Leitsatz (amtlich)

Bei einer Hinterlegung wegen Gläubigerungewissheit nach § 372 BGB gilt für den Anspruch des Gläubigers, der sich innerhalb von 30 Jahren bei der Hinterlegungsstelle gemeldet aber seine Berechtigung als Herausgabevoraussetzung nicht nachgewiesen hat, die Ausschlussfrist des § 22 BerlHintG. Diese kann nicht nach § 24 BerlHintG unterbrochen werden.

 

Normenkette

BerlHintG §§ 17, 22, 24; BGB § 382; EGGVG §§ 23-24, 28

 

Tenor

Der Antrag wird nach einem Wert von 32.754,07 EUR zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Das Rechtsmittel ist gemäß § 6 Abs. 3 BerlHintG i.V.m. § 23 EGGVG statthaft, allerdings ist es unzulässig. Gemäß § 24 Abs. 1 EGGVG ist der Antrag auf gerichtliche Entscheidung nur zulässig, wenn der Antragsteller geltend macht, durch die Maßnahme (den angefochtenen Justizverwaltungsakt) oder ihre Ablehnung in seinen Rechten verletzt zu sein. Daran fehlt es hier.

1. Gegenstand des angefochtenen Bescheids vom 15. August 2019 war die Zurückweisung der Beschwerde vom 23. April und 8. Mai 2019, mit der sich die Antragstellerin dagegen gewandt hatte, dass die Hinterlegungsstelle ihren Antrag vom 2. April 2019 auf Verlängerung der Ausschlussfrist zurückgewiesen und auch dem Auszahlungsantrag vom 27. September 2018 nicht stattgegeben hat. Zu beiden Begehren legt die Antragstellerin mit ihrem Antrag auf gerichtliche Entscheidung nicht dar, dass der Bescheid des Antragsgegners rechtswidrig sei.

a) Die Antragstellerin teilt vielmehr die - zutreffende - Auffassung des Antragsgegners, dass die Ausschlussfristen der §§ 22, 23 BerlHintG nicht verlängert werden können, weil eine solche Fristverlängerung gesetzlich nicht vorgesehen ist.

b) Die Antragstellerin legt auch nicht dar, dass sie entgegen der Entscheidung des Antragsgegners einen Anspruch auf Auszahlung von 32.754,07 EUR (entsprechend 64.061,41 DM) hat, ohne weitere Bewilligungen der übrigen Beteiligten des Hinterlegungsverfahrens beibringen zu müssen. Die Antragstellerin begehrt mit ihrem Antrag auf gerichtliche Entscheidung vielmehr die Feststellung, dass die Veranlassung zur Hinterlegung fortbestehe (§ 24 BerlHintG), um zukünftig noch die Möglichkeit zu haben, weitere Zustimmungen der übrigen Beteiligten vorzulegen. Dies ist unzulässig. Ein solcher Antrag war nicht Gegenstand des Beschwerdeverfahrens, weshalb das Unterlassen einer entsprechenden Feststellung auch nicht rechtswidrig gewesen sein und die Antragstellerin nicht in ihren Rechten verletzt haben kann.

2. Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist auch unzulässig, soweit die Antragstellerin hilfsweise beantragt, den hinterlegten Betrag nebst Zinsen an den "Rechtsnachfolger" des Hinterlegers Notar Dr. G ... auszukehren. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Antragstellerin insoweit antragsberechtigt wäre, obgleich sie den Auszahlungsantrag nicht auf ein eigenes Recht stützt (vgl. dazu Bülow/Schmidt, Hinterlegungsordnung, 4. Aufl., § 13 Rdn. 3). Die Auszahlung an Notar Dr. G ... war jedenfalls weder gegenüber der Hinterlegungsstelle noch im Beschwerdeverfahren gegenüber dem Antragsgegner beantragt, so dass die Unterlassung entsprechender Auszahlung nicht rechtswidrig gewesen sein kann und die Antragstellerin auch nicht in ihren Rechten verletzt haben kann.

II. Im Übrigen ist der Antrag auf gerichtliche Entscheidung aber auch unbegründet. Der angefochtene Bescheid ist nicht rechtswidrig und verletzt die Antragstellerin nicht in ihren Rechten, vgl. § 28 Abs. 2 S. 1 EGGVG.

1. Eine Fristverlängerung für die Ausschlussfrist war nicht zu gewähren, weil eine solche Verlängerung gesetzlich nicht vorgesehen ist.

2. Auch der Antrag auf Auszahlung von 32.754,07 EUR ohne Beibringen weiterer Zustimmungen der übrigen Beteiligten ist unbegründet.

Die Herausgabe einer bei der Hinterlegungsstelle hinterlegten Masse erfordert eine darauf gerichtete Herausgabeanordnung (§ 16 Abs. 1 BerlHintG). Diese ergeht auf Antrag, wenn die Berechtigung des Empfängers nachgewiesen ist (§ 17 Abs. 1 BerlHintG). Der Nachweis ist gemäß § 17 Abs. 3 BerlHintG namentlich als geführt anzusehen, wenn die Beteiligten die Herausgabe an den Empfänger schriftlich bewilligt oder seine Empfangsberechtigung in gleicher Weise anerkannt haben (§ 17 Abs. 3 Nr. 1 BerlHintG), oder wenn die Berechtigung des Empfängers durch rechtskräftige Entscheidung mit Wirkung gegen die Beteiligten oder gegen das Land festgestellt ist (§ 17 Abs. 3 Nr. 2 BerlHintG). Beteiligte sind dabei gemäß § 4 Abs. 2 BerlHintG sämtliche Personen, die vom Hinterleger schriftlich als (mögliche) Empfänger des Hinterlegungsgegenstandes bezeichnet worden sind.

Die Antragstellerin ist nicht durch Ablauf von Ausschlussfristen (nur) für die anderen Beteiligten alleinige mögliche Berechtigte geworden. Zwar erlischt bei einer Hinterlegung nach §§ 372 ff BGB (Hinterlegung als Erfüllungssurrogat) gemäß § 382 BGB der Anspruch des Gläubigers auf den hinterlegten Betrag mit dem Ablauf von 30 Jahren ab Empfang der Anzeige von der Hinterlegung, wenn nicht der Gläubiger sich vorher bei der Hinterlegungsstelle...

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