Leitsatz
Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist bei Versäumung der Widerrufsfrist bei Prozessvergleichen gesetzlich nicht vorgesehen. Ein Antrag auf Wiedereinsetzung ist daher unzulässig. Grund: Bei der Widerrufsfrist handelt es nicht um eine Notfrist nachder ZPO.
Sachverhalt
In einem Arbeitsgerichtsprozess hatte der Arbeitnehmer u.a. die vertragsgemäße Beschäftigung geltend gemacht. Durch Vergleich vom 21.4.2010 einigten sich die Parteien u.a. auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund arbeitgeberseitiger Befristung zum 31.10.2009. Der Widerruf dieses Vergleichs blieb bis zum 28.4. 2010 vorbehalten und musste bis zu diesem Tag schriftlich beim Arbeitsgericht eingegangen sein. Mit Schriftsatz vom 4.5.2010, der am selben Tag beim Arbeitsgericht per Telefax einging, ließ der Arbeitnehmer den Vergleich widerrufen und beantragte zugleich wegen der bereits abgelaufenen Widerrufsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand mit der Begründung, sein Prozessbevollmächtigte sei aufgrund einer Erkrankung außerstande gewesen, den Vergleich fristgerecht zu widerrufen.
Das Arbeitsgericht hat den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand als unzulässig zurückgewiesen, der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und die Angelegenheit dem LAG zur Entscheidung vorgelegt. Auch laut LAG kann der Arbeitnehmer keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Widerrufsfrist des Vergleichs geltend machen: Der Antrag des Arbeitnehmers ist unzulässig, da die Vorschriften über die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach §§ 333ff. ZPO auf die Versäumung der Widerrufsfrist eines Prozessvergleichs nicht anwendbar sind.
Die fehlende Anwendbarkeit ergibt sich aus dem Wortlaut des § 233 ZPO. Dort findet sich eine Aufzählung von Sachverhalten, in denen Wiedereinsetzung gewährt werden kann. Die von den Parteien vereinbarte Widerrufsfrist, gehört nicht dazu. Außerdem handelt es sich bei der Widerrufsfrist nicht um eine "Notfrist" nach dem Gesetz. Eine "Notfrist" liegt nach § 224 Abs. 1 Satz 2 ZPO nur vor, wenn sie ausdrücklich als eine solche bezeichnet ist. Widerrufsfristen für einen Prozessvergleich sind im Gesetz nicht geregelt; es handelt sich nicht um gesetzliche Notfristen im Rechtssinn.
Die Wiedereinsetzungsvorschriften der §§ 233ff. ZPO sind auch nicht entsprechend auf die in einem Prozessvergleich vereinbarte Widerrufsfrist anwendbar. Eine solche ausdehnende Anwendung der Vorschriften abzulehnen und auch verfassungsrechtlich nicht veranlasst. Für eine ergänzende Auslegung des Prozessvergleichs dahin gehend, dass die Parteien die Anwendbarkeit der Vorschriften der §§ 233ff. ZPO im konkreten Fall vereinbart hätten, ergaben sich keine Anhaltspunkte.
Link zur Entscheidung
LAG Köln, Beschluss v. 3.3.2011, 10 Ta 431/10.