Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Normenkette
§ 12 WEG
Kommentar
Von einer Verwalterzustimmung nach § 12 WEG ausgenommen waren nach einer praxisüblichen Vereinbarung
a) die Erstveräußerung durch den heutigen Eigentümer,
b) die Veräußerung an einen Ehegatten oder Verwandten in gerader Linie und
c) die Veräußerung im Wege der Zwangsvollstreckung aus einem eingetragenen Grundpfandrecht.
Im vorliegenden Fall hatte der Bauträger-Eigentümer den Hälfteanteil an einer Wohnung an seine Ehefau aufgelassen. Beide Bruchteils-Miteigentümer verkauften dann die Einheit an einen Dritten. Während AG und LG Passau für dieses zweite Veräußerungsgeschäft die Verwalterzustimmung für erforderlich hielten (hier aller Eigentümer aufgrund Verhinderung der Verwaltung nach § 181 BGB - die Ehefrau war auch Verwalterin -), trat dieser Meinung das BayObLG in selbstständiger Auslegung der Gemeinschaftsordnung entgegen und kam zur Auffassung, dass es sich im vorliegenden Fall noch um eine Erstveräußerung handele, die nicht der Verwalterzustimmung befürfe. Der Bauträger-Eigentümer habe durch die Übertragung eines Hälfteanteils der Einheit an seine Frau noch nicht das Privileg der Erstveräußerung "verbraucht", zumal die Weiterveräußerung sehr rasch erfolgte.
Die Übertragung des Hälfteanteils vom Ehemann an seine Frau sei nicht im Rahmen der nach und nach durch Veräußerung der Wohnungen vor sich gehenden Begründung der Gemeinschaft geschehen; sie sei dieser vorausgegangen. Die beteiligten Eheleute als Miteigentümer würden dem teilenden Alleineigentümer im Sinne der vereinbarten Regelung in der Gemeinschaftsordnung gleichstehen.
Link zur Entscheidung
( BayObLG, Beschluss vom 17.04.1986, BReg 2 Z 98/85).
zu Gruppe 4: Wohnungseigentumsverwaltung
Anmerkung:
Im Ergebnis ist dieser Entscheidung sicher beizupflichten. Man hätte allerdings auch in der Weise argumentieren können, dass nach Begründung einer Bruchteilsgemeinschaft der die gesamte Einheit mitverkaufende Ehemann (Bauträger) insoweit noch als Erstveräußerer handelte, was auch die vereinbarte Privilegierung rechtfertigen könnte. Allerdings hätte das BayObLG doch ausführlicher die Argumentation des LG entkräften müssen, dass die beiden Eheleute als Eigentümer nicht mehr dem Bauträger-Alleineigentümer gleichgestellt werden könnten, da der Alleineigentümer nicht mehr in der Lage sei, den Erwerber allein zu bestimmen. Die Meinung der Vorgerichte, dass nur solange (bis zur Begründung der Bruchteilsgemeinschaft) von einer zustimmungsfreien Veräußerung hätte ausgegangen werden können, ist sicher nicht ganz von der Hand zu weisen, zumal das Grundbuchrecht tatsächlich bewusst sehr formell gehalten ist.
[Auf Grund späterer abweichender Entscheidung des BGH wurde 1994 § 61 WEG in das Gesetz eingefügt.]