A. Systematik und Bedeutung des § 22 GBO
I. Zusammenhang der §§ 22–26 GBO
Rz. 1
Den §§ 22–26 GBO ist gemeinsam, dass sie die Berichtigung des Grundbuchs in den Blick nehmen. § 22 Abs. 1 GBO spricht insoweit den Grundsatz jeder Berichtigung aus, nämlich dass diese aufgrund des bloßen Nachweises der Unrichtigkeit zu erfolgen hat. Die §§ 23, 24 GBO gehen noch weiter, denn sie lassen unter bestimmten Umständen die Löschung des gesamten Rechts einschließlich möglicher Rückstände zu, obgleich lediglich das Erlöschen des Stammrechts – also eigentlich nur eine Teilunrichtigkeit – nachgewiesen ist (siehe § 23 GBO Rdn 22, 24 f.). Abs. 2 stellt eine Modifikation des § 19 GBO dar, indem er eine Berichtigung aufgrund einer Bewilligung an ein weiteres Erfordernis knüpft (vgl. Rdn 163). Die §§ 25, 26 GBO sind leges speciales zu § 22 Abs. 1 GBO, wobei § 26 GBO einen vereinfachten Unrichtigkeitsnachweis gestattet (im Einzelnen vgl. § 25 GBO Rdn 4, § 26 GBO Rdn 3). § 27 GBO steht demgegenüber nicht mehr im geschilderten systematischen Zusammenhang der vorgehenden Normen, denn er behandelt einerseits alle Fälle der Löschung, also auch die konstitutive nach § 875 Abs. 1 BGB, und nimmt andererseits in seinem Satz 2 die Grundbuchberichtigung aufgrund Unrichtigkeitsnachweises gerade ausdrücklich aus.
II. Vorgehen bei einer Grundbuchunrichtigkeit
Rz. 2
Grundbuchinhalt und materielle Rechtslage stimmen wegen des Bewilligungsgrundsatzes (formelles Konsensprinzip, siehe § 19 GBO Rdn 154) und der Möglichkeit des Übergangs, der Entstehung, des Erlöschens und der Inhaltsänderung von Rechten außerhalb des Grundbuchs (siehe Rdn 68) nicht immer überein. Ein Widerspruch zwischen materieller Rechtslage und Grundbuchinhalt bedroht den wirklichen Berechtigten wegen des öffentlichen Glaubens des Grundbuchs (zuvorderst §§ 892, 893 BGB) mit einem Rechtsverlust.
Rz. 3
Folgende Möglichkeiten des Vorgehens hiergegen stehen zur Auswahl:
1. |
die Geltendmachung des materiell-rechtlichen Berichtigungsanspruchs aus § 894 BGB, ggf. auch aus schuldrechtlichen Vorschriften (insbesondere §§ 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1, 823 Abs. 1 BGB) oder infolge einer vertraglichen Vereinbarung; einer Klage auf Abgabe der Berichtigungsbewilligung kann jedoch das Rechtsschutzbedürfnis fehlen, wenn ein Antrag auf Berichtigung nach § 22 GBO zweifelsfrei zum Erfolg führen würde; |
2. |
die Eintragung eines Widerspruchs (§ 899 BGB), notfalls durch einstweilige Verfügung (vgl. § 25 GBO Rdn 15), als vorläufige Sicherung gegen einen möglichen Rechtsverlust (§ 892 Abs. 1 S. 1, 893, 900 Abs. 1 S. 3, 927 Abs. 3 Alt. 2 BGB), wobei dies aber an der Unrichtigkeit des Grundbuchs nichts zu ändern vermag; |
3. |
der verfahrensrechtliche Weg nach § 22 GBO, d.h. die Berichtigung des Grundbuchs aufgrund der Vorlage urkundlicher Nachweise für die Unrichtigkeit; |
4. |
wiederum nur zur vorläufigen Sicherung dient zudem die Anregung an das GBA, nach § 53 Abs. 1 S. 1 von Amts wegen einen Widerspruch einzutragen – was allerdings nur dann erfolgen kann, wenn das GBA die Eintragung zu Unrecht vorgenommen hat (siehe § 53 GBO Rdn 12 ff.). Auch dies kann aber die Unrichtigkeit selbst nicht beseitigen. |
III. Ziel der Grundbuchberichtigung
Rz. 4
Durch die Grundbuchberichtigung (auch nach § 22 GBO) soll ein unrichtiger Grundbuchinhalt beseitigt werden durch
1. |
Löschung der gesamten Eintragung oder des unrichtigen Teils (beim Eigentum jedoch nicht ohne Eintragung des wirklichen Eigentümers, auch nicht in Bezug auf einen Miteigentümer), |
2. |
Ergänzung des unvollständigen Rechtsinhalts (falls das Recht trotz jenes Fehlers überhaupt entstanden ist), |
3. |
Löschung des nicht mehr zutreffenden und Eintragung des (außerhalb des Grundbuchs) geänderten Rechtsinhalts, |
4. |
Eintragung des außerhalb des Grundbuchs erworbenen Rechts oder |
5. |
Wiedereintragung des zu Unrecht gelöschten Rechts. |
Rz. 5
Der Antrag und ggf. die Bewilligung müssen wie eine Klage auf Grundbuchberichtigung das Ziel haben, dass das Grundbuch die zutreffende Rechtslage nennt, sie dürfen mithin nicht lediglich auf "Löschung" der unzutreffenden Eintragung gerichtet sein, wenn hierdurch nicht der korrekte Rechtszustand wiedergegeben wird. Die bloße Löschung genügt mithin nur dann, wenn das Recht insgesamt nicht (meh...