Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnungseigentumssache
Verfahrensgang
AG Berlin-Wedding (Aktenzeichen 70 II 96/87 (WEG)) |
LG Berlin (Aktenzeichen 191 T 170/88 (WEG)) |
Tenor
Die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1) und 2) gegen den Beschluß des Landgerichts Berlin vom 30. August 1989 – 191 T 170/88 (WEG) – wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerdeführer haben als Gesamtschuldner die Gerichtskosten des Erst- und Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen; außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Der Wert des Erst- und Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 83.000,– DM festgesetzt.
Gründe
Die Wohnungseigentümergemeinschaft hat durch Mehrheitsbeschluß vom 21. Juli 1987 die damals vorhandene Instandhaltungsrücklage von 83.788,55 DM bis auf einen Restbetrag von 368,34 DM aufgelöst. Das Amtsgericht Wedding hat durch Teilbeschluß vom 25. April 1988 auf den Anfechtungsantrag des Beteiligten zu 3) diesen Beschluß für ungültig erklärt. Das Landgericht hat mit seiner als Teilbeschluß bezeichneten Entscheidung vom 30. August 1989 die Erstbeschwerde der Beteiligten zu 1) und 2) zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1) und 2).
Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet.
1. Das Landgericht hat seinen Beschluß verfahrensfehlerhaft als Teilbeschluß bezeichnet. Denn es hat über die Erstbeschwerde in vollem Umfang entschieden und deshalb nicht nur einen Teilbeschluß erlassen. Rechtsfehlerhaft hat das Landgericht deshalb auch eine Kostenentscheidung nicht getroffen. Das nötigt jedoch nicht zu einer Änderung der Entscheidung. Denn die Bezeichnung des Beschlusses ist unbeachtlich. Über die Kosten des Erstbeschwerdeverfahrens kann das Rechtsbeschwerdegericht selbst von Amts wegen entscheiden.
2. Rechtsfehlerfrei hat das Landgericht entschieden, daß die in der Wohnungseigentümerversammlung vom 21. Juli 1987 beschlossene Auflösung der Instandhaltungsrücklage bis auf einen Rest vom 368,34 DM den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung widersprach. Das Landgericht hat den Rechtsbegriff der ordnungsmäßigen Verwaltung nicht verkannt. § 21 Abs. 5 Nr. 4 WEG schreibt bindend vor, daß die Grundsätze ordnungsmäßiger Verwaltung es gebieten, eine angemessene Instandhaltungsrücklage zu bilden (Bärmann/Pick/Merle, WEG, 6. Aufl., § 21 Rdn. 97). Die durch die Bildung der Rücklage geschaffene Bindung, das Geld zur Instandsetzung der Wohnungseigentumsanlage zu verwenden, können die Wohnungseigentümer daher nachträglich nicht wieder aufheben. (OLG Frankfurt MDR 1974, 848). Die vollständige Auflösung einer vorhandenen Rücklage durch Mehrheitsbeschluß widerspricht deshalb regelmäßig den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung.
Einen Fall einer vollständigen Auflösung der Instandhaltungsrücklage hat das Landgericht verfahrensfehlerfrei festgestellt. Zwar ist ein Restbetrag von 368,34 DM auch nach dem angefochtenen Wohnungseigentümerbeschluß noch vorhanden gewesen. Es ist aber offensichtlich, daß für das 1908 gebaute, aus 25 Eigentumswohnungen bestehende Haus ein so geringer Betrag nicht angemessen i. S. von § 21 Abs. 5 Nr. 4 WEG sein kann. Der angefochtene Wohnungseigentümerbeschluß ist daher so zu würdigen, als sei durch ihn die Instandhaltungsrücklage restlos aufgelöst worden.
Die von den Rechtsbeschwerdeführern vertretene Ansicht, die Auflösung der Instandhaltungsrücklage widerspreche den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung deshalb nicht, weil schon in dem damals laufenden Wirtschaftsjahr 1987/88 eine neue Rücklage von 15.000,– DM angesammelt werden sollte, trifft nicht zu. Zum einen können solche spätere Vorgänge die inhaltliche Fehlerhaftigkeit des angefochtenen Wohnungseigentümerbeschlusses nachträglich nicht heilen. Zum anderen könnte diese Tatsache es allenfalls rechtfertigen, die laufenden Beiträge zur Instandhaltungsrücklage zu vermindern oder die schon vorhandene Rücklage auf eine angemessene Höhe zurückzuführen. Die restlose Auflösung in der Erwartung, die Beiträge zu der neuen Rücklage würden rechtzeitig und in der im Wirtschaftsplan geforderten Höhe regelmäßig eingehen, widerspricht jedenfalls den Grundsätzen ordnungmäßiger Verwaltung.
Entgegen der vom Landgericht vertretenen Ansicht bedarf es daher keiner Erörterung, ob die Mehrheit der Wohnungseigentümer sich bei der Beschlußfassung über die Auflösung der Rücklage von weiteren sachfremden Erwägungen hat leiten lassen. Denn auch ohne solche weiteren Erwägungen widerspricht – wie oben dargelegt – der angefochtene Wohnungseigentümerbeschluß den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung.
Das Landgericht hat festgestellt, daß ein Teilbetrag von 3.420,21 DM der Instandhaltungsrücklage dadurch aufgelöst worden ist, daß eine Forderung gegen den ausgeschiedenen Wohnungseigentümer G. als uneinbringlich ausgebucht und der entsprechende Betrag offensichtlich dem Wohngeldkonto gutgeschrieben worden ist. Es bedarf keiner Entscheidung, ob diese Maßnahme ordnungsmäßiger Verwaltung entsprach. Denn selbst wenn das der Fall sei...