Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnungseigentumssache
Beteiligte
weitere Beteiligte zu 11) bis 66) wie aus dem Beschluß des Landgerichts Berlin vom 8. Dezember 1989 ersichtlich |
Verfahrensgang
AG Berlin-Charlottenburg (Aktenzeichen 70 II 183/85 (WEG)) |
LG Berlin (Aktenzeichen 191 T 138/86 (WEG)) |
Tenor
Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner wird zurückgewiesen.
Die Anschlußrechtsbeschwerde des Beteiligten zu 4) wird als unzulässig verworfen.
Von den Gerichtskosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde haben die Antragsgegner 16/17 und der Beteiligte zu 4) 1/17 zu tragen. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet in dieser Instanz nicht statt.
Der Geschäftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf 16.000,– DM festgesetzt.
Gründe
I.
Die Beteiligten sind die Wohnungs-bzw. Teileigentümer der im Rubrum näher bezeichneten Wohnanlage.
Gemäß notarieller Teilungserklärung vom 18. August 1980 teilte der Antragsgegner, der ursprünglich Alleineigentümer des Grundstücks war, das Eigentum am Grundstück in Wohnungseigentum und Teileigentum auf, wobei 63 Wohnungseigentumseinheiten auf Wohnungseigentümer, 12 Teileigentumseinheiten auf Läden und Hobbykeller und weitere 64 Teileigentumseinheiten auf im Tiefgaragenbereich befindliche Garagenplätze entfielen.
Durch Beschluß vom 8. Dezember 1989 hat das Landgericht unter Zurückweisung der sofortigen Beschwerde der Antragsgegner und unter Neufassung des Beschlusses des Amtsgerichts Charlottenburg vom 14. Mai 1986 nach Einholung schriftlicher Gutachten des Sachverständigen Dipl-Ing. U. S. vom 13. August 1987 und 16. Mai 1988 die Antragsgegner verpflichtet, einer Neuregelung der Verteilung der Lasten und Kosten entgegen § 10 der Gemeinschaftsordnung vom 18. August 1980 nicht nach den Miteigentumsanteilen, sondern nach den Wohn-/Nutzflächen der Wohnungs- bzw. Teileigentumseinheiten nach Maßgabe der im Beschlußtenor näher bezeichneten Aufstellung zuzustimmen. Gegen diesen Beschluß richten sich die rechtzeitig bei Gericht eingegangene Rechtsbeschwerde der Antragsgegner und die unselbständige Anschlußrechtsbeschwerde des Beteiligten zu 4).
II.
1.Rechtsbeschwerde der Antragsgegner:
Das gemäß § 45 Abs. 1 WEG in Verbindung mit § 27 FGG statthafte Rechtsmittel der Antragsgegner ist rechtzeitig und formgerecht eingelegt worden (§§ 22 Abs. 1, 29 FGG), sachlich aber nicht gerechtfertigt. Denn auf einem Rechtsfehler, auf den die weitere Beschwerde mit Erfolg allein gestützt werden kann (§ 27 FGG), beruht die angefochtene Entscheidung nicht.
Ohne Rechtsirrtum hat das Landgericht angenommen, daß die Antragsgegner verpflichtet sind, einer Änderung des in § 10 der Gemeinschaftsordnung festgelegten Kostenverteilungsschlüssels entsprechend den im Tenor des Beschlusses des Landgerichts genannten Miteigentumsanteilen (Vorschlag Nr. 1 des Sachverständigen Springer im Gutachten vom 13. August 1987: Miteigentumsanteile ermittelt unter Zugrundelegung der Wohn- und Nutzflächen der Eigentumseinheiten) zuzustimmen.
Zu Recht ist das Landgericht davon ausgegangen, daß im vorliegenden Fall wegen der ganz besonders gelagerten Umstände eine Änderung des in der Gemeinschaftsordnung festgelegten Kostenverteilungsschlüssels geboten ist. Es ist allerdings in der Rechtsprechung und im Schrifttum allgemein anerkannt, daß die Festlegung des Verteilungsschlüssels in der Teilungserklärung grundsätzlich für die Abrechnung und für die Festsetzung der Wohngelder bzw. der Wohngeldvorschüsse bindend ist und das Gericht sich darüber nicht mit der Erwägung hinwegsetzen darf, daß die in der Teilungserklärung getroffene Regelung unbillig sei oder den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung nicht entspreche. Es ist darüber hinaus anerkannt, daß jeder Wohnungseigentümer für Betriebskosten und Instandhaltungskosten in gleicher Weise auch dann aufkommen muß, wenn er bestimmte Einrichtungen wie z. B. Treppenhaus, Aufzug, Kinderspielplatz, Fahrradkeller oder Garageneinstellplätze nicht benutzt (vgl. BGHZ 92, 18 = NJW 1984, 2576).
Die Bindung an Vereinbarungen und Eigentümerbeschlüsse gilt aber nicht uneingeschränkt. Ein Wohnungseigentümer hat gegen die übrigen Teilhaber der Gemeinschaft einen gerichtlich durchsetzbaren Anspruch auf Änderung von Vereinbarungen oder Beschlüssen, wenn außergewöhnliche Umstände ein Festhalten an einer Vereinbarung oder an einem Eigentümerbeschluß als grob unbillig und damit als gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB) verstoßend erscheinen lassen, wobei bei der Prüfung, ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, ein strenger Maßstab anzulegen ist (vgl. hierzu BGHZ 95, 137, 141 ff. = NJW 1985, 2832; BayObLGZ 1985, 47, 50; BayObLGZ 1987, 66, 68 f.). Eine gerichtliche Änderung des Kostenverteilungsschlüssels kommt insbesondere dann in Betracht, wenn sich die Regelung in der Teilungserklärung im Zusammenleben der Wohnungseigentümer als von Anfang an verfehlt oder unzweckmäßig erweist, etwa weil sie zu wenig auf die Besonderheiten der jeweiligen Wohnungseigentümergemeinschaft abgestimmt ist (so BGHZ 95, 141).