Leitsatz (amtlich)

Für Verfahren in Familiensachen (hier: Sorgerechtsstreitigkeit), die in erster Instanz nach dem vor dem 01.09.2009 geltenden Verfahrensrecht zu behandeln waren, gilt in der Beschwerdeinstanz - insbesondere für die Einlegung eines Rechtsmittels - das vor dem 01.09.2009 geltende Verfahrensrecht auch dann, wenn die erstinstanzliche Entscheidung nach dem 01.09.2009 getroffen worden ist (Art. 111 FGG-RG).

 

Verfahrensgang

AG Berlin-Tempelhof-Kreuzberg (Aktenzeichen 178 F 16729/03)

 

Tenor

Der Antrag der Beschwerdeführerin auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren vom 22.12.2009 wird zurückgewiesen.

 

Gründe

Der Beschwerdeführerin kann auf den als Prozesskostenhilfeantrag auszulegenden Verfahrenskostenhilfeantrag keine Prozesskostenhilfe gewährt werden, weil die Beschwerde keine Aussicht auf Erfolg hat, § 114 ZPO.

Die Beschwerde ist unzulässig, da sie nicht innerhalb der Frist der §§ 621e Abs. 1 und 3, 517 ZPO a.F. bei dem KG als zuständigem Beschwerdegericht eingegangen ist.

Der angefochtene Beschluss vom 20.11.2009, mit der das Familiengericht der Beschwerdeführerin teilweise die elterliche Sorge hinsichtlich des Umgangs entzogen und eine Umgangspflegerin eingesetzt hat, ist der Verfahrensbevollmächtigten der Beschwerdeführerin am 27.11.2009 zugestellt worden. Hiergegen hat die Beschwerdeführerin mit dem Schriftsatz vom 22.12.2009, der ausweislich des Eingangsstempels am 23.12.2009 beim im Adressfeld genannten AG Tempelhof-Kreuzberg mit normaler Post eingegangen ist, Beschwerde eingelegt und Verfahrenskostenhilfe beantragt. Wegen der Einzelheiten wird auf den Beschwerdeschriftsatz Bezug genommen. Der Schriftsatz, der keinen Hinweis auf Eilbedürftigkeit enthält, ist in der Geschäftsstelle des AG nach den Weihnachtsfeiertagen am 28.12.2009, einem Montag, eingegangen. Am 29.12.2009 ist die Weiterleitung der Beschwerde an das KG verfügt worden, bei dem der Schriftsatz am 4.1.2010 eingegangen ist.

Die Beschwerde ist verspätet eingelegt worden, da die Beschwerdefrist von einem Monat am 28.11.2009 abgelaufen ist. Hierauf ist die Beschwerdeführerin mit der Verfügung des Vorsitzenden vom 15.1.2010, der Verfahrensbevollmächtigten zugegangen am 21.1.2010, hingewiesen worden.

Die Beschwerdeführerin hat sich hierauf mit dem am 1.2.2010 gefaxten Schriftsatz geäußert, hilfsweise Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt und die Beschwerde erneut eingelegt und begründet. Die Beschwerdeführerin ist der Ansicht, auf das Beschwerdeverfahren sei das seit dem 1.9.2009 geltende FamFG anzuwenden, so dass die Beschwerde beim AG einzulegen gewesen sei, was rechtzeitig erfolgt sei. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den o.g. Schriftsatz Bezug genommen.

Die Beschwerde ist entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin verspätet eingelegt worden und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird nicht bewilligt werden können.

Für das vorliegende Sorgerechtsverfahren gelten weiter die bis zum 31.8.2009 geltenden gesetzlichen Regelungen, da das Verfahren vor diesem Zeitpunkt, bereits durch den Antrag vom 24.11.2003, eingeleitet worden ist. Das ergibt sich aus Art. 111 Abs. 1 S. 1 FGG-RG. Nicht gefolgt werden kann der Ansicht der Beschwerde, aus Art. 111 Abs. 2 FGG-RG ergebe sich, dass für die Beschwerdeinstanz bereits das FamFG gelte, weil das gerichtliche Verfahren in der ersten Instanz mit einer Endentscheidung abgeschlossen worden sei. Dieser Auffassung steht der

klare Wortlaut der Begründung zu Art. 111 FGG-RG (BT-Drucks. 16/6308, S. 359) entgegen, wonach mit der Übergangsregelung gewährleistet werden solle, dass sich Gerichte und Beteiligte auf die geänderte Rechtslage einstellen können sollen und wegen der grundlegenden verfahrensrechtlichen Neuerungen durch das FGG-Reformgesetz" insbesondere auch im Hinblick auf den Rechtsmittelzug" das mit der Reform in Kraft getretene Recht auf bereits eingeleitete Verfahren sowie Verfahren, deren Einleitung bereits beantragt wurde, keine Anwendung finden. In der Begründung heißt es weiter:

"Die Übergangsregelung erstreckt sich einheitlich auf die Durchführung des Verfahrens in allen Instanzen gleichermaßen. Ist das Verfahren in erster Instanz noch nach dem bisherigen Recht eingeleitet worden, so erfolgt auch die Durchführung des Rechtsmittelverfahrens nach dem bisher geltenden Recht. Das betrifft auch den nach bisherigem Recht geltenden Instanzenzug. Ausschließlich soweit auch bereits das erstinstanzliche Verfahren nach den Vorschriften des FGG-Reformgesetzes durchzuführen war, richtet sich auch die Durchführung des Rechtsmittelverfahrens nach den Regelungen des FGG-Reformgesetzes."

Der Gesetzgeber hat diese Ansicht nicht durch die spätere Anfügung der Abs. 2 ff. zu Art. 111 FGG-RG revidiert. Wie sich aus der entsprechenden Begründung zum VAStrRefG (Art. 22) ergibt, wollte der Gesetzgeber mit dem angefügten Abs. 2, auf den sich die Beschwerdeführerin beruft, lediglich klarstellen, dass in Bestandsverfahren wie Betreuung, Vormundschaft oder Beistandschaft, die ih...

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