Verfahrensgang
AG Berlin-Tiergarten (Entscheidung vom 23.01.2019; Aktenzeichen 290 OWi 599/18) |
Tenor
1. Auf den Antrag des Betroffenen auf Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts wird der Beschluss des Amtsgerichts Tiergarten vom 23. Januar 2019 aufgehoben.
2. Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Tiergarten in Berlin vom 30. Oktober 2018 wird als verworfen.
3. Der Betroffene hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Gründe
I.
Das Amtsgericht Tiergarten hat den Betroffenen wegen eines fahrlässigen sog. qualifizierten Rotlichtverstoßes gemäß §§ 37 Abs. 2 (zu ergänzen: Nr. 1 Satz 7), 49 Abs. 3 Nr. 2 StVO nach § 24 (genauer: Abs. 1) StVG zu einer Geldbuße von 300,00 Euro verurteilt, nach § 25 Abs. 1 Satz 1 StVG ein einmonatiges Fahrverbot verhängt und nach § 25 Abs. 2 a StVG eine Bestimmung über dessen Wirksamwerden getroffen. Mit Schriftsatz vom 31. Oktober 2018 hat der Verteidiger Rechtsbeschwerde gegen das Urteil eingelegt, dessen Gründe dem empfangsberechtigten Rechtsanwalt am 17. Dezember 2018 zugestellt worden sind. Die Rechtsbeschwerdebegründung, mit der der Verteidiger die Verletzung sachlichen Rechts gerügt und das Verfahren beanstandet hat, ist am 10. Januar 2019 bei Gericht eingegangen. In Unkenntnis des Zugangs der begründeten Rechtsbeschwerdeanträge hat das Amtsgericht das Rechtsmittel mit dem dem Verteidiger am 30. Januar 2019 zugestellten Beschluss vom 23. Januar 2019 verworfen. Mit bei Gericht am 4. Februar 2019 eingegangenem Schriftsatz hat der Verteidiger die Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts gegen den zuvor genannten Beschluss des Amtsgerichts beantragt.
II.
1. Der Antrag auf Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts ist gemäß §§ 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG, 346 Abs. 2 Satz 1 StPO zulässig und auch begründet.
Der Beschluss des Amtsgerichts vom 23. Januar 2019 war aufzuheben.
Denn nach Zustellung der Urteilsgründe an den empfangsberechtigten Verteidiger am 17. Dezember 2018 ist die am 10. Januar 2019 bei Gericht eingegangene Rechtsbeschwerdebegründung des Verteidigers innerhalb der gesetzlichen Begründungsfrist von einem Monat ab Zustellung nach §§ 79 Abs. 4, Abs. 3 Satz 1, 345 Abs. 1 Satz 1 StPO rechtzeitig eingelegt worden.
2. Der Rechtsbeschwerde des Betroffenen, mit der er Verfahrensrügen und die im Einzelnen ausgeführte Sachrüge erhebt, bleibt aus den Gründen der Zuschrift der Generalstaatsanwaltschaft vom 28. Februar 2019, die dem Betroffenen bekannt gegeben worden ist, der Erfolg versagt.
Mit Blick auf den Schriftsatz des Verteidigers vom 21. März 2019 merkt der Senat lediglich ergänzend Folgendes an:
a) Die ordnungsgemäß ausgeführte Rüge der Verletzung des §§ 71 Abs. 1 OWiG, 275 Abs. 2 StPO, das Urteil sei durch den Richter nicht ordnungsgemäß unterzeichnet worden, bleibt erfolglos.
Der vorliegende Schriftzug genügt noch den Anforderungen an eine Unterschrift.
Der erkennende Richter hat das von ihm verfasste schriftliche Urteil zu unterschreiben (§ 275 Abs. 2 Satz 1 StPO). Weitere Anforderungen an das Schriftbild der Unterschrift sieht das Gesetz nicht vor. Mit der Unterschrift beurkundet der Berufsrichter die Übereinstimmung der Urteilsgründe mit dem Beratungsergebnis (Meyer-Goßner/Schmitt, StPO 61. Aufl., § 275 Rn. 19). Entsprechend diesem Normzweck kommt es - entgegen dem Rechtsbeschwerdevorbringen - maßgeblich darauf an, dass der Unterschrift auch die Urheberschaft zu entnehmen ist. Auch wenn die Unterschrift, die aus dem Familiennamen des Unterzeichnenden zu bestehen hat, nicht lesbar sein muss, so muss sie ihren Urheber erkennen lassen. Steht dies - wie im vorliegenden Fall auch vom Verteidiger vorgetragen - außer Frage, ist zur Akzeptanz der unleserlichen Unterschrift ein großzügiger Maßstab anzuwenden und zwar auch wegen der Variationsbreite, die selbst Unterschriften ein und derselben Person aufweisen. So ist es ausreichend, dass jemand, der den Namen des Unterzeichnenden und dessen Unterschrift kennt, den Namen aus dem Schriftbild herauslesen kann (ständige Rspr. des Senats vgl. Beschluss vom 2. Februar 2016 - 3 Ws (B) 60/16 juris m.w.N.; OLG Köln, Beschluss vom 19. Juli 2011 - III-1 RVs 166/11 -, Rn. 6, juris m.w.N.; OLG Düsseldorf JMinBl. NW 2002, 54 [55]). Das setzt allerdings voraus, dass mindestens einzelne Buchstaben zu erkennen sind, weil es sonst am Merkmal einer Schrift überhaupt fehlt (BGH NJW 1985, 1227; Senat aaO, OLG Köln aaO; Meyer-Goßner/Schmitt a.a.O. Einleitung Rdnr. 129 bezogen auf die Unterschrift eines Rechtsanwaltes bei bestimmenden Schriftsätzen m. w. N.). Diese Grenze individueller Charakteristik ist insbesondere bei der Verwendung bloßer geometrischer Formen oder einfacher (gerader oder nahezu gerader) Linien eindeutig überschritten (Senat aaO, BayObLG NStZ-RR 2003, 305).
Das handschriftliche Gebilde, mit dem der erkennende Richter das Urteil unterschrieben hat, steht für seinen Namen. Die erste geschwungene Linie lässt sich als eine stark vereinfachte Form des Anfangsbuchstabens "K" und der weitere kleinere geschwungene A...