Rz. 17
Gerade der Gedanke, hinter jeder Transaktion einer juristischen Person müsse auch eine natürliche Person als wirtschaftlich Berechtigter stehen, ist Ausdruck aktuellen gesellschaftlichen und politischen Zeitgeistes, der das Immobilieneigentum juristischer Personen als mindestens verdächtig empfindet. Noch schlimmer ist es, wenn die juristische Person als "anonymer Konzern" erscheint, bei welchem die Gesellschafterverhältnisse nicht mehr erkennbar sind.
Rz. 18
Dagegen muss festgestellt werden, dass gerade das Rechtsinstitut der juristischen Person mit dem eingetragenen Verein (§§ 21 ff. BGB) als Urbild die rechtliche und auch wirtschaftliche Unabhängigkeit von den Mitgliedern oder Gesellschaftern als Wesenskern innehat. Gerade beim eingetragenen Verein, aber noch stärker bei der Aktiengesellschaft als "kapitalistischem Verein" ist die Trennung der juristischen Person von Vermögen und Haftung der einzelnen Mitglieder essentiell. Die Möglichkeiten, breit gestreut Kapital zu erhalten und zugleich unternehmerisches Haftungsrisiko zu minimieren, sind entscheidende Bausteine der Gesellschafts- und Wirtschaftsordnung seit der späten Neuzeit. Es wäre zu einfach gedacht und nachgerade naiv, hinter jeder juristischen Person eine oder wenige natürliche Personen zu suchen oder hinter Publikumsgesellschaften stets Steuerhinterziehung und kapitalistische Ausbeutung zu vermuten. Konsequent wäre es natürlich, den Grundstückserwerb seitens juristischer Personen oder Personengesellschaften zu verbieten und nur natürliche Personen als Rechtsinhaber zuzulassen. Dann wären wir mit unserer Rechts- und Wirtschaftsordnung wieder im Mittelalter.
Rz. 19
Ein letzter Hort gesellschaftsrechtlicher Diskretion war die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) nach §§ 705 ff. BGB. Sie war und ist gerade als Besitzgesellschaft für Immobilien beliebt, weil sie den Gesellschaftern Vorteile bietet: Die gesamthänderische Bindung nach § 719 BGB schützt anders als bei der Bruchteilsgemeinschaft nach §§ 741 ff. BGB vor Veränderungen im Gesellschafterbestand, die ertragsteuerliche Neutralität der Gesellschaft lässt Gewinne und Verluste unmittelbar den Gesellschaftern zugutekommen. Bis 31.12.2023 wurden mangels Eintragung der Gesellschaft bürgerlichen Rechts in ein Gesellschaftsregister die Gesellschafter namentlich im Grundbuch benannt (dazu § 47 Rdn 36 ff.). Wegen der durch § 12 GBO begrenzten Möglichkeit der Grundbucheinsicht konnten die Gesellschafter zumindest bezogen auf ihren Grundbesitz Diskretion walten lassen. Die durch das Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts seit 1.1.2024 geltenden Regelungen zum Gesellschaftsregister für die GbR (§§ 707 ff. BGB) und die Neuregelung des § 47 Abs. 2 GBO haben auch diese Diskretion beseitig (eingehend § 47 GBO Rdn 47 ff.). Weil die GbR nur noch dann grundbuchfähig ist, wenn sie im Gesellschaftsregister eingetragen ist, besteht ein faktischer Eintragungszwang für das Gesellschaftsregister und selbst die Gesellschaft bürgerlichen Rechts als einfache und diskrete Gesellschaftsform hat ihre Unschuld verloren.