Verfahrensgang
AG Berlin-Tempelhof-Kreuzberg (Beschluss vom 09.06.1998; Aktenzeichen 139 AR 107/98) |
AG Berlin-Tempelhof-Kreuzberg (Aktenzeichen 141 F 12317/95) |
Tenor
Die als sofortige Beschwerde vorgelegte Erinnerung der Antragstellerin gegen den Beschluß des Amtsgerichts Tempelhof-Kreuzberg vom 9. Juni 1998 wird nach einem Wert von 1.006,25 DM auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Gründe
Die als sofortige Beschwerde vorgelegte Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluß des Rechtspflegers vom 9. Juni 1998 ist zulässig. Sie hat in der Sache keinen Erfolg.
Das Amtsgericht hat zu Recht angenommen, daß keine Beweisgebühr gemäß § 31 Abs. 1 Nr. 3 BRAGO entstanden ist. Diese Gebühr hat zur Voraussetzung, daß der zum Prozeß- bzw. Verfahrensbevollmächtigten bestellte Rechtsanwalt die Partei im Beweisaufnahmeverfahren oder bei der Anhörung gemäß § 613 ZPO vertreten hat. Es kann hier nicht davon ausgegangen werden, daß im zugrunde liegenden Verfahren die hier allein in Betracht zu ziehende Anhörung nach § 613 ZPO erfolgt ist.
Dies ergibt sich allerdings noch nicht daraus, daß die bloße Zustimmung zur Scheidung keine persönliche Anhörung sei, sondern nur eine prozessuale Erklärung ähnlich der Stellung eines Antrages, durch die das Verfahrensziel klargestellt werde. Wie der 1. Zivilsenat des Kammergerichts wiederholt entschieden hat (siehe Beschluß vom 22. November 1985 – 1 WF 3866/85 – veröffentlicht in: JurBüro 1986, 1530; ferner Beschluß vom 7. April 1988 – 1 WF 2917/87 –), kann die an die Parteien des Scheidungsverfahrens gerichtete Frage, ob sie geschieden werden wollen, und deren schlicht bejahende Antwort durchaus als Anhörung nach § 613 ZPO angesehen werden. Denn diese setzt nicht voraus, daß der Richter die fraglichen Tatsachen als beweisbedürftig angesehen und bezweckt haben muß, sich gerade durch das Gespräch mit der Partei von der Wahrheit oder Unwahrheit einer beweisbedürftigen Tatsache zu überzeugen. Die persönliche Anhörung gemäß § 613 ZPO ist keine Maßnahme der Beweisaufnahme und ist mit einer solchen auch nicht vergleichbar. Sie bezweckt vielmehr neben der Aufklärung des Sachverhaltes auch die Sicherstellung, daß über höchstpersönliche Angelegenheiten wie die der Aufrechterhaltung der Ehe nicht entschieden wird, ohne daß sich die Parteien persönlich geäußert haben (vgl. KG, JurBüro 1986, 1530, 1531; Zöller/Vollkommer, ZPO, 21. Aufl., § 613 RdNr. 3). Diesem Ziel dient auch die Frage, ob die Parteien geschieden werden wollen.
Alles dies schließt aber andererseits in tatsächlicher Hinsicht die Möglichkeit nicht aus, daß das Gericht – sei es auch verfahrensfehlerhaft, oder auf Grund welcher Überlegungen auch immer – von einer Anhörung absieht. So bedarf es ausnahmsweise dann keiner persönlichen Anhörung, wenn sich das Gericht auf andere Weise eine genügend sichere Grundlage für seine Entscheidung verschaffen kann, etwa – wie hier der Fall – bei einer nachgewiesenen dreijährigen Trennung der Parteien (§ 1566 Abs. 2 BGB). Die Partei hat es in solchem Falle nicht in der Hand, dadurch, daß sie Erklärungen abgibt, eine gerichtliche Anhörung herbeizuführen und allein dadurch die Beweisgebühr des § 31 Abs. 1 Nr. 3 BRAGO auszulösen. Abgesehen davon, daß nicht jede mündliche Bekundung einer Partei in einer Ehesache als Anhörung im Sinne des § 613 ZPO angesehen werden kann, setzt diese jedenfalls voraus, daß das Gericht eine solche beabsichtigt (OLG Bamberg, JurBüro 1981, 391). Im gegebenen Fall fehlt es an der erforderlichen Glaubhaftmachung, daß das hier der Fall gewesen ist.
In der Sitzungsniederschrift vom 1. August 1996 findet sich zwar die Feststellung, die Antragsgegnerin stimme der Scheidung zu. Auch kann nach der Formulierung im Protokoll davon ausgegangen werden, daß die Erklärung persönlich von der Antragsgegnerin abgegeben worden ist. Dem steht jedoch die dienstliche Erklärung der Abteilungsrichterin vom 12. März 1998 entgegen, wonach eine Anhörung der Parteien nicht erfolgt sei, zumal die Behandlung des Rechtsstreits als Feriensache aufgehoben worden sei. Die Tatsache, daß sich das Gericht mit jener Erklärung begnügt und sie protokolliert hat, ergibt nichts anderes. Damit trug es lediglich der vom § 630 Abs. 2 ZPO vorgegebene Möglichkeit Rechnung, wonach die Zustimmung zur Scheidung in der mündlichen Verhandlung zur Niederschrift des Gerichts erklärt werden kann, und zwar von der Partei selbst. Letztlich ist die Sache nicht anders zu werten, als hätte die (befragte) Verfahrensbevollmächtigte der Antragsgegnerin die gleiche Erklärung abgegeben. Auch in diesem Fall wäre keine Beweisgebühr entstanden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Rinder, Feskorn, Hartung
Fundstellen