Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Einsetzung von Nacherben unter der auflösenden Bedingung einer anderweitigen Verfügung des Vorerben
Leitsatz (amtlich)
Setzt die berichtigende Löschung des Nacherbenvermerks im Grundbuch die Zustimmung der Nacherben zur Grundstücksverfügung des Vorerben voraus, so hat das Grundbuchamt in eigener Zuständigkeit unter Auslegung der bezeichneten Eintragungsgrundlage die Nacherben festzustellen.
Normenkette
GBO §§ 15, 18 Abs. 1, §§ 19, 22 Abs. 1, § 46 Abs. 1, §§ 51, 71 Abs. 1; RPflG § 11 Abs. 1; BGB §§ 158, 1913 S. 2, § 2065 Abs. 2, §§ 2075, 2084, 2113 Abs. 2, § 2139
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1 bis 4 wird die Zwischenverfügung des AG München - Grundbuchamt - vom 6.7.2016 aufgehoben.
Gründe
I. Im Grundbuch war Leonore B. als Inhaberin von Miteigentumsanteilen sowie als Anteilsinhaberin an solchen, verbunden mit dem Sondereigentum an einer Wohnung sowie an einer Tiefgarage, eingetragen. Nach ihrem Versterben trug das Grundbuchamt je unter Bezugnahme auf das notarielle Testament vom 23.1.2007 und die Eröffnungsniederschrift vom 23.10.2015 in der Ersten Abteilung den Beteiligten zu 1, den Sohn der Erblasserin, und in der Zweiten Abteilung einen Nacherbenvermerk ein. Dieser besagt, dass Nacherbfolge - bedingt und abänderbar - angeordnet sei. Als Nacherben sind die Beteiligten zu 3 und 4, die Enkel der Erblasserin, als Ersatznacherben deren Abkömmlinge nach den Regeln der gesetzlichen Erbfolge vermerkt. Im notariellen Testament ist diesbezüglich Folgendes bestimmt (Ziff. II. 3. und 4.):
3. Zum Nacherben bestimme ich meine beiden Enkelkinder ... (die Beteiligten zu 3 und 4). Falls ein Enkelkind vor Eintritt der Nacherbfolge versterben sollte, treten seine Abkömmlinge nach den Regeln der gesetzlichen Erbfolge an seine Stelle; sind solche nicht vorhanden, tritt Anwachsung an den anderen Nacherben ein ...
4. Die Nacherbfolge tritt ein mit dem Tod des Vorerben ... Mit diesem Zeitpunkt fällt daher mein Nachlass an die vorstehend bestimmten Nacherben (die Beteiligten zu 3 und 4).
Dem Vorerben wird das Recht eingeräumt, Änderungen innerhalb des Kreises der Nacherben bzw. Ersatznacherben zu treffen, insbesondere also die Höhe der Erbteile zu verändern, Teilungsanordnungen zu treffen oder einen Nacherben oder Ersatznacherben zum alleinigen Nacherben einzusetzen; alle diese Änderungen kann er jedoch nur im Kreise seiner Abkömmlinge treffen, nicht zugunsten von dritten Personen. Die Änderung kann auch im Wege eines Übergabe- oder Überlassungsvertrages erfolgen. Die Nacherbfolge ist durch die Ausübung dieses Änderungsrechts somit bedingt.
Zu notarieller Urkunde vom 17.5.2016 übertrug der Beteiligte zu 1 das Wohnungseigentum und den Anteil am Teileigentum auf seine Ehefrau, die Beteiligte zu 2, als ehebedingte Zuwendung. Unter Ziff. VII. sind folgende Erklärungen beurkundet:
Der im Grundbuch eingetragene Nacherbenvermerk ... ist zu löschen. Die (Beteiligten zu 3 und 4) als Nacherben stimmen dieser Verfügung unwiderruflich zu. Sie bewilligen ... die Löschung des Nacherbenvermerks im Grundbuch.
Den am 24.5.2016 gemäß § 15 GBO gestellten Vollzugsantrag hat das Grundbuchamt mit fristsetzender Zwischenverfügung vom 6.7.2016 beanstandet. Zur unentgeltlichen Übertragung bedürfe der Beteiligte zu 1 als - befreiter - Vorerbe nicht nur der Zustimmung der bekannten Nacherben, sondern wegen der ihm testamentarisch eingeräumten Abänderungsbefugnis auch der Zustimmung der unbekannten Nacherben, die von einem zu bestimmenden Pfleger zu erklären sei und der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung bedürfe.
Die Beteiligten wenden sich hiergegen mit der notariell eingelegten Beschwerde. Sie meinen, die dem Vorerben eingeräumte Abänderungsbefugnis sei dahingehend auszulegen, dass die Anordnung von Vor- und Nacherbschaft durch eine anderweitige Verfügung des Vorerben bedingt sei. Im Fall einer anderweitigen Verfügung des Vorerben entfalle danach die Anordnung und der Vorerbe werde zum Vollerben. Das der Zwischenverfügung zugrunde liegende Verständnis der letztwilligen Verfügung verstoße gegen das Gesetz, denn dem Vorerben könne nicht die Befugnis eingeräumt werden, unter Aufrechterhaltung der Vor- und Nacherbschaft die Person des Nacherben nach eigenem Ermessen zu bestimmen. Hier habe der Vorerbe von der Abänderungsbefugnis keinen Gebrauch gemacht; die Nacherben gemäß demnach unverändert fortbestehender testamentarischer Anordnung hätten zugestimmt. Mit der deshalb wirksamen Verfügung sei der Grundbesitz aus der Nacherbschaft ausgeschieden. Der Nacherbenvermerk sei berichtigend zu löschen.
Das Grundbuchamt hat nicht abgeholfen.
Die Beteiligten haben sich im Beschwerdeverfahren (hilfsweise) auf die dem Vorerben mit der Abänderungsbefugnis eingeräumte starke Stellung berufen. Sei ihm die beliebige Bestimmung der Nacherben aus dem Kreis der Abkömmlinge gestattet, so müsse er erst Recht mit Zustimmung aller Nacherben über den Gegenstand verfügen können.
II. Die nach § 11 Abs. 1 RPflG, § 71 Ab...