Entscheidungsstichwort (Thema)
Zerrüttung i.S.v. Art. 166 des türkischen ZGB
Leitsatz (amtlich)
Zu den Anforderungen an den Nachweis der Zerrüttung i.S.v. Art. 166 des türkischen ZGB.
Normenkette
türkisches ZGB Art. 166
Verfahrensgang
AG Berlin-Tempelhof-Kreuzberg (Beschluss vom 11.03.2005; Aktenzeichen 166 F 95/05) |
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers vom 23.3.2005 gegen den Beschluss des AG Tempelhof-Kreuzberg vom 11.3.2005 - 166 F 95/05 - wird zurückgewiesen.
Gründe
Die gem. § 127 Abs. 2 S. 2 ZPO statthafte und zulässige Beschwerde ist unbegründet.
Das Scheidungsbegehren des Antragstellers hat keine Aussicht auf Erfolg. Auf die Ehescheidung findet gem. Art. 17 Abs. 1 S. 1, 14 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB türkisches Recht Anwendung. Wie das FamG zutreffend ausführt, hat der Antragsteller keinen der im türkischen Zivilgesetzbuch vorgesehenen Scheidungstatbestände hinreichend dargetan. Für die Scheidung wegen Zerrüttung nach Art. 166 ZGB genügt nicht das Getrenntleben der Eheleute. Der Tatbestand der Zerrüttung ist mit dem deutschen § 1365 BGB nicht identisch. Es gibt auch keine Vermutung der Zerrüttung wie in § 1366 BGB. Vielmehr verlangt die Zerrüttung nach der Rechtsprechung des türkischen Kassationshofs (s. Rumpf, FamRZ 1993, 1209 m.w.N.) eine objektive, schwerwiegende Störung der ehelichen Verhältnisse. Kleinere alltägliche Streitigkeiten reichen nicht aus, es muss sich um schwere Konflikte von gewisser Dauer handeln, die die positive Einstellung beider Ehegatten oder eines von ihnen und zu seinen ehelichen Verpflichtungen grundsätzlich in Frage stellen. Des Weiteren muss die Störung der ehelichen Verhältnisse zumindest für einen Ehegatten unerträglich geworden sein.
Hierfür genügt nicht, wenn der Antragsteller - wie im Schriftsatz vom 20.5.2005 - pauschal die Haushaltsführung der Ehefrau oder die nicht näher ausgeführte Vernachlässigung des gemeinsamen Kindes oder ihr soziales Verhalten beanstandet. Ein schwerwiegender Konflikt ist hierin nicht zu erkennen. Ebenso wenig ist in der Vereinnahmung bestimmter Gelder ein schwerer Verstoß gegen eheliche Pflichten zu sehen, zumal nicht vorgetragen wird, in welchem Umfang der Antragsteller seiner Frau Haushaltsgeld zur Verfügung gestellt hat und ob er der Vereinnahmung des Mutterschafts- und Kindergeldes widersprochen hat.
Das Getrenntleben der Ehegatten genügt für die Annahme einer Zerrüttung nicht, solange kein Antrag an das Gericht wegen Verlassens (Art. 164 S. 3 ZGB) gestellt worden ist (Bergmann/Ferid, Int. Familienrecht, Türkei, S. 37, m.w.N.).
Hinsichtlich der vorgetragenen Rechtsmissbräuchlichkeit des Widerspruchs wird auf die zutreffenden Gründe des Nichtabhilfebeschlusses verwiesen.
Fundstellen
Haufe-Index 1378882 |
FuR 2005, 422 |
FamRBint 2006, 23 |
NJOZ 2005, 2978 |
OLGR-Ost 2005, 817 |