Rz. 417
Im Verhältnis zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Türkei gilt der deutsch-türkische Konsularvertrag vom 28.5.1929. Als Anlage zu dessen Art. 20 wurde das deutsch-türkische Nachlassabkommen geschlossen. Nach dessen § 14 findet eine Nachlassspaltung statt. Die Rechtsnachfolge von Todes wegen beurteilt sich hinsichtlich des Grundbesitzes nach Belegenheitsrecht und hinsichtlich des übrigen Nachlassvermögens nach dem Heimatrecht des Erblassers zum Todeszeitpunkt.
Rz. 418
Seit dem 24.5.1959 ist der deutsch-sowjetische Konsularvertrag vom 25.4.1958 in Kraft. Er gilt seit der Auflösung der UdSSR im Verhältnis zur Russischen Föderation, zu Armenien, Aserbeidschan, Belarus, Georgien, Kasachstan, Kirgisistan, Moldawien, Tadschikistan, zur Ukraine und Usbekistan weiter. Das Erbstatut des unbeweglichen Vermögens bestimmt Art. 28 Abs. 3: "Hinsichtlich der unbeweglichen Nachlassgegenstände finden die Rechtsvorschriften des Staates Anwendung, in dessen Gebiet diese Gegenstände belegen sind." Die Erbfolge in bewegliche Nachlassgegenstände wird vom Abkommen nicht geregelt, bestimmt sich also nach dem autonomen Kollisionsrecht.
Rz. 419
Im deutsch-iranischen Rechtsverkehr ist das Niederlassungsabkommen vom 17.12.1929 zu beachten (vgl. Rdn 189). Das Abkommen knüpft sowohl für bewegliches als auch für unbewegliches Vermögen an die Staatsangehörigkeit an.
Mit dem Ziel der Vereinheitlichung des internationalen Erbrechts in der Europäischen Union wurde die Verordnung (EU) Nr. 650/2012 vom 4.7.2012 über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und die Annahme und Vollstreckung öffentlicher Urkunden in Erbsachen sowie zur Einführung eines europäischen Nachlasszeugnisses geschaffen (Amtsblatt der Europäischen Union L 201/107, EuErbVO). Sie gilt für Erbfälle ab dem 17.8.2015. Ihr Anwendungsbereich ist universell (Art. 20 EuErbVO). Damit gelten ihre Verweisungen auch im Verhältnis zu den EU-Staaten, die nicht durch sie gebunden sind (Dänemark, Vereinigtes Königreich, Irland), und Drittstaaten. Die bestehenden völkerrechtlichen Verträge zu Drittstaaten bleiben aber unberührt (Art. 75 EuErbVO). Das betrifft auch das Haager Testamentsformübereinkommen vom 5.10.1961, welches mithin weiter die Formwirksamkeit von Testamenten beherrscht, zumal es in Art. 27 EuErbVO inkorporiert ist. Im Inland sind Durchführungsvorschriften zur Anwendung der EuErbVO erlassen worden (IntErbRVG). Eine Übergangsregelung ist in Art. 229 § 36 EGBGB gegeben.
Rz. 420
Das Erbstatut wird grundsätzlich an den letzten gewöhnlichen Aufenthalt des Erblassers angeknüpft (Art. 21 Abs. 1 EuErbVO; zu beachten ist allerdings ggf. die Ausweichklausel in Art. 21 Abs. 2 EuErbVO). Eine dem Art. 3a Abs. 2 EGBGB vergleichbare Norm enthält die EuErbVO nicht. Eine Beachtung von Rück- und Weiterverweisungen ist nur geboten, wenn sie auf das Recht eines EU-Mitgliedsstaates gerichtet ist (Art. 34 EuErbVO); Rechtswahlen sind indes immer als Sachnormverweisungen zu verstehen (Art. 34 Abs. 2 EuErbVO). Art. 22 EuErbVO sieht vor, dass der Erblasser durch ausdrückliche Erklärung in Form einer Verfügung von Todes wegen die gesamte Erbfolge dem Recht des Staates unterstellen kann, dem er angehört. Die materielle Wirksamkeit einer Verfügung unterliegt dem Recht, das zum Zeitpunkt der Errichtung Erbstatut wäre. Nach Art. 25 Abs. 1 EuErbVO kommt es bei Erbverträgen auf das Erbstatut des Verfügenden zum Zeitpunkt der Errichtung an. Bei mehreren Verfügenden richtet er sich nach den Errichtungsstatuten aller Verfügenden (Art. 25 Abs. 2 Unterabs. 1 EuErbVO), seine materielle Wirksamkeit und Bindungswirkung allerdings nach dem Errichtungsstatut, zu dem er im Zeitpunkt der Errichtung die engste Verbindung hat (Art. 25 Abs. 2 Unterabs. 2 EuErbVO).
Rz. 421
Um die grenzüberschreitende Nachlassabwicklung zu erleichtern, hat die EuErbVO ein Europäisches Nachlasszeugnis (ENZ) eingeführt (Art. 62 ff. EuErbVO). Es verdrängt den deutschen Erbschein nicht, sondern tritt bei potentiell grenzüberschreitender Verwendung als Alternative neben ihn. Das ENZ unterliegt keiner inländischen Anerkennung, sondern wird unmittelbar anerkannt (Art. 69 Abs. 1 EuErbVO). Der Antragsteller kann und sollte wählen, ob er einen Erbschein oder ein ENZ oder sogar beides beim Nachlassgericht beantragt. Die Beantragung und Verwendung des ENZ ist regelmäßig im grenzüberschreitenden Rechtsverkehr sinnvoll, überlicherweise nicht bei reinen Inlandssachverhalten. Im Grundbuchverfahren ist das ENZ ein unmittelbar zulässiges Nachweisdokument für den Beweis der Erbfolge (vgl. § 35 GBO) und kann bzw. muss zur Berichtigung des Grundbuchs herangezogen werden. Das gilt unabhängig davon, ob es nach dem zugrundeliegenden Verfahren aus deutscher Sicht öffentliche Urkunde ist. Es fungiert auch als m...