Rz. 116
Benutzen ist ein fortgesetztes oder doch mehr oder weniger häufig und regelmäßig wiederkehrendes, für den Berechtigten mit einem Vorteil verbundenes Gebrauchmachen von dem belasteten Grundstück. Das Benutzungsrecht kann von Handlungen des Berechtigten bedingt abhängig gemacht werden. Daher kann ein Geh- und Fahrtrecht als Grunddienstbarkeit auch den Inhalt haben, dass man Hin- und Hergehen oder Verweilen darf oder dass der Berechtigte die Verkehrssicherungspflicht für das ganze Grundstück trägt, wenn Ausübungsbereich das gesamte Grundstück ist. Die Befugnis zur Vornahme lediglich einer einmaligen Handlung stellt keine solche Benutzung dar. Zulässig ist die Berechtigung zur Vornahme einer einmaligen Handlung, durch die in erster Linie sichergestellt werden soll, dass auf dem dienenden Grundstück gewisse Handlungen nicht vorgenommen werden dürfen.
Die Dienstbarkeit muss die Befugnis eröffnen zur Benutzung des Grundstücks in einzelnen Beziehungen. Dies setzt nicht zwingend voraus, dass dem Eigentümer des belasteten Grundstücks – neben der Nutzung durch den Dienstbarkeitsberechtigten – nicht nur unwesentliche Nutzungsmöglichkeiten verbleiben. An einem Teileigentums-Stellplatz kann das Recht zur Benutzung der Stellfläche eingetragen werden, da dem Teileigentümer die Nutzung der Rechte aus dem Miteigentumsanteil verbleibt.
Rz. 117
Hinsichtlich des Umfangs einer Benutzung ist streitig, wo die Grenze für die Zulässigkeit einer Grunddienstbarkeit zu ziehen ist. Nach einer Ansicht darf die einzelne und bestimmte Benutzung nicht so umfassend sein, dass der Eigentümer von jeder wirtschaftlich sinnvollen Nutzung des eigenen Grundstücks ausgeschlossen ist. Unzulässig wäre danach eine Dienstbarkeit, die zum Bau eines so umfangreichen Gebäudes berechtigt, dass dem Eigentümer praktisch keine Grundstücksnutzung verbliebe. Nach a.A. kommt es allein auf eine formale Betrachtung nach dem Inhalt der Bewilligung an. Ist danach die Benutzung konkret bestimmt und abstrakt nicht allumfassend, kann auch die konkrete Benutzung in einzelnen Beziehungen sich auch in einer Weise auf die gesamte Grundstücksfläche erstrecken, dass die Nutzungsbefugnis des Eigentümers praktisch gering oder nur noch theoretisch ist. Hintergrund der unterschiedlichen Ansichten ist die Frage der Abgrenzung der Dienstbarkeit vom Nießbrauch, bei dem der Nutzungsausschluss des Eigentümers die Regel ist.
Die letztgenannte Ansicht ist zutreffend: Die Abgrenzung zwischen einem Nießbrauch und einer Benutzungsdienstbarkeit richtet sich allein formal danach, ob dem Berechtigten eine umfassende Nutzungsbefugnis (ggfs. unter Ausschluss einzelner Nutzungen) oder nur einzelne Nutzungsmöglichkeiten eingeräumt werden. Ein Abstellen auf die verbleibende Nutzungsmöglichkeit des Eigentümers ist nicht zielführend, da bereits bei einem einfachen Geh- und Fahrtrecht auf einem kleinen Grundstück der Eigentümer von sämtlichen Nutzungen ausgeschlossen sein kann. Um die Dienstbarkeit vom Nießbrauch abzugrenzen, kann es daher nur auf den Inhalt der bestellten Dienstbarkeit ankommen, ob dem Berechtigten nur einzelne Nutzungen eingeräumt werden. Dabei muss die Prüfung jeweils beschränkt bleiben auf die Fläche, die von der Dienstbarkeit erfasst wird, um die Abgrenzung gegenüber dem Nießbrauch, in der Ausübung beschränkt auf eine Teilfläche, herbeizuführen. Ob dann bei der tatsächlichen Ausübung dem Eigentümer noch eine eigene Nutzung verbleibt, ist keine Frage der Zulässigkeit des Inhalts der Dienstbarkeit. Bedenklich ist daher die Auffassung eine Grunddienstbarkeit, eine Teilfläche unter Ausschluss des Eigentümers zu nutzen sei zulässig, da dem Eigentümer die Nutzung der Restfläche verbleibe. Eine Ablehnung der Eintragung kann in jedem Fall nur dann erfolgen, wenn die Unzulässigkeit eindeutig feststeht. Die Eintragung nur "eines Nutzungsrechtes an einem Teil des Grundstücks" ist unzulässig, weil der Eintragungsvermerk den wesentlichen Inhalt des Rechtes nicht erkennen lässt. Ebenso ist eine Dienstbarkeit, "ein Grundstück nach Belieben zu nutzen", unzulässig, auch wenn die Dienstbarkeit mit diesem Inhalt sich nur auf einen Teil des Grundstücks beschränkt.
Steht das herrschende Grundstück im Eigentum mehrerer Personen, so ist bei der Grunddienstbarkeit unzulässig die Eintragung der Benutzungsregelung unter den Berechtigten.
Rz. 118
Hauptsächlich kommen in Frage als Benutzungsmöglichkeiten
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die Befugnis, das belastete Grundstück zu betreten, auch um nur rechtserhebliche Feststellung zu treffen, dort zu gehen, zu fahren – gegebenenfalls auch mit Wasserfahrzeugen, Vieh zu treiben oder es weiden zu lassen, Eisenbahnwaggons über Gleisanlagen des dienenden Grundstücks heranzuführen und abzuholen. |
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Bauwerke und sonstige Anlagen auf dem Grundstück zu haben, z.B. eine Drahtseilbahn, eine Wasserleitung; an eine Giebelmauer auf der Grenze der beiden Grundstücke anzubauen. Beso... |