Leitsatz
Ein Unfallschaden soll nicht künstlich in die Höhe getrieben werden, aber eine ordentliche Reparatur soll es schon sein. Laut BGH kann die Kfz-Versicherung den Unfallgeschädigten nur unter engen Voraussetzungen auf Reparatur in einer freien Werkstatt verweisen.
Sachverhalt
Den Kläger führte seine Klage auf Zahlung restlicher Reparaturkosten aus einem Unfallereignis bis zum BGH. Er rechnete den Schaden an seinem Fahrzeug, einem zum Unfallzeitpunkt über 9 Jahre alten Golf, Laufleistung ca. 190000 km, auf der Grundlage eines von ihm vorgelegten Sachverständigengutachtens ab.
Die Versicherung verweigerte den Ersatz eines Teils der Reparaturkosten. Die in Ansatz gebrachten Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen Fachwerkstatt seien im Hinblick auf das Alter und die Laufleistung des Fahrzeugs unangemessen hoch. Die Versicherung rechnete daher auf der Basis der niedrigeren Stundensätze einer von ihr benannten freien Karosseriefachwerkstatt ab.
Zwar schneidet der BGH der Versicherung die Möglichkeit, den Geschädigten auf die niedrigeren Kosten einer freien Werkstatt zu verweisen, nicht völlig ab. In diesem Fall müsse die Versicherung aber umfassend darlegen und beweisen, dass eine Reparatur in der freien Werkstatt in vollem Umfang dem Qualitätsstandard der Markenwerkstatt entspricht. Doch selbst in diesem Fall kann der Verweis auf die freie Werkstatt unzumutbar sein. Dies ist z.B. gegeben, wenn durch die nicht markengebundene Reparatur die anschließende Geltendmachung von Gewährleitungsrechten oder auch nur die Inanspruchnahme von Kulanzregelungen des Herstellers erschwert wird. Letzteres trifft auf Fahrzeuge bis zu einem Alter von 3 Jahren immer zu.
Nur ausnahmsweise kann der Geschädigte auf die niedrigeren Stundsätze einer freien Werkstatt verwiesen werden, wenn ihm dies unter Berücksichtigung aller Umstände zumutbar ist. Die Zumutbarkeit ist hier auch nach subjektiven Gesichtspunkten des Geschädigten zu beurteilen, soweit diese nicht als völlig unvernünftig erscheinen. Hat der Geschädigte z.B. sein Fahrzeug bisher ausschließlich in einer markengebunden Werkstatt warten und reparieren lassen so muss er von dieser Praxis auch bei einem älteren Fahrzeug nicht abweichen.
Da vorliegenden Fall die Vorinstanzen den Gesichtspunkt der Zumutbarkeit nicht umfassend geprüft hatten, hat der BGH die Sache zur erneuten Entscheidung an die Vorinstanz zurückverwiesen.
Link zur Entscheidung
BGH, Urteil vom 20.10.2009, VI ZR 53/09.