Entscheidungsstichwort (Thema)

Nachlassspaltung bei Miteigentum und Miterbenanteil an DDR-Grundstück

 

Leitsatz (amtlich)

1. Gehört zum Nachlass eines zwischen dem 1.1.1976 und dem 2.10.1990 mit letztem Wohnsitz in den alten Bundesländern verstorbenen Erblassers ein Miteigentumsanteil an einem in der ehemaligen DDR belegenen Grundstück und ist er an dem weiteren Miteigentumsanteil im Rahmen einer Erbengemeinschaft beteiligt, so tritt nur hinsichtlich des ersteren Nachlassspaltung ein, während die gesamthänderische Beteiligung zum „Westvermögen” des Erblassers gehört.

2. Hat der Erblasser in einem Testament verfügt, dass eine Person seinen Nachlass verteilen und den größten Anteil erhalten soll und weitere Personen jeweils Geldbeträge erhalten sollen, so kann darin eine Alleinerbeinsetzung der erstgenannten Person liegen.

3. Hat der nach BGB beerbte Erblasser in dieser Weise eine Person zu seinem Alleinerben eingesetzt, so gilt die Erbeinsetzung auch für das der Nachlassspaltung unterliegende Grundvermögen in der ehemaligen DDR, sofern das Testament keinen Anhaltspunkt für die Annahme enthält, dass sich die Erbeinsetzung nicht auch auf den abgespaltenen Nachlass bezieht.

4. Bei der gem. § 133 BGB vorzunehmenden Auslegung eines Briefs als Testament sind an die Feststellung, dass er vom Erblasser mit ernstlichem Testierwillen verfasst worden ist, strenge Anforderungen zu stellen.

 

Normenkette

BGB §§ 2032, 2087, 2247; RAG-DDR § 25 Abs. 2

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Beschluss vom 16.11.2001; Aktenzeichen 83 T 102 u. 123/99)

AG Berlin-Tiergarten (Beschluss vom 08.07.1998; Aktenzeichen 60a VI 245/97)

 

Tenor

Der angefochtene Beschluss und der Beschluss des AG Tiergarten vom 8.7.1998 werden aufgehoben.

Das AG Tiergarten wird angewiesen, der Beteiligten zu 1) bei Vorliegen der kostenrechtlichen Voraussetzungen den am 22.4.1997 beantragten Erbschein mit der Maßgabe zu erteilen, dass sie in Bezug auf das Eigentum und andere Rechte an Grundstücken und Gebäuden in der ehemaligen DDR Alleinerbin der Erblasserin in Anwendung des Zivilgesetzbuchs der DDR ist.

 

Tatbestand

Die im Jahre 1976 mit letztem Wohnsitz im ehemaligen Westteil Berlins verstorbene Erblasserin war als Alleinerbin ihres im Jahre 1975 vorverstorbenen Ehemannes Miteigentümerin zu 1/2 an einem in der ehemaligen DDR belegenen Grundstück und an dem weiteren hälftigen Miteigentumsanteil als Mitglied der nunmehr aus ihr und dem Beteiligten zu 2)) (dem Sohn des Ehemannes aus erster Ehe) bestehenden ungeteilten Erbengemeinschaft (nach der ersten Ehefrau und Mutter des Beteiligten zu 2)) beteiligt. Sie hinterließ ein Testament vom 14.1.1976 folgenden Inhalts:

„Mein letzter Wille:

(Name der Erblasserin)

Meine Nichte (Name und Anschrift der Beteiligten zu 1) wird bitte mein Nachlaß verteilen. Sie erhält den größten Anteil. Meine Nichte (Name der Beteiligten zu 3) und meine beiden Geschwister … sollten sie nach meinem Ableben noch am Leben sein.

Jeder je 1.000 Mark

(Name des Beteiligten zu 2) 1.000 Mark

(Name einer weiteren Person) 1.000 Mark.”

Es folgen Datum, Name und Anschrift der Erblasserin.

Aufgrund dieses Testaments nahm die Beteiligte zu 1) – unbeanstandet von den übrigen Beteiligten – im Jahre 1976 die Nachlassregulierung vor, wobei sie von dem vorverstorbenen Ehemann der Erblasserin herrührende Gegenstände dem Beteiligten zu 2) auf seinen Wunsch überließ.

In notarieller Erbscheinsverhandlung vom 22.4.1997 hat die Beteiligte zu 1) die Erteilung eines Erbscheins beantragt, der sie als Alleinerbin der Erblasserin sowohl in Bezug auf das Eigentum und andere Rechte an Grundstücken und Gebäuden in der ehemaligen DDR als auch in Bezug auf das übrige Vermögen der Erblasserin ausweisen soll. Der Beteiligte zu 2) ist dem Antrag entgegengetreten und hat zunächst geltend gemacht, es habe noch einen Anhang zu dem Testament gegeben, in dem er bedacht worden sei. Diesen habe die Beteiligte zu 1) am Abend des Todestages der Erblasserin ebenfalls vorgelesen und an sich genommen. Ein großer Umschlag mit der Aufschrift „für W.” sei beigefügt gewesen, in dem sich das Grundstück betreffende Unterlagen befunden hätten. Im März 1998 hat er ein an ihn gerichtetes Schreiben der Erblasserin vom 26.5.1976 beim Nachlassgericht eingereicht, das als Testament eröffnet wurde. Es lautet:

„Lieber W.!

Das Schlafzimmer u. Nähmaschine gehört Dir sowie der kleine Rauchtisch und die Uhr. Der Fernseher mit Zubehör, der kleine Weihnachtsbaum mit Zubehör, dass Bild Deiner lieben guten Mutter noch ein paar anderen auch von Dir. Was Du dann noch gerne zum Andenken haben möchtest sagst Du meiner Schwester F.

Ich grüße Dich herzlich auch U. (Ehefrau des Beteiligten zu 2)) eure Mutz und Dein Teppich.”

Gestützt auf dieses Schreiben hat der Beteiligte zu 2) sodann die Erteilung eines Alleinerbscheins hinsichtlich des in der ehemaligen DDR belegenen unbeweglichen Nachlasses beantragt.

Das AG hat den Erbscheinsantrag der Beteiligten zu 1) zurückgewiesen und durch Vorbescheid die Erteilung des von dem Beteiligten zu 2) beantragten Erbs...

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