Leitsatz (amtlich)

1. Zulässigkeit der Eintragung eines Vermerks im Grundbuch, der die Wirksamkeit der beantragten Eigentumsvormerkung gegenüber allen Nacherben verlautbaren soll.

2. Es bleibt offen, ob die Eintragung des bezeichneten Wirksamkeitsvermerks im Grundbuch den Verfahrensregeln der Berichtigung oder denen der Richtigstellung unterliegt. In beiden Verfahren ist den von der Eintragung Betroffenen Gehör zu gewähren.

 

Normenkette

GBO § 18 Abs. 1, §§ 19, 22, 51

 

Verfahrensgang

AG München - Grundbuchamt

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Beteiligten wird die Zwischenverfügung des AG München - Grundbuchamt - vom 29.10.2015 aufgehoben.

 

Gründe

I. Die Beteiligte zu 1 ist als Eigentümerin eines Wohnanwesens im Grundbuch eingetragen. Das Grundbuch enthält in der Zweiten Abteilung einen Nacherbenvermerk folgenden Inhalts:

Nacherben des Sch. Wilhelm ..., geb. 1924, sind: H. Gabriele,..., Sch. Wilhelm, geb. 1958, Sch. Michael,...; Eintritt der Nacherbfolge durch Tod des Vorerben; der Vorerbe ist befreit, gemäß Erbschein des AG.; eingetragen am 20.6.1978.

Mit Vertrag vom 5.10.2015 verkaufte die Beteiligte das Anwesen an ihre Söhne Wilhelm und Michael Sch. zu Miteigentum zu je 1/2. Als Kaufpreis für das 607 m2 große Grundstück, bebaut mit einem 1951 errichteten Mietshaus mittleren Standards (acht Wohneinheiten mit insgesamt 618 m2 Wohnfläche), sind 2,6 Mio. EUR vereinbart. Der notariellen Urkunde beigefügt ist das Gutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen, wonach der Verkehrswert zum Wertermittlungsstichtag 2.4.2015 mit 2.590.000 EUR geschätzt wird. Die Auflassung wurde erklärt, ferner eine Eigentumsvormerkung bewilligt und deren Eintragung zugunsten der Erwerber beantragt. Zugleich bewilligten und beantragten die Vertragsparteien, bei der Vormerkung im Grundbuch zu vermerken, dass diese allen Nacherben gegenüber wirksam ist.

Auf den u.a. die Vormerkung betreffenden Vollzugsantrag vom 12.10.2015 hat das Grundbuchamt am 29.10.2015 folgende fristsetzende Zwischenverfügung erlassen:

Es fehle für die Eintragung des Wirksamkeitsvermerks bei der beantragten Vormerkung an der formgerechten Zustimmung/Bewilligung durch die mit eingetragene Nacherbin Gabriele H..

Hiergegen richtet sich die namens aller Antragsteller eingelegte und gegenüber dem Senat ergänzend begründete Beschwerde des Urkundsnotars. Es fehle bereits an einer Begründung für das Verlangen des Grundbuchamts. Aber auch in der Sache sei die Beanstandung nicht gerechtfertigt. Eine - wie hier durch das vorgelegte Gutachten nachgewiesene - entgeltliche Veräußerung eines der Nacherbfolge unterliegenden Grundstücks sei beim Eintritt der Nacherbfolge den Nacherben gegenüber auch ohne deren Zustimmung wirksam, weil das Grundstück dadurch aus dem Nachlass ausscheide. Der begehrte Wirksamkeitsvermerk bei der Vormerkung sei als solcher anerkannt. Sein Zweck bestehe darin, das Grundbuchamt bereits vor Kaufpreiszahlung und Eigentumsumschreibung dazu zu zwingen, die Entgeltlichkeit der Verfügung zu prüfen. Anders wäre ein Grundstücksverkauf durch den befreiten Vorerben in der Praxis ohne Zustimmung der Nacherben kaum durchführbar, obwohl das Gesetz (§ 2113 Abs. 1 BGB) diese Möglichkeit ausdrücklich eröffne. Sei die Entgeltlichkeit der Verfügung nachgewiesen, so könne das Grundbuchamt die Eintragung des Wirksamkeitsvermerks nicht von der Zustimmung aller Nacherben abhängig machen.

Das Grundbuchamt hat unter ergänzender Bezugnahme auf § 19 GBO nicht abgeholfen. Eine Grundbuchunrichtigkeit hinsichtlich der eingetragenen Verfügungsbeschränkung sei weder behauptet noch feststellbar. Im Übrigen werde darauf hingewiesen, dass die Eintragungsanträge ohne Wirksamkeitsvermerk bezüglich der Auflassungsvormerkung unter grundbuchamtlicher Feststellung der Entgeltlichkeit des Rechtsgeschäfts vollziehbar seien.

II. Gegen die Zwischenverfügung des Grundbuchamts ist die Beschwerde nach § 11 Abs. 1 RPflG, § 71 Abs. 1 GBO statthaft (vgl. OLG Hamm FGPrax 2010, 177; 2010, 226). Sie ist auch im Übrigen zulässig (§ 73 GBO; § 10 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 FamFG i.V.m. § 14 Nr. 1 des notariellen Vertrags).

In der Sache hat das Rechtsmittel Erfolg. Das Grundbuchamt kann die begehrte und als solche zulässige Eintragung des Wirksamkeitsvermerks nicht von der förmlichen Mitwirkung der weiteren Nacherbin abhängig machen.

1. Allerdings kommt die Zwischenverfügung (§ 18 Abs. 1 GBO) nicht bereits aus formellen Gründen in Wegfall. Deren (Minimal-)Erfordernisse sind die Angabe der Eintragungshindernisse, die Bezeichnung der Mittel zu ihrer Beseitigung und die Fristsetzung (Hügel/Zeiser GBO 3. Aufl. § 18 Rn. 32; zu allem Demharter GBO 29. Aufl. § 18 Rn. 29 mit Rn. 30 - 33). Dem genügt die beanstandete Zwischenverfügung. Eine zusätzliche Begründung ist jedenfalls nicht essentiell (so wohl Hügel/Zeiser § 18 Rn. 32; anders Meikel/Böttcher GBO 11. Aufl. § 18 Rn. 105; Wilke in Bauer/von Oefele GBO 3. Aufl. § 18 Rn. 20: zumindest knappe Begründung). Letztlich kann dies aber auf sich beruhen, da der Rechtspflege...

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