Rz. 5
Die Einigung im Sinne des § 873 Abs. 1 BGB und die Bewilligung im Sinne des § 19 GBO sind zwei selbstständige und unterschiedliche Rechtsakte. Die Einigung (= dinglicher Vertrag) ist die materielle Grundlage der dinglichen Rechtsänderung, die Bewilligung eine von mehreren formellen Voraussetzungen für die Eintragungstätigkeit des GBA. Ihr Wesensunterschied besteht darin, dass in der mehrseitigen Einigung der übereinstimmende Wille von Vertragsteilen auf eine materielle Rechtsänderung gerichtet ist, während mit der einseitigen Bewilligung allein der Betroffene eine Grundbucheintragung gestattet, die seine Grundbuchposition beeinträchtigt. Mit der Bewilligung duldet er unabhängig von seiner Einigung mit einem anderen Vertragsteil die Eintragungstätigkeit des GBA. Die Bewilligung übt auf die materielle Rechtslage keine unmittelbare Wirkung aus, sondern nur mittelbar über die Grundbucheintragung oder die Aushändigung der Bewilligungsurkunde an den anderen Vertragsteil, vgl. § 873 Abs. 2 BGB. Die Bewilligung ist daher kein Ersatz für die materielle Einigung, die Einigung aber auch kein Ersatz für die formelle Bewilligung. Anstelle der vertraglichen Einigung genügt in bestimmten Fällen materiell-rechtlich eine einseitige, empfangsbedürftige, rechtsgeschäftliche Erklärung über die Aufgabe, Bestellung oder Teilung des dinglichen Rechts (z.B. §§ 875, 928, 1168, 1183, 1188, 1196 BGB; §§ 8 Abs. 1, 30 Abs. 2 WEG). Auch diese Erklärungen dürfen ungeachtet ihrer Einseitigkeit ebenso wenig wie die "Bewilligungserklärung" nach § 885 Abs. 1 BGB als materiell-rechtliche Voraussetzung für die Entstehung einer wirksamen Vormerkung mit der verfahrensrechtlichen Bewilligung verwechselt werden.
Rz. 6
Die Bewilligung muss der Grundbucheintragung vorausgehen, die Einigung kann ihr nachfolgen. Ohne Bewilligung ist die Eintragung zwar verfahrenswidrig, aber nicht wirkungslos. Die Eintragung bewirkt nur zusammen mit der Einigung die materielle Rechtsänderung. Sie kann ohne materielle Einigung Grundlage eines gutgläubigen Erwerbs sein (§§ 892, 893 BGB). Das Fehlen der Bewilligung reicht nicht für sich allein, sondern nur bei materieller Unrichtigkeit des Grundbuchs zu einem Amtswiderspruch (vgl. § 53 GBO).
Rz. 7
Bewilligung und Einigung sollen sich inhaltlich decken, da sonst das Grundbuch unrichtig wird. Dies ist aber für die Grundbucheintragung keine unerlässliche Voraussetzung. Das GBA hat in den Regelfällen des § 19 GBO die Einigung nicht zu prüfen. Es ist also möglich, dass Einigung und Bewilligung nicht übereinstimmen oder sich sogar widersprechen.
Rz. 8
Die Bewilligung ist eine verfahrensrechtliche Voraussetzung, die zur Eintragung erforderlich ist. Sie kann (was durch Auslegung zu ermitteln ist) in der Einigung "enthalten" sein, durch sie aber nicht ersetzt werden. Sie bringt das Einverständnis des Betroffenen mit der Eintragung zum Ausdruck und hat bezüglich ihrer Form andere Voraussetzungen als die Einigung zu erfüllen (siehe Rdn 3, 6, 35). Einigung und Bewilligung müssen weder in der gleichen Urkunde noch zur selben Zeit erklärt werden. Kautelarjuristisch ist es häufig sogar zweckmäßig, sie voneinander zu trennen, z.B. wenn der Eigentümer beim Verkauf seines Grundstückes zuerst – insbesondere aus Kostengründen – nur die bedingungsfeindliche Auflassung erklärt und erst später nach Bezahlung des Kaufpreises die Bewilligung abgibt (vgl. § 20 GBO Rdn 16). Daneben gibt es Fälle, in denen die Einigung ohne Bedingung erklärt, die Eintragung aber in der Bewilligung von einem Vorbehalt nach § 16 Abs. 2 GBO abhängig gemacht wird.
Rz. 9
Erscheinen Einigung und Bewilligung äußerlich aufgrund der Formulierung als Einheit, so ist dies ein Doppeltatbestand (siehe § 1 Einl. Rdn 44), der in seine beiden Bestandteile zu zerlegen ist: in die nach BGB zu beurteilende Einigung und in die im Grundbuchverfahrensrecht geregelte Bewilligung (vgl. § 2 Einl. Rdn 4; § 20 GBO Rdn 14).