Verfahrensgang
LG Berlin (Entscheidung vom 11.09.2006; Aktenzeichen 16 O 188/06) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegner, die im Übrigen zurückgewiesen wird, wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Berlin vom 11. September 2006 - 16 O 188/06 - abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die nach dem Beschluss des Landgerichts Berlin vom 7. März 2006 von den Antragsgegnern jeweils zu 1/3 an die Antragstellerin zu erstattenden Kosten des einstweiligen Verfügungsverfahrens werden auf 5.790,08 EUR festgesetzt.
Die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Antragstellerin zu 1/4 und die Antragsgegner zu 3/4.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf bis zu 2.500,00 EUR festgesetzt.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I.
Die Antragstellerin, ein Unternehmen mit Sitz in der Schweiz, ist Inhaberin einer geschützten Marke für Stühle. Dabei handelt es sich um eine sog. IR-Marke nach dem Madrider Markenschutzabkommen (MMA), nicht um eine europäische Gemeinschaftsmarke. Die Antragstellerin, die über keine eigene Rechtsabteilung verfügt, hat über die in der Schweiz ansässigen Rechtsanwälte M & L ihre Berliner Verfahrensbevollmächtigten damit beauftragt, eine einstweilige Verfügung gegen die Antragsgegner zu erwirken, mit der diesen der Vertrieb bestimmter Stühle untersagt werden sollte, die den durch die Marke der Antragstellerin geschützten Stühlen gleichen. Das Landgericht Berlin hat die beantragte einstweilige Verfügung erlassen.
Mit dem angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluss, der der Antragsgegnerin am 15. September 2006 zugestellt wurde, hat die Rechtspflegerin am Landgericht neben den - unstreitigen - Kosten der Berliner Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin eine 1,3-Verfahrensgebühr gemäß §§ 2, 13 RVG VV 3100 zum Wert von 200.000,00 EUR sowie die Pauschale gemäß VV 7200, zusammen 2.380,80 EUR für die Schweizer Rechtsanwälte M & L festgesetzt. Hiergegen richtet sich die am 28. September 2006 eingelegt sofortige Beschwerde der Antragsgegner. Die Antragsgegner machen geltend, die Einschaltung der Schweizer Rechtsanwälte M & L sei nicht erforderlich gewesen. Markenvertreter nach § 140 Abs. 3 MarkG könnten nur deutsche Rechtsanwälte sein; die Schweizer Anwälte verfügten über keine Kenntnis des deutschen Rechts. Eine analoge Anwendung des § 140 Abs. 3 MarkG sei ausgeschlossen. Zudem verstoße die Beauftragung der Schweizer Anwälte durch die Antragstellerin gegen die Schadensminderungspflicht. In diesem Zusammenhang weisen sie darauf hin, dass, was unstreitig ist, die Berliner Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin diese in zahlreichen gleichgelagerten Fällen vertreten, so dass diese aufgrund ihrer markenrechtlichen Kenntnisse dazu in der Lage seien, den Fall allein rechtlich zu beurteilen. Deshalb sei die Einschaltung von Patentanwälten nicht erforderlich gewesen. Die Antragstellerin meint, die Schweizer Rechtsanwälte M & L seien nach Ausbildung und Funktion deutschen Patentanwälten vergleichbar, so dass deren Kosten in gleicher Höhe zu erstatten seien, wie die Kosten für die Einschaltung von Patentanwälten.
Der Einzelrichter hat mit Beschluss vom 16. November 2006 die grundsätzliche Bedeutung der Sache angenommen und das Verfahren dem Beschwerdegericht zur Entscheidung in der im Gerichtsverfassungsgesetz vorgeschriebenen Besetzung übertragen.
II.
Die gemäß § 11 Abs. 1 RpflG in Verbindung mit § 104 Abs. 3 Satz 1 ZPO zulässige sofortige Beschwerde der Antragsgegner ist teilweise begründet.
1.
Zu Recht beanstanden die Antragsgegner die Festsetzung einer 1,3-Verfahrensgebühr nach RVG VV 3100 für die Schweizer Rechtsanwälte M & L . Die Frage, ob und ggfs. unter welchen Voraussetzungen die Kosten ausländischer Anwälte als Patentanwaltskosten erstattungsfähig sind, wird in Rechtsprechung Schrifttum nicht einheitlich beantwortet. Teilweise wird die Auffassung vertreten, Patenanwalt sei nur derjenige, der in der Liste der Patentanwälte beim DPMA geführt wird (OLG Karlsruhe, GRUR 1967, 217; von Eicken, Kostenfestsetzung, 19. Aufl. Rdnr. B 542 m.w.N.). Demgegenüber wurde jedenfalls für den EG-Bereich schon zum Zeitpunkt der Einlegung der Beschwerde ganz überwiegend die Auffassung vertreten, dass die Kosten von Patent- und Markenanwälten mit Sitz im Ausland, die nach Ausbildung und Funktion deutschen Patent- bzw. Markenanwälten entsprechen, erstattungsfähig sind (OLG Düsseldorf, GRUR 1988, 761; OLG Zweibrücken, GRUR-RR 2004, 343; OLG Koblenz, GRUR-RR 2002, 127; Fezer, Markenrecht, 3. Aufl., § 140 Rdnr. 20 m.w.N.; Benkar, Patentgesetz, 10. Aufl., § 143 Rdnr. 22). Im Ergebnis hat sich zwischenzeitlich auch der Bundesgerichtshof (Rpfleger 2007, 626 f.) der zuletzt genannten Auffassung angeschlossen und entschieden, dass bei Mitwirkung eines Patentanwalts aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Union dessen Gebühren gemäß § 140 Abs. 3 Satz 3 MarkG, 13 RVG erstattungsfähig sind. Voraussetzung sei allerdings, dass der ausländische Patentanwalt in Kennzeichnungsstreitsachen nac...