Gesetzestext
(1) Einem Beteiligten, der ohne sein Verschulden verhindert war, die Frist (§ 104) einzuhalten, hat das Grundbuchamt auf seinen Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses den Widerspruch einlegt und die Tatsachen, die die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht.
(2) Die Entscheidung, durch die Wiedereinsetzung erteilt wird, ist unanfechtbar; gegen die Entscheidung, durch die der Antrag auf Wiedereinsetzung als unzulässig verworfen oder zurückgewiesen wird, ist die Beschwerde nach den Vorschriften des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit zulässig.
(3) Die Wiedereinsetzung kann nicht mehr beantragt werden, nachdem die neue Rangordnung eingetragen oder wenn seit dem Ende der versäumten Frist ein Jahr verstrichen ist.
A. Normzweck, Allgemeines
Rz. 1
§ 105 GBO regelt – im Wesentlichen in Überstimmung mit den §§ 17–19 FamFG – die Voraussetzungen für die Gewährung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Hierdurch sollen in einem engen Rahmen Korrekturmöglichkeiten eröffnet werden. Dies dient der Umsetzung des Grundsatzes des fairen Verfahrens sowie der Gewährung des rechtlichen Gehörs. Abs. 2 1. Alt. schreibt ausdrücklich vor, dass die Gewährung der Wiedereinsetzung keiner Anfechtung unterliegt; dagegen ist die ablehnende Entscheidung gem. Abs. 2 Alt. 1 anfechtbar. Um Rechtssicherheit zu schaffen, schließt Abs. 3 die Möglichkeit der Beantragung der Wiedereinsetzung nach Eintragung der Rangordnung bzw. nach Ablauf eines Jahres aus.
B. Voraussetzungen der Wiedereinsetzung (Abs. 1)
Rz. 2
Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand setzt voraus, dass der Beteiligte die nach § 104 Abs. 1 GBO gesetzte Widerspruchsfrist versäumt hat. Zudem muss der Beteiligte ohne sein Verschulden verhindert gewesen sein, diese Frist einzuhalten (siehe Rdn 6). Die Wiedereinsetzung erfolgt nicht von Amts wegen, sondern nur auf Antrag des Beteiligten. Der Antrag bedarf keiner besonderen Form. Dieser kann auch konkludent in dem nach Ablauf der Widerspruchsfrist eingelegten Widerspruch liegen. Weiterhin muss der den Widerspruch binnen zwei Wochen nach Beseitigung des Hindernisses einlegen. Innerhalb dieser Frist muss er auch die Tatsachen, die die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft machen (§ 31 FamFG). Glaubhaft zu machen sind das unverschuldete Hindernis, die Ursächlichkeit für das Unterlassen des Widerspruchs und der Zeitpunkt des Wegfalls des Hindernisses. Gegen die Versäumung der Zweiwochenfrist nach Abs. 1 für die Stellung des Wiedereinsetzungsantrages kann – wie bei Versäumung der Frist nach § 18 Abs. 1 FamFG – Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden.
C. Ausschlussfrist (Abs. 3)
Rz. 3
Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist nicht mehr möglich, wenn die neue Rangordnung im Grundbuch eingetragen bzw. seit dem Ende der Widerspruchsfrist ein Jahr verstrichen ist (Abs. 3). Hierbei handelt es sich um eine Ausschlussfrist, die in jedem Fall eine Wiedereinsetzung unmöglich macht. Diese Ausschlussfrist ist mit dem Grundgesetz vereinbar. Gegen die Versäumung der Jahresfrist gibt es keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Ob wegen des Anspruchs auf ein rechtsstaatliches, faires Verfahren (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG) Ausnahmen anzuerkennen sind, wenn die Überschreitung der Jahresfrist nicht in der Sphäre der Beteiligten lag, sondern allein dem Gericht zuzurechnen ist, erscheint aus Gründen der Rechtssicherheit bedenklich.
D. Entscheidung über die Wiedereinsetzung
Rz. 4
Zuständig für die Entscheidung über den Antrag auf Wiedereinsetzung ist das Gericht, das über die Rechthandlung zu befinden hat. Dies ist bei Versäumung der Widerspruchsfrist des § 104 Abs. 1 GBO das Grundbuchamt. Die Entscheidung über die Gewährung der Wiedereinsetzung kann durch gesonderten Beschluss (vgl. § 38 FamFG), der nur formlos mitgeteilt werden muss (§ 15 Abs. 3 FamFG) oder in Verbindung mit der sachlichen Entscheidung über den Widerspruch erfolgen. Im ersteren Fall ist das Grundbuchamt bei der späteren Sachentscheidung (§§ 107, 108 GBO) gebunden. Die ablehnende Entscheidung hat wegen dessen Anfechtbarkeit stets durch gesonderten, mit einer Rechtsbehelfsbelehrung (§ 39 FamFG) versehenen Beschluss (§ 38 FamFG) zu erfolgen, der dem Beteiligten, der den Widerspruch erhoben hat, förmlich zuzustellen ist (§ 41 Abs. 1 S. 2 FamFG i.V.m. § 15 Abs. 2 S. 1 Alt. 1 FamFG, §§ 166 ff. ZPO).
Rz. 5
Vor der Entscheidung ist grundsätzlich den übrigen Beteiligte...