Beschlusses bedurft. Gleichzeitig begehren sie die Entfernung der auf der Gartenfläche verlegten Platten.
Entscheidung
Die Richter teilten in diesem Verfahren die Auffassung der übrigen Wohnungseigentümer. Für die von dem Wohnungseigentümer vorgenommene Veränderung hätte es tatsächlich der Zustimmung aller übrigen Wohnungseigentümer bedurft. Was die Treppe angeht mit, was die vor längerer Zeit verlegten Platten angeht, ohne Folgen für den sondernutzungsberechtigten Eigentümer.
Das Aufsägen des Balkongitters und das Anbringen der Leiter stellten bauliche Veränderungen des Gemeinschaftseigentums im Sinne von § 22 Abs. 1 WEG dar - für diese Maßnahmen hätte es demnach einer entsprechenden Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer bedurft. Diese wäre nur dann entbehrlich gewesen, wenn durch die Maßnahmen kein anderer Wohnungseigentümer über das in § 14 WEG bestimmte Maß hinaus beeinträchtigt würde. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang, daß als Nachteil, der ein Zustimmungsbedürfnis auslöst, jede nicht ganz unerhebliche Beeinträchtigung zu verstehen ist.
Der Nachteil lag hier konkret darin, daß die Schaffung der direkten Verbindung zwischen Balkon und Garten dem sondernutzungsberechtigten Wohnungseigentümer die Möglichkeit einer intensiveren Gartennutzung bot. Zwar entgegnete dieser, er hätte den Garten gerade nicht intensiver genutzt als vor der Anbringung der Treppe, weiter sei die Auffassung des Gerichts, der Freisitz im Garten werde um so häufiger genutzt, je bequemer dieser zu erreichen sei, eine reine Vermutung.
Dieser Argumentation war jedoch nicht zu folgen, denn zum einen kommt es nicht darauf an, ob der Eigentümer den Garten tatsächlich intensiver nutzt, da allein die Möglichkeit der intensiveren Nutzung ausreicht, einen Nachteil für die übrigen Wohnungseigentümer anzunehmen. Zum anderen ist die Annahme, ein erleichterter Zugang berge zumindest die Gefahr einer intensiveren Gartennutzung, naheliegend und entspricht zudem der Lebenserfahrung.
Auch das bereits vor einiger Zeit vorgenommene Verlegen der Platten auf dem zur Sondernutzung zugewiesenen Gartenstück stellte eine bauliche Veränderung dar und hätte der Zustimmung aller Wohnungseigentümer bedurft. Der nunmehr von den Wohnungseigentümern geltend gemachte Anspruch auf Beseitigung der Platten war aber wegen verspäteter Geltendmachung verwirkt. Eine Verwirkung ist immer dann anzunehmen, wenn sich der Schuldner der begehrten Handlung - hier: der sondernutzungsberechtigte Wohnungseigentümer - wegen der Untätigkeit des Gläubigers - hier: die übrigen Wohnungseigentümer - über einen gewissen Zeitraum hin bei objektiver Beurteilung darauf einrichten darf und eingerichtet hat, dieser werde sein Recht nicht mehr geltend machen, und deswegen die verspätete Geltendmachung gegen Treu und Glauben verstößt. Hier waren seit Errichtung des Freisitzes und des Verlegens der Platten bereits fünf Jahre vergangen.
Link zur Entscheidung
OLG Karlsruhe, Beschluss vom 12.10.1998, 11 Wx 49/98
Fazit:
Die Entscheidung macht deutlich, daß bereits die Gefahr einer intensiveren Nutzung der dem jeweiligen sondernutzungsberechtigten Wohnungseigentümer zugewiesenen Gartenfläche ausreicht, einen Nachteil für die übrigen Wohnungseigentümer anzunehmen. Es kommt also nicht auf eine tatsächliche intensivere Nutzung an.