Rz. 49
Der Nacherbenvermerk kann auf Antrag, § 13 GBO, oder im Verfahren nach §§ 84 ff. GBO ohne Löschungsbewilligung der davon Betroffenen gelöscht werden, wenn der Vermerk unrichtig und die Unrichtigkeit nachgewiesen ist, § 22 Abs. 1 S. 1 GBO. Die Unrichtigkeit bestimmt sich ausschließlich nach dem materiellen (Erb-)Recht. Sie ist gegeben, wenn entweder allgemein oder jedenfalls hinsichtlich des konkreten Grundstücks oder Grundstücksrechts, bei dem der Nacherbenvermerk eingetragen ist und gelöscht werden soll, das Nacherbenrecht im Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag nicht (mehr) besteht. Das ist dann der Fall, wenn die Nacherbfolge nie bestanden hat, sodass der Vermerk von Anfang unrichtig war und gar nicht hätte eingetragen werden dürfen, oder wenn die Nacherbfolge nach Eintragung des Vermerks weggefallen ist. Die Anforderungen an den Nachweis der Unrichtigkeit richten sich gem. § 22 GBO nach dem Grundbuchverfahrensrecht.
Rz. 50
Das Nacherbenrecht hat von Anfang nicht bestanden, wenn sie gar nicht erst angeordnet worden ist – sei es, dass sich die Auslegung der Verfügung von Todes wegen insoweit als unzutreffend erweist, sei es dass sich die Erbfolge nach einer anderen Verfügung von Todes wegen richtet, die keine Nacherbfolge enthält, oder das Grundstück oder Grundstücksrecht dem Vorerben endgültig als Vorausvermächtnis zugewandt ist, vgl. § 2110 Abs. 2 BGB.
Rz. 51
Das Nacherbenrecht entfällt nachträglich, wenn der Nacherbfall nicht mehr eintreten kann oder bereits eingetreten ist.
Der Nacherbfall kann nicht mehr eintreten, wenn die Bedingung oder Befristung, an deren Eintritt die Nacherbfolge anknüpft, endgültig nicht mehr eintreten kann oder wenn sämtliche zur Nacherbfolge berufenen Personen weggefallen sind. Ein möglicher Bedingungsausfall ist in § 2109 BGB mit der Höchstdauer für den Nacherbfall geregelt; ansonsten ist der Bedingungs- bzw. Befristungsausfall abhängig von der Bedingung bzw. Befristung, von der der Erblasser die Nacherbfolge abhängig gemacht hat, und der Entwicklung der für die Bedingung bzw. Befristung maßgebenden tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse. Mit dem Wegfall sämtlicher vom Erblasser berufenen Nacherben einschließlich Ersatznacherben oder Nachnacherben entfällt auch das Nacherbenrecht; welche Personen zur Nacherbfolge berufen sind, ist durch Auslegung der letztwilligen Verfügung zu ermitteln, ein ggf. mühsames Unterfangen.
Rz. 52
Die Nacherbfolge kann bei einer materiell-rechtlichen Verfügung über das nacherbenbehaftete Grundstückseigentum oder -recht dann nicht mehr eintreten, wenn diese Verfügung gegenüber sämtlichen Nacherben (einschließlich Ersatznacherben) materiell-rechtlich wirksam ist. Dies ist dann der Fall, wenn sämtliche dazu berufenen Nacherben der Verfügung zustimmen bzw. sie genehmigen, womit sie auf die zu ihren Gunsten begründeten Rechtsfolgen des § 2113 BGB verzichten, oder wenn der Vorerbe materiell-rechtlich berechtigt ist, auch ohne Zustimmung der Nacherben über das Grundstück oder Grundstücksrecht wirksam zu verfügen, vgl. § 2136 BGB ("Befreiung des Vorerben").
Rz. 53
Die Nacherbenzustimmung zu einer Verfügung des Vorerben über ein Grundstück oder Grundstückrecht – auch zugunsten des Vorerben – ist rein materiell-rechtlich zu verorten. Sie ist vom bloßen Verzicht der Nacherben nur auf die Eintragung des Nacherbenvermerks oder der Bewilligung seiner Löschung, die beide lediglich grundbuchverfahrensrechtliche Bedeutung haben, zu unterscheiden, wobei die materiell-rechtliche Zustimmungserklärung ggf. auch als grundbuchverfahrensrechtliche Verzichtserklärung oder Löschungs- als Berichtigungsbewilligung ausgelegt werden kann. Für die materiell-rechtliche Wirksamkeit der Verfügung des Vorerben muss die Zustimmung oder Genehmigung sämtlicher vom Erblasser eingesetzter Nacherben und etwaiger Nachnacherben, egal ob sie schon in Person feststehen oder nicht, vorliegen. Der Zustimmung etwaiger Ersatznacherben zur materiell-rechtlichen Verfügung des Vorerben bedarf es dagegen nach einhelliger Meinung materiell-rechtlich und damit auch grundbuchverfahrensrechtlich nicht. Dagegen bedarf die bloße Löschung des Nacherbenverzichts losgelöst von einer materiell-rechtlichen Verfügung über das Grundstück oder Grundstücksrecht, also bei fortbestehender Nacherbfolge, auch der Bewilligung der Ersatznacherben. Vor- und Nacherbe(n) können durch rechtsgeschäftliche Vereinbarung (über deren Grundlage keine Einigkeit herrscht) ein zum Nachlass gehörendes und der Nacherbenbindung unterliegendes Grundstück aus der Verfügungsbeschränkung der angeordneten Nacherbfolge entlassen, wobei z.T. danach unterschieden wird, ob es sich dabei um den einzigen Nachlassgegenstand handelt oder nicht; auch eine solche Vereinbarung ist ohne Zustimmung der Ersatznacherben wirksam und ermöglicht, wenn sie dem Grundbuchamt nachgewiesen wird, die Löschung des eingetragenen Nacherbenvermerks gem. § 22 GBO.
Rz. 54
Wenn der Vorerbe im Verhältnis zum Nacherbe...