A. Normzweck; Allgemeines
Rz. 1
Die Vorschrift lehnt sich an § 184 ZPO (Zustellung durch Aufgabe zur Post bei Adressat im Ausland) an. Sie bezweckt die Erleichterung des Verfahrens sowie die Vermeidung von Verzögerungen. § 97 Abs. 1 GBO ist durch das RegVBG vom 20.12.1993 insofern an die jetzigen Verhältnisse angepasst worden, als die Worte "Deutsches Reich" durch "Inland" ersetzt worden sind.
B. Anordnung des Grundbuchamts (Abs. 1)
Rz. 2
Das Grundbuchamt kann gem. Abs. 1 unter folgenden Voraussetzungen die Bestellung eines Zustellungsbevollmächtigten anordnen:
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Der Beteiligte wohnt nicht im Inland, also in der Bundesrepublik Deutschland, sondern im Ausland. Hierunter fallen auch exterritoriale Deutsche. |
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Der Beteiligte hat keinen im Inland wohnenden Bevollmächtigten bestellt; auch ein Zustellungsbevollmächtigter genügt. Bestehen Zweifel über den Umfang der Vollmacht, so findet ebenfalls § 97 GBO Anwendung. |
Rz. 3
Bei Vorliegen dieser Voraussetzungen, ist das Grundbuchamt berechtigt, den Beteiligten zur Bestellung eines im Inland wohnenden Zustellungsbevollmächtigten aufzufordern. Die Entscheidung liegt im Ermessen des Grundbuchamts. Es wird hiervon nur Gebrauch machen, wenn die Zustellung an den Beteiligten selbst Schwierigkeiten macht, was keineswegs auf alle Zustellungen im Ausland zutrifft. So ist gem. §§ 15 Abs. 2 S. 1 FamFG, 183 Abs. 1 S. 1 ZPO i.V.m. Art. 18 EuZVO 2022 bei Beteiligten mit Wohnsitz in einem Mitgliedsstaat der EU eine unmittelbare Übersendung gerichtlicher Schriftstücke durch Postdienste per Einschreiben mit Empfangsbestätigung oder mittels eines gleichwertigen Nachweises möglich. Leitender Gesichtspunkt bei der Prüfung, ob die Bestellung eines Zustellungsbevollmächtigten geboten ist, muss sein, nach Möglichkeit den Beteiligten selbst heranzuziehen.
C. Durchführung und Wirkung der Anordnung (Abs. 2)
Rz. 4
Im Falle der Anordnung der Bestellung eines Zustellungsbevollmächtigten für den Beteiligten kann das Grundbuchamt alle Zustellungen, die nach der Ladung zum ersten Verhandlungstermin (§ 100 GBO) erforderlich werden, in der in § 97 Abs. 2 GBO beschriebenen Weise vorgenommen werden (Abs. 2 S. 1 Hs. 1). Erforderlich ist die Aufgabe zur Post mit der richtigen und vollständigen Anschrift (Abs. 2 S. 1 Hs. 2). Bei Schreibfehlern kommt es darauf an, ob der Mangel zu Verwechselungen führen kann. Das Grundbuchamt darf die letzte ihm bekannte Anschrift verwenden und muss keine Nachforschungen anstellen.
Rz. 5
Die Postsendung muss – abweichend von der Aufgabe zur Post nach § 15 Abs. 2 S. 1 Alt. 2 FamFG bzw. § 184 ZPO – als "Einschreiben" versandt werden (Abs. 2 S. 1 Hs. 3). Eine Belehrung des Empfängers über die Rechtsfolgen der Aufgabe zur Post ist nicht erforderlich, kann sich aber anbieten. Sie gilt (nicht wie gem. § 15 Abs. 2 S. 2 FamFG nach drei Tagen bzw. gem. § 184 ZPO erst nach einer Zweiwochenfrist) schon mit der Aufgabe zur Post als bewirkt, selbst wenn die Sendung als unzustellbar zurückkommt (Abs. 2 S. 2). Die Zustellung des Einleitungsbeschlusses (§ 91 Abs. 2 GBO) und die Ladung zum ersten Verhandlungstermin (§ 100 GBO) müssen in jedem Fall nach den allgemeinen Vorschriften (vgl. § 183 ZPO) bewirkt werden. Ist das nicht möglich und kann auch kein Pfleger bestellt werden (§ 96 GBO), so bleibt nichts anderes übrig, als das Verfahren einzustellen (§ 109 GBO).