Gesetzestext
(1) Ein Grundstück soll nur dann einem anderen Grundstück als Bestandteil zugeschrieben werden, wenn hiervon Verwirrung nicht zu besorgen ist. Werden die Grundbücher von verschiedenen Grundbuchämtern geführt, so ist für die Entscheidung über den Antrag auf Zuschreibung und, wenn dem Antrag stattgegeben wird, für die Führung des Grundbuchs über das ganze Grundstück das Grundbuchamt zuständig, das das Grundbuch über das Hauptgrundstück führt.
(2) § 5 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 ist entsprechend anzuwenden.
A. Allgemeines
I. Inhalt der Vorschrift
Rz. 1
§ 6 GBO regelt die Bestandteilszuschreibung eines Grundstückes zu einem anderen; die materielle Rechtsgrundlage dazu gibt § 890 Abs. 2 BGB. Es handelt sich dabei nicht um einen lediglich buchungstechnischen, sondern um einen materiell-rechtlichen Vorgang; das Grundbuchamt hat die Unterschiede zur Vereinigung (§ 890 Abs. 1 BGB) zu beachten und deshalb auf eindeutige Erklärungen bei den Eintragungsunterlagen zu bestehen (vgl. unten Rdn 20, 21) sowie bei der Eintragung in der Veränderungsspalte des Bestandsverzeichnisses genau auf die Unterscheidung zwischen Vereinigung und Bestandteilszuschreibung zu achten. Zwar ist die Zuschreibung nur eine besondere Art der Vereinigung (vgl. unten Rdn 25), aber sie unterscheidet sich in ihren Wirkungen wesentlich von dieser (vgl. unten Rdn 26).
II. Begriffe
Rz. 2
Bei der Bestandteilszuschreibung unterscheidet man das sog. "Hauptgrundstück" und das ihm zuzuschreibende "Bestandteilsgrundstück". Nicht erforderlich ist dabei, dass das Hauptgrundstück das größere oder wirtschaftlich bedeutendere ist.
B. Voraussetzungen der Zuschreibung
I. Der Zuschreibung zugängliche Rechte und Berechtigungen
Rz. 3
Während der Wortlaut des § 890 Abs. 2 BGB nur die Zuschreibung eines Grundstücks zu einem anderen vorsieht, haben Literatur und Rechtsprechung die Möglichkeiten der Zuschreibung darüber hinaus noch erheblich ausgeweitet. Es sind folgende Fälle denkbar:
Rz. 4
Grundstück mit Grundstück: Dies ist der Normalfall des § 890 Abs. 2 BGB; Größe und wirtschaftliche Bedeutung für die Bezeichnung als Haupt- oder Bestandteilsgrundstück sind unwesentlich. Zugeschrieben werden können zwar mehrere (Bestandteils-)Grundstücke einem einzelnen Hauptgrundstück, nicht aber ein oder mehrere (Bestandteils-)Grundstücke mehreren Hauptgrundstücken. Auch wenn ein Grundstück in Wohnungseigentum aufgeteilt ist, bleibt es als Grundstück im Rechtssinne insoweit erhalten, als ihm ein anderes Grundstück zugeschrieben werden kann. Erforderlich ist jedoch, dass die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer an beiden Grundstücken identisch ist. Es schadet nicht, wenn eines der beiden Grundstücke bereits in Wohnungs- oder Teileigentum gem. § 8 WEG aufgeteilt ist.
Rz. 5
Zuflurstück mit Grundstück: Das Zuflurstück gilt für die Zuschreibung als Grundstück (siehe § 5 GBO Rdn 5); verschiedentlich wird indes der Fall, dass ein Grundstück einem Zuflurstück als Bestandteil zugeschrieben werden soll, von diesem Grundsatz ausgenommen. Dem kann nicht zugestimmt werden. Der zur Begründung aufgestellte Grundsatz, eine Zuschreibung scheide aus, wenn das Hauptgrundstück keine endgültige Flurstücksnummer aufweise, ist nicht haltbar. Entscheidend ist nicht, welche Art von Grundstücken (Grundstücksteilen) verbunden werden, sondern was als neuer Bestand eingetragen wird.
Muster:
"Zuflurstück zu 15/1 (aus 25) mit 480 qm von Bd. …Bl. … hierher übertragen; diesem das aus Bd. … Bl. … übertragene FlStck. 14/10 als Bestandteil zugeschrieben und beides als FlStck. 15/1 neu vorgetragen am …"
Rz. 6
Zuflurstück mit Zuflurstück: Zulässig, wenn Haupt- und Bestandteilszuflurstück unter einer neuen Nummer als selbstständige Katastereinheit (Flurstück) eingetragen werden.
Muster:
"Zuflurstück zu 1557/1 (aus 1550) zu 480 qm Bd. …zu Bl. … hierher übertragen; diesem das von Bd. …Bl. … hierher übertragene Zuflurstück zu 1557/1 (aus 1600) zu 13 qm als Bestandteil zugeschrieben und beide als FlStck. 1557/1 neu vorgetragen am…"
Rz. 7
Grundstücksgleiches Recht mit grundstücksgleichem Recht: Das grundstücksgleiche Recht wird wie ein Grundstück behandelt, Zuschreibung ist ebenso wie Vereinigung nach § 5 GBO möglich (vgl. § 5 GBO Rdn 8).
Rz. 8
Grundstück mit grundstücksgleichem Recht: Aus gleichem Grund ist dies ohne Bedenken zulässig. Unzulässig ist die Zuschreibung eines Erbbaurechts zu dem Grundstück, an dem es lastet; Gleiches gilt für die Zuschreibung des Gebäudeeigentums zu dem belasteten Grundstück. Wohl aber kann das Grundstück in beiden Fällen Bestandteil sein. Insbesondere ist die Zuschreibung des Grundstücks zum Gebäudeeigentum eine elegante Variante, um mit § 1131 BGB die Grundpfandrechte des Gebäudeeigentums auf das Grundstück erstrecken zu können. Mit anschließender Aufhebung des Nutzungsrechts nach Art. 233 § 4 Abs. 6 S. 1 EGBGB erlischt das Gebäudeeigentum und das Gebäude wird wesentlicher Bestandteil des Grundstücks (siehe auch § 10 GGV).
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