Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Normenkette
§ 15 Abs. 3 WEG, § 1004 Abs. 1 BGB
Kommentar
1. Ist ein Sondereigentum in der Teilungserklärung als Partyraum, Werkraum, Abstellraum, Waschküche, WC sowie - nochmals - Abstellraum zweckbestimmend mit Vereinbarungscharakter bezeichnet, müssen Wohnungseigentümer, insbesondere auch spätere Erwerber, darauf vertrauen können, dass jedenfalls keine Nutzung zulässig ist, die mehr stört oder beeinträchtigt als die in der Teilungserklärung angegebene; dies ist nach einer typisierenden, d.h. verallgemeinernden Betrachtungsweise, zu beurteilen, wobei schon die Möglichkeit zusätzlicher Störungen genügt (BayObLG, WM 93, 490 und 94, 292).
Eine Nutzung zu Wohnzwecken hält sich vorliegend nicht an die vereinbarte Zweckbestimmung und ist nicht zulässig. Bei gebotener typisierender Betrachtungsweise kann nicht gesagt werden, dass eine Nutzung zu Wohnzwecken nicht mehr stört, als eine Nutzung entsprechend der Zweckbestimmung in der Teilungserklärung; dies folgt bereits aus der Möglichkeit, die Räume intensiver zu nutzen, wenn sie Wohnzwecken dienen (BayObLG, WM 93, 706); dies gilt insbesondere bei kleineren Wohnanlagen wie hier (BayObLG, WE 90, 71).
Ein Unterlassungsanspruch nach § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB i.V.m. § 15 Abs. 3 WEG setzt auch nicht voraus, dass derzeit eine Eigentumsbeeinträchtigung stattfindet; es genügt vielmehr die begründete Besorgnis zukünftiger Eingriffe (BayObLG, WM 93, 294). Die Besorgnis ist im vorliegenden Fall zu bejahen, weil im Keller eine voll ausgebaute Wohnung vorhanden ist. Allerdings besteht vorliegend nicht die Verpflichtung des betroffenen Sondereigentümers, die Küchen- und Sanitäreinrichtungen von den Anschlüssen zu trennen, da sich der Anschluss dieser Einrichtungen noch im Rahmen der vereinbarten Zweckbestimmung der Kellerräume (insbesondere des Partyraums) hält.
2. Gerichtskosten-Quotelung und keine Erstattung außergerichtlicher Kosten in allen drei Rechtszügen bei Geschäftswertfestsetzung auf jeweils 20.000 DM.
Link zur Entscheidung
( BayObLG, Beschluss vom 08.08.1995, 2Z BR 56/95)
Zu Gruppe 5: Rechte und Pflichten der Miteigentümer
Anmerkung:
Die verfestigte Rechtsprechung des BayObLG bleibt in diesen Nutzungsauslegungsfragen m. E. sehr "formalistisch" streng. Bedenkt man, dass z. B. das KG Berlin in seiner Entscheidung vom 08.06.1994 aus wohnungseigentumsrechtlicher Sicht gestattet hat, ein Wohnungseigentum als Architekturbüro oder Steuerberaterpraxis nutzen zu dürfen, fällt es zumindest mir im vorliegenden Fall schwer, eine Benutzung des "Partyraums unter anderem mit WC und Küche" für gelegentliche kurzzeitige unentgeltliche Übernachtungen als störendere Nutzung (intensivere Nutzungsmöglichkeit) anzusehen (auch in kleinerer Wohnanlage) als eine solche nach einem i. Allg. auslegungsbedürftigen Zweckbeschrieb u.a. als "Partyraum". Etwa vereinbarte Hausordnungsruhezeiten müssten ohnehin von jeglichen Nutzern eingehalten werden. Dass auch - unterstellt - gelegentliches Übernachten in solchen Räumen als größere Störmöglichkeit gegenüber u. U. häufigen Party- und Gesellschaftsveranstaltungen in solchen Räumen angesehen wird, überzeugt mich nicht. Eine andere Frage (vorliegend nicht behandelt) sind evtl. behördliche Genehmigungserfordernisse für eine Wohnnutzung in diesen UG-Räumen. Auch Verwirkungsgesichtspunkte bei u. U. langjähriger, nach Wortlaut vereinbarungswidriger Nutzung müssten m. E sehr genau überprüft werden, u. U. auch unter Berücksichtigung einer Verwirkungs-Wirkung gegenüber Rechtsnachfolgern, die in Kenntnis bestehender Nutzungsgegebenheiten anderes Wohnungseigentum nachfolgend erworben haben,