Gesetzestext

 

(1) Die Einsicht des Grundbuchs ist jedem gestattet, der ein berechtigtes Interesse darlegt. Das gleiche gilt von Urkunden, auf die im Grundbuche zur Ergänzung einer Eintragung Bezug genommen ist, sowie von den noch nicht erledigten Eintragungsanträgen.

(2) Soweit die Einsicht des Grundbuchs, der im Absatz 1 bezeichneten Urkunden und der noch nicht erledigten Eintragungsanträge gestattet ist, kann eine Abschrift gefordert werden; die Abschrift ist auf Verlangen zu beglaubigen.

(3) Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz kann durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates bestimmen, dass

1. über die Absätze 1 und 2 hinaus die Einsicht in sonstige sich auf das Grundbuch beziehende Dokumente gestattet ist und Abschriften hiervon gefordert werden können;
2. bei Behörden von der Darlegung des berechtigten Interesses abgesehen werden kann, ebenso bei solchen Personen, bei denen es auf Grund ihres Amtes oder ihrer Tätigkeit gerechtfertigt ist.

(4) Über Einsichten in Grundbücher und Grundakten sowie über die Erteilung von Abschriften aus Grundbüchern und Grundakten ist ein Protokoll zu führen. Dem Eigentümer des betroffenen Grundstücks oder dem Inhaber eines grundstücksgleichen Rechts ist auf Verlangen Auskunft aus diesem Protokoll zu geben, es sei denn, die Bekanntgabe würde den Erfolg strafrechtlicher Ermittlungen oder die Aufgabenwahrnehmung einer Verfassungsschutzbehörde, des Bundesnachrichtendienstes oder des Militärischen Abschirmdienstes, der Zentralstelle für Sanktionsdurchsetzung oder die Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen gefährden. Das Protokoll kann nach Ablauf von zwei Jahren vernichtet werden. Einer Protokollierung bedarf es nicht, wenn die Einsicht oder Abschrift dem Auskunftsberechtigten nach Satz 2 gewährt wird.

A. Allgemeines

I. Rechtsgeschichte

 

Rz. 1

Die Vorschrift regelt die Voraussetzungen der Einsichtsgewährung in das Grundbuch. Mit der Führung der Verzeichnisse nach § 12a GBO und spätestens seit Einführung des maschinell geführten Grundbuchs hat die Grundbucheinsicht mit der Möglichkeit umfangreicher Recherchen große Bedeutung erlangt.[1] Die Grundbucheinsicht steht seit jeher im Spannungsfeld zwischen Publizität und Schutz personenbezogener Daten. Mit Blick auf ausländische Rechtsvorschriften, die eine unbeschränkte Einsicht in das Grundbuch kennen, wird dabei auch das Erfordernis der Darlegung des berechtigten Interesses als Schranke zur Einsichtsgewährung immer wieder kritisch diskutiert.

Die Grundbucheinsicht wird flankierend geregelt in §§ 45, 46, 46a GBV (letzterer parallel zu Abs. 4 eingefügt). Die Einsicht in das maschinell geführte Grundbuch regeln die §§ 131–133 sowie §§ 77–84 und 99 GBV. Durch den mit Wirkung zum 1.9.2013[2] eingefügten § 133a GBO kann die Mitteilung des Grundbuchinhalts unter Wahrung des § 12 GBO auch durch einen Notar erfolgen. Für die Einsicht in die Grundakten gilt, soweit nicht Abs. 1 S. 2 eingreift, § 46 GBV i.V.m. § 142; für die Verzeichnisse des Grundbuchamts (siehe § 12a GBO Rdn 1 ff.); für Grundbücher, die nicht beim Grundbuchamt verwahrt werden, gilt § 12b GBO.

Abs. 3 wurde geändert durch Gesetz v. 19.4.2006 (BGBl I 2006, 866); Abs. 4 wurde angefügt m.W.v. 1.10.2014 durch DaBaGG v. 1.10.2013 (BGBl I 2013, 3719).

[1] Siehe dazu die Leitlinien der Bund-Länder-Kommission für Datenverarbeitung und Rationalisierung in der Justiz; abgedr. bei Meikel/Dressler-Berlin, vor § 126 Rn 48.
[2] Art. 5 Nr. 3 des Gesetzes vom 26.6.2013 (BGBl I 2013, 1800).

II. Materielle und formelle Publizität des Grundbuchs

 

Rz. 2

Der materielle Publizitätsgrundsatz mit seinen Vermutungs- und Gutglaubensschutzwirkungen (§§ 891, 892, 893 BGB) setzt voraus, dass das Grundbuch in weitgehendem Maße der Einsicht durch die am Rechtsverkehr Teilnehmenden unterliegt. Die materiell-rechtliche Zurechnung des Buchinhaltes ist nur gerechtfertigt, wenn das Verfahrensrecht die Möglichkeit einräumt, das Grundbuch einzusehen und sich dadurch Gewissheit über die den materiellen Rechtsvorgang beeinflussenden Eintragungen zu verschaffen (formelles Publizitätsprinzip).[3] Andererseits darf aber nicht verkannt werden, dass durch die Einsicht Dritter der Grundstückseigentümer nicht unbeträchtlich betroffen werden kann. Insbesondere durch das mit dem Recht auf Bucheinsicht korrespondierende Recht auf Akteneinsicht (vgl. § 46 GBV Rdn 2) und auf Einsicht in nicht erledigte Eintragungsanträge[4] können Kenntnisse über schuldrechtliche Vereinbarungen aller Art, über Zahlungsverpflichtungen und deren Modalitäten erlangt werden. Eine auf den Schutz der Individualsphäre des einzelnen bedachte Rechtspraxis wird daher dafür zu sorgen haben, dass eine zu großzügige Interpretation des § 12 auf eine sachgerechte Abwägung der oft widerstreitenden Interessen zurückzuführen ist. Wesentlich für eine Bewältigung des Wertungsproblems ist die klare Erkenntnis, dass das Grundbuch keine allgemeine Auskunfts- u. Informationseinrichtung für Personen mit noch so berechtigten Interessen an bestimmten Fragen ist. Der Zusammenhang mit der materiellen Publizität macht deutlich: Nur wer in Be...

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