Rz. 2

Der Zweck der Bestimmung des Abs. 1 ist in sich zwiespältig. Wirklich verständlich wird die Norm wohl nur vor dem Hintergrund der historischen Entwicklung, da zeitweise die grundbuchförmliche Legitimation des Verfügenden als Voraussetzung der materiellen Wirksamkeit der Verfügung vorgesehen war.

Die Bestimmung soll einerseits erreichen, dass der Stand des Grundbuches in allen Entwicklungsstufen klar und verständlich bzw. zuverlässig und nachvollziehbar wiedergegeben wird.[3] Das Gesetz nimmt ersichtlich in Kauf, dass der nach Abs. 1 berichtigend einzutragende Berechtigte im Falle der Übertragung oder Aufhebung seines Rechtes ggf. sogleich wieder aus dem Grundbuch verschwindet.[4] Der Gedanke stößt jedoch mit dem ebenso anerkannten Grundsatz zusammen, das Grundbuch nicht mit unnötigen Eintragungen zu belasten.[5] Es bestehen daher zahlreiche Ausnahmen.

 

Rz. 3

Als weiterer tragender Gedanke soll, anknüpfend an die materiell-rechtliche Regelung des § 891 BGB, dem Grundbuchamt die Prüfung der Bewilligungsbefugnis erleichtert werden. Diese Legitimationsprüfung ist zwar in jedem Fall notwendig.[6] Wäre das Grundbuchamt in dieser Prüfung ganz frei, so könnte es das materielle Recht des Bewilligenden nach § 19 GBO auch gegen das Grundbuch für nachgewiesen halten und die Eintragung zu Lasten des bereits Eingetragenen aufgrund einer Bewilligung des Nichteingetragenen vollziehen. Der Nichteingetragene wäre also womöglich stärker als der Eingetragene geschützt. Rechtspolitisch zwingend ist diese Argumentation aber nicht: Der nichteingetragene Bewilligende muss ja – gerade angesichts der fehlenden Eintragung – seine Legitimation in Gestalt der Bewilligungsbefugnis allemal förmlich (§ 29 GBO) belegen – und diese Nachweise tragen dann auch seine Voreintragung! Jedenfalls fordert § 39 GBO, dass der Bewilligende, um die Eintragung zu erreichen, als Berechtigter eingetragen sein muss; seine Eintragungsmöglichkeit genügt nicht. Das Grundbuchamt darf also die materielle Berechtigung des Bewilligenden erst dann für dargetan halten, wenn sie auch formell durch die vorhandene Eintragung gestützt ist.[7] Immerhin geht von § 39 GBO damit Druck aus, unrichtige Grundbucheintragungen schnellstmöglich zu berichtigen.

 

Rz. 4

Die Bedeutung des § 39 GBO besteht also nicht in dem Erfordernis, den Betroffenen jeweils feststellen zu müssen, sondern in der Anordnung, diesen selbst dann im Grundbuch eintragen zu lassen, wenn dieser sogleich wieder aus dem Grundbuch verschwindet.[8]

Teils ist zwar die Voreintragung des Betroffenen erforderlich, um die Folgeverfügung überhaupt erst verständlich werden zu lassen, etwa wenn der zunächst als Scheinerbe Eingetragene aufgrund nachfolgenden Vergleichs (und Auflassung) mit dem wahren Erben doch Eigentümer bleiben bzw. werden soll:[9] Die erneute Eintragung des schon Eingetragenen wäre unverständlich und erhält ihren Sinn erst durch die Vor- bzw. in dieser Situation dann: Zwischeneintragung des wahren Erben, sei es auch nur für eine – im Grundbuch wegen der Taggenauigkeit nicht feststellbaren – juristischen Sekunde. Durchweg tragendes Prinzip ist das aber auch wieder nicht, denn Abs. 2 gestattet Folgenverfügungen gegen den selbst nicht eingetragenen Betroffenen. Verständlich werden diese aus dem Grundbuch allein nicht!

[3] RG RGZ 133, 283; BGH BGHZ 16, 101 = NJW 1955, 342; DNotI-Rep. 2014, 181; BGH DNotZ 2011, 199.
[4] BayObLGZ 2002, 284, 287.
[5] Weber, DNotZ 1955, 457; Weber, DNotZ 2018, 884.
[6] Vgl. dazu Riedel, DNotZ 1954, 602; Weber, DNotZ 1955, 457.
[7] Vgl. auch Riedel, DNotZ 1954, 602.
[8] Falsch daher die Begründung von LG Rostock Rpfleger 2001, 231: Dort ging es in Wahrheit um die richtige Bestimmung des Betroffenen, nicht vorrangig um dessen fehlende Voreintragung.
[9] DNotI-Rep 2014, 181.

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