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§ 12 GBO geht den Vorschriften des Bundesdatenschutzgesetzes als lex specialis vor. Sie regelt die Voraussetzungen der Einsichtsgewährung autonom, datenschutzrechtliche Bestimmung müssen auch nicht zur Definition des Begriffs des berechtigten Interesses herangezogen werden. Die Vorschrift ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Dennoch und gerade deshalb muss § 12 GBO aber unter Berücksichtigung des verfassungsmäßig garantierten Rechts auf informationelle Selbstbestimmung ausgelegt und angewendet werden. Auch müssen die Anforderungen der sog. Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) beachtet werden, die als EU-Verordnung unmittelbar geltendes Recht ist (Verordnung (EU) 2016/679 vom 27.4.2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG; ABl L 119/1 vom 4.5.2016) und seit 25.5.2018 verbindlich zu beachten ist. § 12 GBO ist deshalb in einzelnen Anwendungsfragen unter Beachtung der DSGVO auszulegen und anzuwenden. Nach Art. 5 ff. DGSVO müssen personenbezogene Daten rechtmäßig und transparent sowie in nachvollziehbarer Weise verarbeitet werden. Der Zweck ihrer Erhebung muss eindeutig festgelegt sein. Die Eintragung im Grundbuch entspricht diesen Erfordernissen selbstverständlich. Die Verarbeitung der personenbezogenen Daten durch Eintragung in das Grundbuch bedarf keiner ausdrücklichen Einwilligung des Betroffenen, da sie rechtlich geregelt im öffentlichen Interesse liegt (Art. 6 Abs. 1 Buchst. c und e DGSVO). Die Grundbucheinsicht stellt eine Übermittlung personenbezogener Daten dar, die den Anforderungen der Rechtmäßigkeit und Transparenz entsprechen muss. Dies wird durch das Erfordernis der Darlegung des berechtigten Interesses in § 12 GBO grundsätzlich gewährleistet. Da die DGSVO aber auch die Einwilligung des Betroffenen in die Erhebung, Verarbeitung und Weitergabe seiner Daten als Grundvoraussetzung regelt, ist in Einzelfällen zu prüfen, ob vor Gewährung einer Grundbucheinsicht rechtliches Gehör zu gewähren ist. Dies ist dann zu bejahen, wenn die Gewährung rechtlichen Gehörs den Zweck der Grundbucheinsicht entsprechend dem dargelegten Interesse nicht verletzt. So wird bei der Grundbucheinsicht eines Vollstreckungsgläubigers dem Eigentümer kein rechtliches Gehör zu gewähren sein, bei der Einsicht eines Journalisten dagegen schon (allgemein Rdn 14, insbes. aber Rdn 9 "Presse").
Ein besonderes öffentliches Interesse insbesondere der Presse an einer Grundbucheinsicht kann in der Abwägung der Rechte des Eigentümers zu denen der Allgemeinheit eine Grundbucheinsicht zwar rechtfertigen, die Pressefreiheit des Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG darf in dieser Güterabwägung aber nicht über jedes andere Rechtsgut gestellt werden. Sie überwiegt meist dann gegenüber dem informationellen Selbstbestimmungsrecht, wenn Personen des öffentlichen Lebens betroffen sind; faktisch interessiert sich die Presse aber auch nur dann für den Grundbuchinhalt. Hinzukommen muss, dass konkrete Recherchetatbestände bezogen auf den Grundbesitz als Interesse i.S.d. § 12 GBO dargetan werden müssen. Die Presse darf nicht mit dem pauschalen Verweis auf das eigene Pressegeheimnis die Offenlegung von Daten verlangen, die von Gesetzes wegen gerade nicht offen sind.
Ein berechtigtes öffentliches Interesse an Grundbucheinsicht kann fehlen, wenn die Informationsbeschaffung auf einfacherem Wege möglich ist oder wenn ersichtlich ist, dass die Einsicht allein der Belästigung und Schikane dient.