Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Gebührenermäßigung bei Verbundurteil, das als Folgesache allein den Versorgungsausgleich regelt bei Verzicht auf Tatbestand und Entscheidungsgründe zum Scheidungsausspruch

 

Leitsatz (amtlich)

Enthält ein als Folgesache allein den Versorgungsausgleich durchführendes Verbundurteil hinsichtlich des Scheidungsausspruchs gem. § 313a Abs. 2 und 4 Nr. 1 ZPO keinen Tatbestand und keine Entscheidungsgründe, kommt eine auf den Teilstreitwert der Scheidung begrenzte Gebührenermäßigung nach Nr. 1311 Nr. 2 des Kostenverzeichnisses zum GKG nicht in Betracht.

 

Normenkette

ZPO § 313a; KV-GKG Nr. 1311 Nr. 2

 

Verfahrensgang

AG Berlin-Tempelhof-Kreuzberg (Beschluss vom 08.03.2006; Aktenzeichen 179 AR 19/06)

AG Berlin-Tempelhof-Kreuzberg (Aktenzeichen 126 F 515/05)

 

Tenor

Auf Beschwerde des Bezirksrevisors wird unter Abänderung des Beschlusses des AG Tempelhof/Kreuzberg vom 8.3.2006 die Kostenrechnung vom 16.8.2005 aufgehoben.

Der Kostenbeamte des AG Tempelhof/Kreuzberg wird angewiesen, einen Kostenansatz unter Beachtung der Rechtsansicht des erkennenden Senats zu erlassen.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

1. Das AG - FamG - hat die Ehe der Parteien im Anschluss an den Termin vom 23.6.2005 mit Verbundurteil geschieden und zugleich die elterliche Sorge für das gemeinsame Kind der Antragstellerin übertragen. Die Entscheidung über den Versorgungsausgleich hat es ausgesetzt. Die Parteien haben sodann auf Rechtsmittel sowie auf die Darstellung von Tatbestand und Entscheidungsgründen im schriftlichen Urteil verzichtet. Mit Kostenrechnung vom 16.8.2005 hat der Kostenbeamte eine Gebühr nach Nr. 1310 KV-GKG aus dem Gesamtstreitwert für die Ehesache und den Versorgungsausgleich angesetzt und diese nach Nr. 1311 des Kostenverzeichnisses zum GKG ermäßigt. Zudem hat er für die Folgesache elterliche Sorge eine Gebühr nach Nr. 1310 KV-GKG berechnet. Der dagegen vom Vertreter der Landeskasse erhobenen Erinnerung hat der Kostenbeamte nicht abgeholfen und die Sache dem FamG zur Entscheidung vorgelegt. Dieses hat die Erinnerung zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Landeskasse. Ihrer Ansicht nach sind die Voraussetzungen von Nr. 1311 des Kostenverzeichnisses zum GKG nicht gegeben, weil es an einer Erledigung des gesamten Verfahrens i.S.d. § 313a Abs. 2 ZPO fehle.

2. Die gegen die Aufhebung des Kostenansatzes gerichtete Beschwerde der Landeskasse, über die der Senat gem. § 568 Satz 2 ZPO in seiner nach dem Gerichtsverfassungsgesetz vorgesehenen Besetzung entscheidet, ist gem. § 66 Abs. 1 und Abs. 2 GKG statthaft und auch verfahrensrechtlich bedenkenfrei, da das FamG die Beschwerde wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage zugelassen hat, § 66 Abs. 2 Satz 2 GKG. In der Sache führt das Rechtsmittel zum Erfolg. Nach Auffassung des Senats sind bei der hier zu beurteilenden Sachlage die Voraussetzungen für eine Gebührenermäßigung nach Nr. 1311 Kostenverzeichnis zum GKG nicht gegeben. Entgegen der Auffassung des FamG scheidet eine analoge Anwendung der Nr. 1311 Nr. 2 KV-GKG aus. Auch das Argument, dass sich anderenfalls das Scheidungsverfahren ggü. der früheren Rechtslage, wie sie vor dem Inkrafttreten des Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes (KostRMoG) bestand, erheblich verteuern würde, greift nicht. Es kann hier dahinstehen, ob bereits die bisherige kostenrechtliche Praxis, wonach die Urteilsgebühr um 0,5 ermäßigt wurde, wenn in der Ehesache auf Tatbestand und Entscheidungsgründe verzichtet wurde und in einer Folgesache eine begründete Entscheidung zu treffen war, vom GKG a.F. gedeckt war. Das Argument der Verteuerung des Scheidungsverfahrens ggü. der alten Rechtslage trifft schon deshalb nicht, weil es allein darum geht, unter welchen Voraussetzungen den Parteien die Rechtswohltat der Gebührenermäßigung zukommt. Zudem ist die nunmehr eingeräumte Gebührenermäßigung weitaus höher (Differenz von 1,5 Gebühren), zum anderen ist die Rechtslage allein auf Grund der nunmehr geltenden Neufassung des GKG zu beurteilen, die mit den Nr. 1310 und 1311 des Kostenverzeichnisses besondere Gebührentatbestände für Ehesachen, Lebenspartnerschaftssachen und Folgesachen enthält. Entscheidend kommt weiter hinzu, dass es sich bei der in Nr. 1311 Nr. 2 KV-GKG bestimmten Gebührenermäßigung um einen Ausnahmetatbestand handelt, der damit grundsätzlich nicht analogiefähig ist.

Ob eine Gebührenermäßigung nach Nr. 1311 Nr. 2 KV-GKG auch dann eintritt, wenn in einer Folgesache - wie hier hinsichtlich der Entscheidung über die elterliche Sorge und der noch ausstehenden Regelung des Versorgungsausgleichs - die Entscheidung zu begründen ist, weil die Parteien anders als zum Ausspruch der Ehescheidung auf eine Begründung nicht wirksam verzichten können (§ 313a Abs. 4 Nr. 1 ZPO), ist in der obergerichtlichen Rechtsprechung umstritten. Wie das OLG Zweibrücken, Beschl. v. 17.10.2005 - 6 WF 178/05, zitiert nach juris ausgeführt hat, setzt der Wortlaut des Ermäßi...

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