Leitsatz (amtlich)
Der isolierte Verzicht auf die Erhaltungspflicht des Eigentümers des herrschenden Grundstücks aus § 1020 Satz 2 BGB kann im Grundbuch eingetragen werden.
Normenkette
BGB § 873 Abs. 1, § 1020 S. 2, § 1021 Abs. 1
Tenor
I. Auf die Beschwerde der Beteiligten wird die Zwischenverfügung des Amtsgerichts Lindau (Bodensee) - Grundbuchamt - vom 30. Juni 2020 aufgehoben, soweit eine notarielle Nachtragserklärung des Inhalts gefordert wird, dass die Regelung in Abschnitt IV.2.b) des Vertrags vom 12. Juni 2019 in der Fassung vom 17. Juni 2020 "Der Eigentümer des herrschenden Grundstücks hat dem Eigentümer des dienenden Grundstücks gegenüber keine Verkehrssicherungs- oder Unterhaltungspflichten" nur als schuldrechtlich vereinbart gelten soll.
II. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
III. Der Geschäftswert für den erfolglosen Teil der Beschwerde wird auf 100 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Beteiligten zu 1 und 2 sind Eigentümer des Fl.St. XX/24, die Beteiligte zu 3 des Fl.St. XX/25.
Im notariellen Vertrag vom 12.6.2019 einigten sie sich auf den Tausch ihrer Grundstücke. Zugleich vereinbarten sie die Bestellung von Grunddienstbarkeiten zugunsten des jeweiligen Eigentümers des Fl.St. XX/8 auf dem Fl.St. XX/24 und zugunsten des jeweiligen Eigentümers des Fl.St. XX/9 auf dem Fl.St. XX/25. Die Dienstbarkeiten sollten gemäß Abschnitt IV.2. des Vertrags folgenden Inhalt haben:
a) Der jeweilige Eigentümer des herrschenden Grundstücks ist befugt, das dienende Grundstück dauernd und umfassend ohne jede zeitliche Beschränkung zu begehen, sowie durch Dritte zur Aufsuchung des berechtigten Grundstücks begehen zu lassen.
b) Der Eigentümer des dienenden Grundstücks hat dem Berechtigten gegenüber keine Verkehrssicherungspflichten oder Unterhaltspflichten und umgekehrt.
Auf den Vollzugsantrag des Urkundsnotars hin forderte das Grundbuchamt mit Zwischenverfügung vom 9.4.2020 eine notarielle Nachtragserklärung des Inhalts, dass die vertragliche Regelung unter IV.2.b) nur als schuldrechtlich vereinbart geltend soll. Der Dienstbarkeitsberechtigte sei in dem durch § 1020 Satz 2 BGB beschriebenen Rahmen zur Unterhaltung und Instandsetzung verpflichtet. Bei gemeinsamer Benutzung könne die Unterhaltspflicht gemäß § 1021 BGB festgelegt werden. Ein gegenseitiger Ausschluss sei nicht vorgesehen und damit dinglich nicht sicherbar. Die hiergegen eingelegte Beschwerde der Beteiligten wies der Senat mit Beschluss vom 8.6.2020, Az. 34 Wx 177/20, zurück, da der wechselseitige Ausschluss von Unterhaltungspflichten als Inhalt des Begleitschuldverhältnisses zu einer Dienstbarkeit nicht im Grundbuch eingetragen werden könne.
Mit Schreiben vom 17.6.2020 hat der Urkundsnotar aufgrund erteilter Vollmacht Abschnitt IV.2.b) geändert. Dieser lautet nun:
Der Eigentümer des herrschenden Grundstücks hat dem Eigentümer des dienenden Grundstücks gegenüber keine Verkehrssicherungspflichten oder Unterhaltungspflichten.
Es wird klargestellt, dass der Eigentümer des dienenden Grundstücks ebenfalls keine Verkehrssicherungspflichten oder Unterhaltungspflichten hat.
Mit neuerlicher Zwischenverfügung vom 30.6.2020 hat das Grundbuchamt mitgeteilt, es sei weiterhin eine notarielle Nachtragserklärung erforderlich darüber, dass die Regelung in Abschnitt IV.2.b) nur als schuldrechtlich vereinbart gelten soll. Die mit Schreiben vom 17.6.2020 eingereichte Formulierung sei so nicht eintragungsfähig, weil auch dies letztlich einen gegenseitigen Ausschluss der Unterhalts- und Verkehrssicherungspflichten darstelle.
Hiergegen hat der Urkundsnotar mit Schreiben vom 6.7.2020 wiederum Beschwerde eingelegt. Mit der Bewilligung solle die gemäß § 1020 Satz 2 BGB bestehende Unterhaltungspflicht des herrschenden Eigentümers abbedungen werden. Mit der weiteren Klarstellung solle zusätzlich erreicht werden, dass in der Zukunft nicht darüber gestritten werden muss, ob eine Unterhaltungspflicht des dienenden Eigentümers gemäß § 1021 Abs. 1 Satz 1 BGB ausdrücklich oder stillschweigend vereinbart wurde.
Das Grundbuchamt hat mit Beschluss vom 8.7.2020 nicht abgeholfen. Es hält auch die nun eingereichte Formulierung für nicht eintragungsfähig, da auch dies letztlich einen gegenseitigen Ausschluss der Unterhalts- und Verkehrssicherungspflichten darstelle. Zur Vermeidung von Wiederholungen werde auf den bisherigen Akteninhalt und insbesondere die Begründung der Zwischenverfügung vom 30.6.2020 Bezug genommen.
II. Die zulässige Beschwerde ist teilweise begründet.
1. Die Beschwerde ist zulässig.
Insbesondere ist sie gemäß § 71 Abs. 1 GBO statthaft. Entscheidungen des Grundbuchamts im Sinne dieser Bestimmung sind auch Zwischenverfügungen nach § 18 Abs. 1 Satz 1 GBO (OLG Hamm FGPrax 2010, 177; Budde in Bauer/Schaub GBO 4. Aufl. § 71 Rn. 11; Demharter GBO 31. Aufl. § 71 Rn. 1; Hügel/Kramer GBO 4. Aufl. § 71 Rn. 68; Schöner/Stöber GBR 15. Aufl. Rn. 471).
2. Die Beschwerde hat Erfolg im Hinblick auf die Eintragungsfähigkeit des Ausschlusses von Verkehrssicherungs- und Unterhaltungspflichten des Eigentümer...