Rz. 170
Mit Ausnahme von Bayern haben alle Bundesländer in ihren Bauordnungen das Institut der Baulast vorgesehen. Die jeweiligen Vorschriften der Landesbauordnungen lauten wesentlich gleich und gehen auf die entsprechenden Regelungen der Musterbauordnung zurück, die 1960 von einer Arbeitsgemeinschaft der Bauministerien der Länder erarbeitet wurde. Die Baulast dient im Bereich des öffentlichen Bauordnungs- und Bauplanungsrechts als landesrechtlich geregeltes Rechtsinstitut der Durchsetzung öffentlich-rechtlicher Belange und verpflichtet den Eigentümer eines durch sie belasteten Grundstücks zur Vornahme eines bestimmten Tuns, Duldens oder Unterlassens.
Ihrem Inhalt nach ähnelt die Baulast der Dienstbarkeit, geht aber über den zulässigen Inhalt einer Dienstbarkeit hinaus, da auch ein aktives Handeln Inhalt der Baulast sein kann. Damit enthält die Baulast auch Elemente der Reallast. Der aus der Baulast gegebenenfalls begünstigte Grundstückseigentümer hat keine unmittelbaren Rechtsbeziehungen zum Eigentümer des belasteten Grundstücks, seine Rechtsposition kann nicht mit der des Berechtigten aus der Dienstbarkeit oder der Reallast verglichen werden.
Im Bereich des Baurechts kann aus ordnungrechtlichen und planungsrechtlichen Gründen ein Bedürfnis zur dauerhaften Sicherung bestimmter Zufahrtswege, Versorgungsleitungen oder sonstiger baulicher Anlagen, zur Sicherung der Einhaltung bestimmter Bauabstände oder einer bestimmten Art der Bebauung entstehen. Das Sicherungsbedürfnis an dem Zugang sowie an der sonstigen Erschließung eines Baugrundstücks ist nicht nur ein privatrechtliches Interesse eines anderen Grundstückseigentümers oder sonstigen privatrechtlich Betroffenen, sondern auch ein öffentlich-rechtliches. Die Baulast sichert eine Verpflichtung gegenüber der Baubehörde im Zusammenhang mit der Sicherstellung der Bebaubarkeit und der konkreten Bebauung eines Grundstücks oder eines Baugebiets. Der Inhalt der Baulast, sei es eine Handlung ein Dulden oder ein Unterlassen, kann sich nur, anders als bei der Dienstbarkeit, auf Verpflichtungen des öffentlichen Baurechts beziehen.
Rz. 171
Damit ergibt sich für das Verhältnis zwischen Baulast und Dienstbarkeit folgende Abgrenzungssystematik:
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Ergibt sich das Verbot einer bestimmten Handlung oder die Pflicht zur Vornahme einer Handlung auf einem Grundstück bereits aus Gesetz oder Rechtsverordnung, kann daneben weder eine Dienstbarkeit noch eine Reallast noch eine Baulast gleichen Inhalts bestellt werden. |
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Betrifft das Verbot einer bestimmten Handlung oder die Pflicht der Vornahme einer Handlung unmittelbar das privatrechtliche Verhältnis zwischen betroffenem Grundstückseigentümer und Berechtigtem, so ist nur die Bestellung einer Dienstbarkeit oder einer Reallast zulässig, die Bestellung einer Baulast hingegen unzulässig. |
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Betrifft das Ver- oder Gebot bauplanungs- oder bauordnungsrechtliche Maßgaben für ein Grundstück und liegt daher die Handlung, Duldung oder Unterlassung im öffentlichen Interesse, so kann dafür eine Baulast bestellt werden, gegebenenfalls auch zusätzlich zu einer Dienstbarkeit oder Reallast. |
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Der Inhalt der Baulast muss Inhalt und Umfang der übernommenen Verpflichtung eindeutig erkennen lassen, sie muss dem verwaltungsrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz und den gesetzlichen Regelungen des Baurechts entsprechen. |
Baulast und Dienstbarkeit schließen sich, abgesehen davon, dass ein aktives Handeln nicht Gegenstand der Dienstbarkeit sein kann, grundsätzlich nicht gegenseitig aus. Für dieselbe Berechtigung zu einer Handlung auf einem Grundstück, oder für ein Verbot oder eine Duldungspflicht, kann im Einzelfall sowohl eine Dienstbarkeit als auch eine Baulast bestellt werden. Während die Dienstbarkeit dem privatrechtlich Berechtigten unmittelbar einen Anspruch aus der Dienstbarkeit gibt, kann die Baulast als öffentlich-rechtliches Institut nur von der Behörde im Wege hoheitlichen Verwaltungshandelns durchgesetzt werden. Die Doppelsicherung derselben Nutzung durch Baulast und Dienstbarkeit kann deshalb auch geboten sein. Die Eintragung einer Dienstbarkeit kann daher auch nicht mit dem Argument abgelehnt werden, die konkrete Sicherung habe durch Baulast zu erfolgen. Auch gibt die Bestellung einer Grunddienstbarkeit nur in besonderen Ausnahmefällen nach § 242 BGB einen Anspruch auf Bewilligung einer Baulast.