Rz. 8
Über Grundstücke und Rechte an Grundstücken, die der Nacherbfolge unterliegen, kann der Vorerbe materiell-rechtlich zwar uneingeschränkt verfügen, § 2113 Abs. 1 BGB. Die Verfügungen können aber mit Eintritt der Nacherbfolge vergleichbar § 883 Abs. 2 BGB unwirksam werden, soweit sie das Nacherbenrecht vereiteln oder beeinträchtigen würden. "Verfügungen" in diesem Sinn sind alle dinglichen Verfügungen, also die Übertragung, Aufhebung, Inhaltsänderung, Belastung, Aufgabe des Eigentums nach § BGB § 928 BGB, der Rangrücktritt mit einem Grundpfandrecht, die Bewilligung einer Vormerkung und sogar die einer Baulast. Damit wird sichergestellt, dass der Nacherbe die der Nacherbfolge unterliegenden Grundstücke oder Grundstücksrechte mit Eintritt der Nacherbfolge ungeachtet der Verfügung des Vorerben darüber auch wirklich erwirbt.
§ 2113 Abs. 3 BGB eröffnet mit seinem Verweis "auf die Vorschriften zugunsten derjenigen, welche Rechte von einem Nichtberechtigten herleiten", also auf die §§ 892 f. BGB materiell-rechtlich die Möglichkeit eines endgültig wirksamen Gutglaubenserwerbs vom Vorerben, der für den Nacherben einen entsprechenden endgültigen Rechtsverlust zur Folge hat. Hiervor soll den Nacherben die Eintragung seines Rechts im Grundbuch schützen. Der im Grundbuch eingetragene Nacherbenvermerk ist damit vergleichbar mit dem Rechtszustand, der durch die Eintragung einer Vormerkung gem. § 883 BGB geschaffen wird.
Rz. 9
Der Erblasser kann den Vorerben von den gem. § 2113 Abs. 1 BGB für Grundstücke und Grundstücksrechte geltenden Beschränkungen durch Verfügung von Todes wegen generell oder für einzelne Grundstücke oder Grundstücksrechte oder bestimmte Verfügungen "befreien". Das für alle Nachlassgegenstände geltende sog. Schenkungsverbot des § 2113 Abs. 2 S. 1 BGB ist nicht disponibel, vgl. § 2136 BGB. Materiell-rechtlich sind nicht nur "reine Schenkungen" unwirksam, sondern auch schon teilentgeltliche (und damit "teilunentgeltliche") Verfügungen.
Die Befreiung i.S.d. § 2136 BGB hat zur Folge, dass der Vorerbe über ein bis dahin von der Nacherbfolge umfasstes Grundstück oder Grundstücksrecht endgültig rechtswirksam zugunsten eines Dritten entgeltlich verfügen kann.
Rz. 10
Der Nacherbe kann auf die zu seinen Gunsten bestehende materiell-rechtliche Verfügungsbeschränkung des Vorerben hinsichtlich einzelner, der Nacherbfolge unterliegender Grundstücke oder Rechten an Grundstücken verzichten, in dem er einer Verfügung des Vorerben über den Nachlassgegenstand (sei es zugunsten eines Dritten, sei es zugunsten des Vorerben selbst) zustimmt oder sie genehmigt (vgl. Rdn 40). Eine Zustimmung bzw. Genehmigung des Ersatznacherben ist nach einhelliger Meinung dazu materiell-rechtlich nicht erforderlich und deshalb auch grundbuchverfahrensrechtlich nicht zu verlangen.