Leitsatz (amtlich)
Eine Gegendarstellung kommt nicht in Betracht, wenn es um Tatsachenbehauptungen geht, die sich nicht in nennenswerter Weise auf das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen auswirken können.
Normenkette
Berliner LPG § 10 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Berlin (Aktenzeichen 27 O 200/23) |
Tenor
I. Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Landgerichts Berlin vom 09.05.2023 - 27 O 200/23 - geändert.
Der Antragsgegnerin wird aufgegeben, in der nächsten für den Druck noch nicht abgeschlossenen Ausgabe der ... ohne Einschaltungen oder Weglassungen in allen Ausgaben, in denen der Ausgangsartikel erschienen ist, an der der Ausgangsmitteilung entsprechenden Stelle und in derselben Schrift wie die angegriffene Erstmitteilung die nachfolgende Gegendarstellung zu veröffentlichen, wobei die Überschrift Gegendarstellung der Größe der Zwischenüberschrift "..." zu entsprechen hat und die Angabe der Fundstelle des Ausgangsartikels sowie der Name des Antragstellers durch einfachen Fettdruck hervorzuheben sind:
Gegendarstellung
Am ... schreiben Sie in der ... auf Seite ... mit der Überschrift "..." über mich:
"..."
und zitieren dann ... als "..." wie folgt:
"...."
Hierzu stelle ich fest:
...... hat sich gar nicht ...... geäußert.
Berlin, den ...
Rechtsanwalt ... für ...
II. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Beschwerdewert: 6.000,- EUR.
Gründe
Die zulässig eingelegte sofortige Beschwerde hat in der Sache Erfolg.
Dem Antragsteller steht ein Gegendarstellungsanspruch aus § 10 Abs. 1 LPG Berlin in dem sich aus dem Tenor ergebenden Umfang zu. Nach dieser Vorschrift ist der Verleger eines periodischen Druckwerks zum Abdruck einer Gegendarstellung verpflichtet, soweit der den Abdruck Verlangende durch eine Tatsachenbehauptung betroffen ist. Anspruchsvoraussetzung ist, dass sich die beantragte Gegendarstellung als Entgegnung auf eine in der Erstmitteilung enthaltene Tatsachenbehauptung darstellt (Burkhardt in: Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 6. Aufl. 2018, Gegendarstellungsanspruch, Rn. 83). Ein Gegendarstellungsanspruch besteht auch bezüglich solcher Tatsachen, die sich erst aus dem Gesamtzusammenhang im Wege einer Sinninterpretation der beanstandeten Äußerung ergeben oder die lediglich verdeckt - gleichsam zwischen den Zeilen - mitgeteilt werden (vgl. OLG Karlsruhe, Urteil vom 30. November 2007 - 14 U 148/07 -, Rn. 17, juris), wobei sich eine beanstandete Eindruckstatsachenbehauptung dem Leser als unabweisliche Schlussfolgerung aufdrängen muss (BVerfG, Beschluss vom 19.12.2007 - 1 BvR 967/05 -, BVerfGK 13, 97-108, Rn. 42).
Nach diesen Grundsätzen besteht der Anspruch. Die Gegendarstellung erwidert auf die in dem Artikel aufgestellte Tatsachenbehauptung, .... Durch die Einbettung des Zitats ... in Form einer Antwort auf die Frage "...?" drängt es sich dem Leser unabweislich auf, dass ... Aussagen über ... getroffen habe. Die Berichterstattung befasst sich durchgängig mit den ... und der ..., ... in der Antwort auf die Frage "..." als "..." der ... ü... und "..." bezeichnet wird. Aus Sicht des Lesers wird der dazu geschilderte Sachverhalt in der Antwort auf die darauffolgende Frage durch das Zitat ... aufgegriffen und bewertet, so dass ein dahingehendes Verständnis, mit "..." und "..." seien nicht ... und seine ... - sondern abstrakte Personen - gemeint, ausscheidet.
Der Gegendarstellung fehlt auch nicht das berechtigte Interesse. Die Antragsgegnerin weist zutreffend darauf hin, dass eine Gegendarstellung dann nicht in Betracht kommt, wenn es um Tatsachenbehauptungen geht, die sich nicht in nennenswerter Weise auf das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen auswirken können. Die Entgegnung muss für einen unbefangenen Dritten nachvollziehbar von einigem Gewicht sein und darf nicht im Hinblick auf den Kern der eigentlichen Mitteilung eine völlig untergeordnete Rolle ohne besonderen Informationswert spielen (OLG Köln, Beschluss vom 25.07.2013 - I-15 U 87/13 -, Rn. 73, juris). Nach diesen Maßstäben betrifft die Gegendarstellung keine bloße Belanglosigkeit, da der Durchschnittsrezipient davon ausgeht, dass die als ... vorgestellte ... über besondere Sachkunde verfügt und ihren Äußerungen daher ein erhöhtes Gewicht beimisst. Da das geschilderte Verhalten ... Anlass zu Kritik der Leserschaft geben kann, ist es persönlichkeitsrechtsrelevant, ob die Expertin sich konkret zu den Verhältnissen des Antragstellers geäußert hat.
Die Abdruckmodalitäten hat der Senat gemäß § 938 ZPO in Ausübung seines Ermessens unter Abwägung der grundrechtlich geschützten Rechtspositionen festgelegt. Die Überschrift "Gegendarstellung" ist in der Schriftgröße der Zwischenüberschrift zu drucken, wodurch eine angemessene Hervorhebung erfolgt (vgl. KG Berlin, Urteil vom 18.12.2008 - 9 U 188/08 -, Rn. 29, juris).
Der Senat kann entscheiden, ohne eine Stellungnahme der Antragsgegnerin zu dem Schriftsatz der Gegenseite vom 26.05.2023 abzuwarten. Denn dieser Schriftsatz des Antragstellers enthält kein vom Senat b...