Entscheidungsstichwort (Thema)

Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge

 

Tenor

1. Die Anhörungsrüge des Zeugenbeistands, Rechtsanwalt F., gegen den Beschluß des Senats vom 1. Februar 2006 wird als unbegründet zurückgewiesen.

2. Die Kosten der Anhörungsrüge werden nicht erhoben.

 

Gründe

Rechtsanwalt F. wurde dem Zeugen D. in der Hauptverhandlung vor dem Landgericht Berlin am 5. April 2005 gemäß § 68b StPO als Beistand beigeordnet. Mit Schriftsatz vom 6. April 2005 beantragte Rechtsanwalt F., für seine Tätigkeit die Vergütung nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) wie folgt festzusetzen:

Grundgebühr gemäß VV 4100

132,00 Euro

Verfahrensgebühr gemäß VV 4112

124,00 Euro

Terminsgebühr gemäß VV 4114

216,00 Euro

16 % Umsatzsteuer gemäß VV 7008

75,52 Euro

547,52 Euro.

Mit dem Beschluß vom 1. Februar 2006 hat der Senat auf die sofortige Beschwerde der Bezirksrevisorin des Landgerichts die Zubilligung einer Verfahrensgebühr abgelehnt und die vom Landgericht zunächst antragsgemäß festgesetzte Vergütung wie folgt bemessen:

Grundgebühr gemäß VV RVG 4100

132,00 Euro

Terminsgebühr gemäß VV RVG 4114

216,00 Euro

Auslagenpauschale gemäß VV RVG 7002

20,00 Euro

16 % Umsatzsteuer gemäß VV RVG 7008

58,88 Euro

426,88 Euro.

Mit der als Gegenvorstellung bezeichneten Anhörungsrüge (§ 311a, 300 StPO) beanstandet der Beschwerdegegner, daß ihm die Einlegung des Rechtsmittels durch die Bezirksrevisorin und deren Begründungsschriften nicht mitgeteilt worden sind. In der Sache verfolgt er seinen ursprünglichen Antrag weiter.

1. Der Antrag ist zulässig. Obwohl der Senat im Verfahren über die Gebührenforderung des Rechtsanwalts dessen Schriftsätze zur Kenntnis genommen hat, ist das rechtliche Gehör des Beschwerdegegners nicht in dem gebotenen Umfang gewahrt worden, weil er entgegen § 308 Abs. 1 Satz 1 StPO zu der sofortigen Beschwerde der Bezirksrevisorin des Landgerichts nicht erneut gehört worden ist. Der gesetzlich zur Heilung dieses Mangels vorgesehene Rechtsbehelf ist die Anhörungsrüge (§ 311a StPO).

2. Der Rechtsbehelf hat keinen Erfolg. Der Senat ist in Übereinstimmung mit seinem Beschluß vom 1. Februar 2006, auf den er Bezug nimmt, weiterhin der Auffassung, daß dem Zeugenbeistand die Verfahrensgebühr nicht zuerkannt werden kann.

Für die hier streitgegenständlichen Fragen sind folgende veröffentlichte Auffassungen hervorgetreten:

  1. Die Beiordnung des Zeugenbeistandes werde – entweder ausdrücklich oder der Natur der Sache nach – ausschließlich für den Zeitpunkt der Vernehmung dieses Zeugen ausgesprochen. Es handele sich deshalb um eine Einzeltätigkeit, die nach VV 4301 Nr. 4 zu vergüten sei (vgl. OLG Oldenburg, Beschluß vom 20. Dezember 2005 – 1 Ws 600/05 –; AG Lingen, Beschluß vom 20. Oktober 2005 – 10 AR 266/05 –, veröffentlicht jeweils in www.burhoff.de).
  2. Der Zeugenbeistand sei uneingeschränkt wie ein Verteidiger zu bezahlen. Ihm stünden – außer im Wiederaufnahmeverfahren (vgl. OLG Köln, Beschluß vom 6. Januar 2006 – 2 Ws 9/06 –, www.burhoff.de) die Grundgebühr (VV 4100), die Verfahrensgebühr (VV 4112 bzw. 4118) und die Terminsgebühr (VV 4114 bzw. 4120) zu (vgl. OLG Koblenz, Beschluß vom 11. Juli 2005 – 1 Ws 435/05 –; KG – 3. Strafsenat – NStZ-RR 2005, 358 = RPfl 2005, 694 = StraFO 2005, 439; Burhoff RVG report 2004, 458).
  3. Der Zeugenbeistand sei zwar entsprechend einem Verteidiger zu vergüten; die Verfahrensgebühr sei aber nicht verdient (vgl. KG – 4. Strafsenat – Beschluß vom 4. November 2005 – 4 Ws 61/05 – sowie die angefochtene Entscheidung des beschließenden Senats).

3. Die unter a) wiedergegebene Auffassung hat für sich, daß sie den gegenüber den Rechtsvertretern anderer Verfahrensbeteiligter – wie des Angeklagten oder des Nebenklägers – jedenfalls in der Regel zeitlich und inhaltlich geringeren Arbeitsaufwand am sinnfälligsten und auch am gerechtesten widerspiegelt. Sie entspricht aber nicht dem Gesetz. Der Gesetzgeber hat ausdrücklich angeordnet – und in den Gesetzesmaterialien (BT-Drs. 15/1971, S. 220) zudem darauf hingewiesen – daß auf die in Abs. 1 der amtlichen Vorbemerkung zum Teil 4 Strafsachen genannten Personen die Vorschriften des für den Verteidiger geltenden Abschnitts entsprechend anzuwenden seien. Das schließt den Rückgriff auf Gebührenpositionen aus, zu deren Voraussetzungen es nach Abs. 1 der amtlichen Vorbemerkung zum Abschnitt 4.3 gerade gehört, daß der tätig Gewordene nicht Verteidiger war.

Die unter b) genannte verbreitete Ansicht kann für sich in Anspruch nehmen, daß in den Gesetzgebungsmaterialien (aaO) die Anordnung, die für den Verteidiger geltenden Vorschriften auf Beistände entsprechend anzuwenden, u.a. damit begründet worden ist, der Rechtsanwalt solle nicht mehr die halben, sondern die „gleichen” Gebühren erhalten wie ein Verteidiger. Im Gesetzeswortlaut ist das Wort „gleich” indes nicht enthalten. Verlangt wird eine entsprechende Anwendung, so daß der Wortsinn nicht ausdrücklich für die Auslegung streitet, die Gebühren müßten identisch sein. Eine „entsprechende A...

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