Leitsatz (amtlich)
§ 141 Abs. 3 ZPO bietet keine Rechtsgrundlage für die Verhängung eines Ordnungsgeldes unmittelbar gegen den gesetzlichen Vertreter einer juristischen Person.
Verfahrensgang
LG Berlin (Beschluss vom 03.08.2009; Aktenzeichen 12 O 112/08) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Geschäftsführers der Klägerin vom 19.8.2009 wird der Ordnungsgeldbeschluss der Zivilkammer 12 des LG Berlin vom 3.8.2009 aufgehoben.
Der Beschwerdewert beträgt 450 EUR.
Gründe
I. Das LG Berlin hat am 2.2.2009 das persönliche Erscheinen des Geschäftsführers der Klägerin zum Zwecke der gütlichen Einigung und Sachverhaltsaufklärung angeordnet. Der Geschäftsführer der Klägerin ist im Termin am 3.8.2009 nicht erschienen. Der Klägervertreter, Rechtsanwalt K., hat erklärt, er sei dazu in der Lage, sämtliche Erklärungen abzugeben. Mit Beschluss vom 3.8.2009 hat das LG gegen den Geschäftsführer wegen seines Nichterscheinens trotz ordnungsgemäßer Ladung ein Ordnungsgeld i.H.v 450 EUR ersatzweise für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, für je 150 EUR ein Tag Ordnungshaft festgesetzt. Gegen diesen Beschluss hat der Geschäftsführer der Klägerin mit einem am 19.8.2009 beim LG Berlin eingegangenen Schriftsatz sofortige Beschwerde eingelegt und zur Begründung ausgeführt, dass der Geschäftsführer der Klägerin - jedenfalls nach Information der Prozessbevollmächtigten - nicht persönlich geladen worden sei. Zudem habe der Prozessbevollmächtigte Rechtsanwalt K. ausgeführt, dass der Geschäftsführer die Einzelheiten des streitgegenständlichen Vorbringens nur oberflächlich kenne und er, der Prozessbevollmächtigte i.S.d. § 278 ZPO zur Abgabe sämtlicher Erklärungen, die zur Erledigung oder zur Sachaufklärung notwenig sind, berechtigt sei.
Mit Beschluss vom 19.10.2009 hat das LG der Beschwerde nicht abgeholfen und hat die Beschwerde dem KG vorgelegt.
II. Die zulässige Beschwerde ist begründet.
Der Ordnungsgeldbeschluss war aufzuheben, weil er nicht gegen die Klägerin, sondern gegen den Geschäftsführer der Klägerin angeordnet worden ist.
Gemäß § 141 Abs. 1 Satz 1 ZPO kann das Gericht das persönliche Erscheinen einer Partei zur Sachaufklärung anordnen. Bei juristischen Personen kommt nur die Anhörung des gesetzlichen Vertreters in Betracht (Zöller, ZPO, 26. Aufl., § 141 Rz. 2). § 141 Abs. 3 ZPO sieht die Möglichkeit vor, gegen eine Partei, die trotz Anordnung des persönlichen Erscheinens im Termin ausbleibt, ein Ordnungsgeld wie gegen einen zu einem Vernehmungstermin nicht erschienen Zeugen festzusetzen. Diese Norm bietet keine Rechtsgrundlage für die Verhängung eines Ordnungsgeldes unmittelbar gegen den gesetzlichen Vertreter einer juristischen Person. Dies folgt schon aus dem Wortlaut des § 141 Abs. 3 ZPO, wonach gegen die "Partei" ein Ordnungsgeld verhängt werden kann. Der gesetzliche Vertreter tritt durch seine Funktion nicht an die Stelle der Partei. Prozesspartei bleibt weiterhin die juristische Person selbst. Zum anderen spricht auch der Umstand, dass mit der Möglichkeit, die Parteien vorzuladen, das Ziel verfolgt wird, den entscheidungserheblichen Sachverhalt so umfassend und so rasch wie möglich zu klären und zu einer der materiellen Rechtslage möglichst gerecht werdenden Entscheidung zu gelangen, dafür, dass auch die Partei selbst und nicht ihr gesetzlicher Vertreter die durch das Nichterscheinen bedingten Folgen zu tragen hat. Denn der Partei und nicht ihrem gesetzlichen Vertreter obliegt es, das Verfahren zu fördern (so auch OLG Frankfurt OLGReport Frankfurt 2005, 681; KG KGReport Berlin 2007, 837; LAG Düsseldorf MDR 2007, 678; LAG Hamm MDR 1999, 825; Baumbach/Lauterbach, ZPO, 67. Aufl., § 141 Rz. 30). Das zur Begründung der Gegenauffassung (OLG Nürnberg OLGReport Nürnberg 2001, 290; OLG Dresden, Beschl. v. 29.4.2002 - 11 W 583/02; Zöller, a.a.O., § 141, Rz. 14) vorgetragene Argument, nur durch eine Sanktion gegen den gesetzlichen Vertreter persönlich könne der Zweck der Sanktion, die Förderung von Sachaufklärung und einvernehmlichen Lösungen erreicht werden, überzeugt nicht.
Auch eine GmbH spürt den Betrag und kann den Geschäftsführer zur Rechenschaft ziehen (Baumbach/Lauterbach, a.a.O., § 141, Rz. 30).
Eine Kostenentscheidung war nicht zu treffen. Die durch dieses Verfahren entstehenden Kosten sind Teil der Kosten des Rechtsstreits, die die unterlegene Partei nach § 91 ZPO zu tragen hat.
Fundstellen
Haufe-Index 2280061 |
PU 2010, 44 |