Entscheidungsstichwort (Thema)
Bewilligung der Löschung und der Verzicht auf die Eintragung von Nacherbenvermerk
Leitsatz (amtlich)
Die Bewilligung der Löschung und der Verzicht auf die Eintragung des Nacherbenvermerks sind zulässig und als Verzicht des Nacherben auf den Schutz des Nacherbenvermerks zu verstehen, lassen aber die Zugehörigkeit des Nachlassgegenstandes zur Vorerbschaft unberührt (Anschluss an OLG Frankfurt Rpfleger 1980, 228).
Normenkette
GBO §§ 52, 75; BGB §§ 2111, 2113
Verfahrensgang
Tenor
I. Die Verfügungen des AG Augsburg - Grundbuchamt - vom 16.12.2016 (Nichtabhilfe und Vorlage an das Oberlandesgericht) werden aufgehoben.
II. Die Sache wird an das AG Augsburg zur Durchführung des Abhilfeverfahrens zurückgegeben.
Gründe
I. Der Beteiligte und seine zwischenzeitlich verstorbene Mutter M. S. sind im Grundbuch als je hälftige Miteigentümer von Grundbesitz eingetragen.
M. S. hatte aufgrund Auseinandersetzung der gestuften Erbengemeinschaft nach (unter anderem) der Großmutter des Beteiligten, M. F., Alleineigentum am Grundstück erhalten. Der bezüglich des Erbanteils von M. S. eingetragene Nacherbenvermerk, der den Beteiligten als Nacherben und als Eintritt der Nacherbfolge den Tod der Vorerbin bezeichnete, war beim Vollzug der Auseinandersetzung im Grundbuch eingetragen geblieben. Mit notariellem Vertrag vom 20.12.2006 hatte M. S. einen halben Miteigentumsanteil an dem Grundstück auf den Beteiligten übertragen; dieser hatte gleichzeitig die Löschung des Nacherbfolgevermerks bewilligt.
Am 8.9.2016 hat der Beteiligte unter Vorlage eines Teilerbscheins, der den Eintritt des Nacherbfalls und den Beteiligten hinsichtlich des Anteils der Vorerbin am Nachlass als Erben nach M. F. bezeugt, seine Eintragung im Grundbuch beantragt (wörtlich: "die Hälfte des Nachlasses in das Grundbuch einzutragen").
Mit fristsetzender Zwischenverfügung vom 9.9.2016 hat das AG als Hindernis der Eintragung benannt, der Beteiligte könne nur als Erbe nach seiner Mutter eingetragen werden, da der noch eingetragene Hälfteanteil der Mutter in Folge der Löschung des Nacherbenvermerks nicht mehr der Nacherbfolge unterliege.
Dagegen wendet sich der Beteiligte mit seiner umfassend begründeten Beschwerde vom 11.10.2016. Das AG hat mit formloser Verfügung vom 16.12.2016 nicht abgeholfen und die Akten dem Oberlandesgericht zugeleitet.
II. Die Abhilfeentscheidung sowie die Vorlageverfügung werden aufgehoben, die Sache wird zur erneuten Entscheidung an das AG zurückgegeben. Dessen Verfahrensweise genügt nicht den an das Abhilfeverfahren zu stellenden Mindestanforderungen.
1. Wird eine Entscheidung des AG - Grundbuchamts - angefochten, so hat dieses über die Abhilfe zu entscheiden (§ 75 GBO). Die Vorschrift ist nicht dahin zu verstehen, dass nur dann, wenn das AG die Beschwerde für begründet erachtet, förmlich, d.h. durch zu begründenden Beschluss (vgl. Demharter GBO 30. Aufl. § 75 Rn. 11) zu entscheiden ist. Vielmehr ist auch die Nichtabhilfe eine Sachentscheidung und als solche regelmäßig in Beschlussform zu treffen, zu begründen und den Beteiligten bekannt zu geben (vgl. Senat vom 18.2.2010, 34 Wx 9/10 = RNotZ 2010, 397; vom 27.11.2007, 34 Wx 107/07 = FGPrax 2008, 13). Die Anforderungen an Begründungsumfang und -dichte hängen naturgemäß vom Einzelfall ab. Wird die Beschwerde nicht begründet oder enthält die Beschwerdebegründung keine wesentlichen neuen Gesichtspunkte, auf die nicht schon in der Ausgangsentscheidung eingegangen wurde, so kann eine kurze Begründung oder auch nur eine Bezugnahme auf die angefochtene Entscheidung - wenn diese ausreichend begründet war - durchaus genügen. Allerdings reicht ein Aktenvermerk mit einer zeitgleichen Vorlageverfügung dann nicht aus, wenn das Beschwerdevorbringen neuen Vortrag enthält (vgl. Hügel/Kramer GBO 3. Aufl. § 75 Rn. 20). Denn der Nichtabhilfebeschluss muss erkennen lassen, dass das Grundbuchamt das wesentliche Beschwerdevorbringen beachtet hat und seiner Pflicht zur Prüfung und Selbstkontrolle im Abhilfeverfahren nachgekommen ist (vgl. Senat vom 18.2.2010 a.a.O.; vgl. auch OLG Brandenburg FGPrax 2000, 45/46; Budde in Bauer/von Oefele GBO 3. Aufl. § 75 Rn. 1 und 6; Keidel/Sternal FamFG 17. Aufl. § 68 Rn. 12 ff.; Gottwald in Bassenge/Roth FamFG 12. Aufl. § 68 Rn. 4 und 7).
2. Diesen Anforderungen wird die Verfahrensweise des AG ersichtlich nicht gerecht. Schon der Ausgangsbeschluss lässt eine Auseinandersetzung mit den rechtlichen Problemen des Falles vermissen. Vielmehr wird ohne weiteres davon ausgegangen, dass der Miteigentumsanteil der M. S. nicht mehr der Nacherbfolge unterliege. Auf das Beschwerdevorbringen geht die Nichtabhilfeentscheidung überhaupt nicht ein. Dies hätte sich aber aufgedrängt, weil dort (u.a.) mit erbrechtlichen Vorschriften argumentiert und Rechtsprechung und Kommentarliteratur zitiert wird.
3. Weist das Abhilfeverfahren schwere Mängel auf, so kann das Beschwerdegericht, unter Aufhebung der getroffenen Nichtabhilfe- und Vorlageverfügung, die Sache an das Erstgeric...