Rz. 156
Wie bei der Beweiskraft der Niederschrift gilt aber auch hier: Abs. 1 S. 1 ordnet die Verwendungstauglichkeit der öffentlich beglaubigten Erklärung aus sich heraus an und nicht wegen der Beweiskraft, welche die ZPO der Urkunde oder dem Vermerk verleiht oder nicht verleiht. Verwendungsuntauglich ist deswegen nur ein solcher Vermerk, der insgesamt, d.h. wegen Verstoßes gegen Muss-Vorschriften des BeurkG, keine Unterschriftsbeglaubigung mehr darstellt.
Rz. 157
Wesentlich häufiger als bei Niederschriften ergeben sich Verwendungsprobleme bei nachträglichen Änderungen unterschriftsbeglaubigter Dokumente. Anders als die Urschrift der Niederschrift wird das Original der Beglaubigung typischerweise herausgegeben, es steht also als zu modifizierendes Dokument zur Verfügung. Die Fehlerhäufigkeit, damit der Korrekturbedarf, ist bei selbstgefertigten Erklärungen höher und es fehlt die nachfolgende Abschriftsbeglaubigung, die zuvor erfolgte Korrekturen decken könnte.
Rz. 158
Von den Korrekturvorschriften des BeurkG gedeckt ist in jedem Fall eine Korrektur des Beglaubigungsvermerks durch den Notar selbst, z.B. hinsichtlich der Schreibweise des Namens oder des Geburtsdatums, ebenso die Korrektur offensichtlicher Unrichtigkeiten, ggf. auch die Korrektur einer Fehlbezeichnung durch den Notar selbst.
Rz. 159
Jedenfalls zulässig sind auch Änderungen, die der Notar aufgrund ihm erteilter Änderungsvollmacht vornimmt. Insoweit steht die Gleichbehandlung der öffentlichen Urkunde mit der öffentlich beglaubigten Urkunde fest. Eine erneute Unterschrift/Unterschriftsbeglaubigung des Unterzeichners ist dann nicht erforderlich. Die Vollmacht kann auch später erteilt werden; die Einhaltung der Form ist dann aber wohl erforderlich.
Rz. 160
Richtigerweise ist in den übrigen Fällen von folgenden Grundsätzen auszugehen: Öffentliche Urkunde mit inhaltlicher Richtigkeitsgewähr ist allein der notarielle Beglaubigungsvermerk in seinem örtlichen und sachlichen Zusammenhang mit der Unterschrift. Aus dieser Begrenzung kann der Gesetzgeber zwanglos die Verfahrenstauglichkeit eines Unterschriftsblanketts (§ 40 Abs. 5 BeurkG) folgern. Dieses kann sodann auch von einem beauftragten Dritten ausgefüllt werden. Das GBA kann das ausgefüllte Blankett nur bei sicherer Kenntnis von der abredewidrigen Ergänzung zurückweisen.
Rz. 161
Entsprechend sind andere Korrekturen, auch soweit sie über die Berichtigung offensichtlicher Unrichtigkeiten hinausgehen, zu behandeln. Zur Zurückweisung führt die Korrektur nur bei Kenntnis von der nicht vom Willen des Ausstellers gedeckten Änderung. Natürlich können sich hier, anders als bei Blankettunterschriften, eher Zweifel ergeben, jedenfalls soweit die Änderung einen zuvor vorhandenen Text beseitigt und damit auf eine Willensänderung schließen lässt. Entscheidend ist aber die verfahrensrechtliche Behandlung: Es geht bei Änderungen dann nicht um die Herstellung einer verfahrensgültigen Urkunde, sondern um die Beseitigung von Anknüpfungstatsachen, aus denen das GBA auf eine Fehlverwendung der Urkunde schließen könnte. Die Widerlegung dieser Anknüpfungstatsachen unterliegt aber nicht dem § 29 GBO. Daraus folgt: Es ist keine erneute Unterschriftsbeglaubigung erforderlich. Dies auch dann nicht, wenn der Aussteller – z.B. analog § 44a BeurkG – das Addendum seinerseits mit unterschriebenem Korrekturvermerk versehen hat. Zutreffend kann deswegen die Funktionsbeschreibung eines Verwaltungsbeiratsmitglieds nachgeholt werden, ohne dass eine neue Beglaubigung erforderlich wäre.
Rz. 162
Die Beglaubigung der Unterschrift verändert nicht den Charakter der Erklärung als Privaturkunde.
Der Beglaubigungsvermerk selbst ist dagegen eine öffentliche Urkunde und begründet vollen Beweis der darin bezeugten Tatsachen: dass die Erklärungen vom Aussteller der Urkunde abgegeben sind, Ort und Zeitpunkt der Beglaubigung, Feststellungen über die Person, insbesondere auch über Personenstand, Familiennamen, Mädchenname usw. Umgekehrt muss der Beglaubigungsvermerk auch die Identitätsprüfung erkennen lassen. Der Gegenbeweis ist nur im Rahmen des § 418 Abs. 2 ZPO zulässig.
Mit der Beglaubigung der Echtheit der Unterschrift wird der unwiderlegbare Beweis begründet, dass die Erklärung vom Aussteller abgegeben ist (§ 416 ZPO). Auch die Echtheit der Erklärung wird vermutet (§ 440 Abs. 2 ZPO). Gegenbeweis ist zulässig; allerdings erfordert dieser Gegenbeweis den Nachweis der Unechtheit der Unterschrift oder des Handzeichens, da der Einwand, der Aussteller habe die Urkunde nicht gelesen oder verstanden, unzulässig ist. Außerdem bezieht sich die Beweisregel nicht auf die Richtigkeit des Inhalts der Erklärung, ihr wirksames Zustandekommen und Ort und Zeit der Abgabe.
Wird eine Erklärung, deren Unterschrift öffentlich beglaubigt wurde, nachträglich durch eine Einschaltung ergänzt, so gilt für den nachträglich eingefügten Text § 440 Abs. 2 ZPO nicht.