Entsteht ein Mangel erst während der Dauer des Mietverhältnisses oder erkennt der Mieter einen bereits bei Abschluss des Mietvertrags bestehenden Mangel erst später, muss er dem Vermieter den Mangel unverzüglich anzeigen. Unterlässt er diese Anzeige und zahlt ferner die Miete ungekürzt und vorbehaltlos weiter, hatte er nach der bis 31.8.2001 geltenden Rechtslage seine Rechte auf Mietminderung und Schadensersatz bereits nach einem Zeitraum von 6 Monaten verloren. So hatte der BGH zum alten Mietrecht unter analoger, d. h. sinngemäßer Anwendung des § 539 BGB a. F. entschieden.
Mietrechtsreform 2001
Diese Rechtsprechung war dem Gesetzgeber der Mietrechtsreform ein Dorn im Auge. Daher wurde in der Begründung des Gesetzentwurfs zum Mietrechtsreformgesetz ausgeführt, dass nach der Neufassung des Gesetzes eine analoge Anwendung auf nachträgliche Mängel nicht mehr infrage kommt. Es sei – so die Begründung – wenig interessengerecht, den vorsichtigen Mieter, der mit der Geltendmachung seiner Rechte abwartet, um das Mietverhältnis nicht unnötig zu belasten, über die Regelung in § 536c BGB hinaus auch noch für die Zukunft mit einem Gewährleistungsausschluss "zu bestrafen". In diesem Fall ist daher grundsätzlich nur der neue § 536c BGB anzuwenden.
Nachträgliche Mängel unverzüglich anzeigen
Danach muss der Mieter dem Vermieter nachträglich auftretende Mängel unverzüglich anzeigen und kann Gewährleistungsrechte grundsätzlich nur so lange nicht geltend machen, bis die Mängelanzeige erfolgt ist.
Will der Mieter die Miete wegen eines Sachmangels mindern, ist daher eine vorherige Anzeige des Mangels beim Vermieter erforderlich. Bei unterbliebener Mängelrüge ist der Mieter nicht zur Minderung der Miete berechtigt.
Nach der Mängelanzeige soll der Mieter seine Rechte (entgegen der BGH-Rechtsprechung) wieder geltend machen dürfen. Diese Rechtsfolge sieht der Gesetzgeber als sinnvoll und auch ausreichend an.
Nur in Ausnahmefällen könne sich aus § 814 BGB (Leistung in Kenntnis der Nichtschuld) oder aus dem Gesichtspunkt der Verwirkung (§ 242 BGB) ergeben, dass der Mieter auch nach der Mängelanzeige Gewährleistungsrechte nicht mehr geltend machen kann.
Ausnahmefall
Der Mieter hat trotz Vorliegen eines Mangels vorbehaltlos über einen sehr langen Zeitraum hinweg die volle Miete gezahlt.
Wechsel in der Rechtsprechung des BGH
Unter Berücksichtigung der Gesetzesbegründung zur Mietrechtsreform 2001 hat der für das Wohnungsmietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des BGH mit Urteil vom 16.7.2003 seine bisherige Rechtsprechung aufgegeben und entschieden, dass der Mieter das Recht zur Mietminderung jedenfalls nicht bereits nach 6 Monaten verliert.
Gleiches Recht bei Gewerberaummietverhältnissen
Der für das gewerbliche Mietrecht zuständige XII. Zivilsenat hat sich – entgegen seiner bisherigen Rechtsprechung – dieser Auffassung angeschlossen. Die Grundsätze gelten somit auch für Geschäftsraummietverhältnisse.
Für Mieten von Geschäftsräumen, die nach dem Inkrafttreten des Mietrechtsreformgesetzes (1.9.2001) fällig geworden sind, beurteilt sich die Frage, ob und in welchem Umfang ein Mieter wegen eines Mangels die Miete mindern kann, ausschließlich nach § 536c BGB. Eine analoge Anwendung des § 536b BGB, der an die Stelle des § 539 BGB a. F. getreten ist, scheidet aus. Dies gilt auch für Mietverträge, die vor dem 1.9.2001 abgeschlossen worden sind.
Zahlt der Mieter bei einem Mangel in der Mietwohnung, der nach Abschluss des Mietvertrags entstanden oder bekannt geworden ist, die Miete über einen längeren Zeitraum ohne Vorbehalt ungekürzt weiter, kann er den überzahlten Betrag nach Bereicherungsgrundsätzen (§§ 812 ff. BGB) zurückfordern. Dies gilt aber nur dann, wenn der Mieter nicht gewusst hat, dass er zur Leistung nicht verpflichtet ist, d. h. ihm nicht bekannt war, dass eine Minderung kraft Gesetzes ohne Weiteres eintritt, wenn ein erheblicher Mangel vorliegt und es keiner Zustimmung des Vermieters zu einer Mietminderung bedarf.
Anders ist die Rechtslage, wenn der Mieter gewusst hat, dass er zur Leistung nicht verpflichtet war, d. h. der Mieter zumindest aus den ihm bekannten Tatsachen zutreffende rechtliche Schlussfolgerungen über eine ihm zustehende Mietminderung gezogen hat. In diesem Fall entfällt der Rückforderungsanspruch des Mieters gem. § 814 BGB. Die Beweislast dafür, dass der Mieter wusste, aufgrund eines angezeigten Mangels nicht zur vollen Mietzahlung verpflichtet zu sein, obliegt dem Vermieter. Zweifel gehen daher zu dessen Lasten.
Verlängerungsoption vorbehaltlos ausüben
Die Rechte des Mieters auf Mietminderung und Schadensersatz sind nur dann ausgeschlossen, wenn der Mieter einen Mangel der Mietsache bei Abschluss des Mietvertrags kennt; nicht aber, wenn der Mieter in Kenntnis eines Mangels eine Verlängerungsoption vorbehaltlos ausübt, d. h. von seinem (häufig bei Geschäftsraummietverhältnissen) vereinbarten Recht auf einseitige Verlängerung der Mietzeit (z. B. um 2-mal 5 Jahre) Gebrauch macht.
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