Leitsatz (amtlich)

Zur erheblichen Wahrscheinlichkeit der Vortäuschung:

Der Versicherungsnehmer einer Teilkaskoversicherung hat den behaupteten Diebstahl seines Fahrzeuges mit erheblicher Wahrscheinlichkeit vorgetäuscht, wenn das Fahrzeug nach einem Unfall durch nächtliches Auffahren auf am Straßenrand parkende Fahrzeuge und Verlust des Nummernschildes zunächst zu der Wohnanschrift des Versicherungsnehmers und damit dem Tatort der behaupteten Entwendung zurückgefahren, sodann von dort wieder entfernt und einige Straßen weiter geparkt wurde, Einbruchspuren am Fahrzeug nicht festgestellt worden sind, und der Versicherungsnehmer im Besitz der Fahrzeugschlüssel den Diebstahl ca. 40-50 Minuten nach dem Unfall in alkoholisiertem Zustand bei der Polizei anzeigt.

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Beschluss vom 15.12.2009; Aktenzeichen 41 O 126/09)

 

Tenor

In dem Rechtsstreit T. ./. A.V.-AG wird der Kläger gem. § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO darauf hingewiesen, dass beabsichtigt ist, seine Berufung gegen das Urteil der Zivilkammer 41 des LG Berlin vom 15.12.2009 durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen.

 

Gründe

Die Voraussetzungen für eine Zurückweisung der Berufung nach § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO sind erfüllt, weil die Berufung keine Aussicht auf Erfolg hat, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert.

Das LG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Auch das zweitinstanzliche Vorbringen des Klägers rechtfertigt keine andere Entscheidung.

Wie das LG in dem angefochtenen Urteil zutreffend ausgeführt hat, steht dem Kläger gegen die Beklagte kein Anspruch auf Versicherungsleistungen aus § 1 VVG in Verbindung mit den Versicherungsbedingungen AKB (Stand 1.9.2006) zu.

Zwar ist das Bestehen eines Kraftfahr-Versicherungsvertrags zwischen den Parteien unstreitig. Auch mag der Kläger das sog. äußere Bild eines bedingungsgemäß versicherten Diebstahls schlüssig dargelegt haben, indem er vorgetragen hat, das Fahrzeug an einer bestimmten Stelle zu einem bestimmten Zeitpunkt abgestellt und es dort später gegen seinen Willen nicht wieder vorgefunden zu haben (vgl. BGH VersR 1995, 909, 910; Römer, NJW 1996, 2329 f.).

Die Beklagte hat aber konkrete (vgl. BGH VersR 1990, 45, 46), größtenteils unstreitige Tatsachen vorgetragen, aus denen sich nach der Lebenserfahrung der Schluss ziehen lässt, dass der Kläger den behaupteten Diebstahl mit erheblicher Wahrscheinlichkeit nur vorgetäuscht hat.

Unter diesen Umständen stellt es entgegen der Ansicht des Klägers weder eine fehlerhafte Beweiswürdigung noch eine Verletzung des rechtlichen Gehörs dar, wenn das LG nicht weiter prüft, ob der Kläger das äußere Bild des behaupteten Diebstahls durch seine Angaben im Rahmen seiner persönlichen Anhörung auch bewiesen hat oder nicht, da auf Grund des Vorliegens einer Vielzahl von Indiztatsachen mit - insoweit ausreichender (BGH VersR 1991, 1047) - erheblicher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen ist, dass der Diebstahl nur vorgetäuscht worden ist. Die von der Rechtsprechung entwickelte, sog. "Zwei-Stufen-Theorie" mag die Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen erleichtern, stellt aber kein starres, zwingend einzuhaltendes Schema dar, da es sich bei jedem versicherungsrechtlich zu beurteilenden (angeblichen oder tatsächlichen) Kraftfahrzeugdiebstahl in Wahrheit letztlich doch um einen einheitlichen Lebensvorgang handelt, der einer Gesamtbeurteilung bedarf (vgl. Römer, a.a.O., 2330).

Auch die einzelnen Berufungsangriffe führen zu keiner anderen Beurteilung:

Soweit der Kläger rügt, das LG gehe von einem Unfallzeitpunkt "um ca. 22.00 Uhr" aus, obwohl er anhand der Feststellungen in der Beiakte (311 Ds 56/08 AG Tiergarten = 95 Js 26/08 Staatsanwaltschaft Berlin) den Zeitpunkt mit 22.10 Uhr angegeben habe, ist dies zwar richtig. Es ist aber zum Einen nicht ersichtlich, wieso eine "Verkleinerung" des Zeitfensters um 10 Minuten zu einer falschen Entscheidung geführt haben soll, zum Anderen nennt die einzige Unfallzeugin L. als Unfallzeitpunkt "gegen 22.00 Uhr bis 22.10" Uhr (vgl. Bl. 48 Bd. I der o.g. Beiakten) und auch die Beklagte spricht in der Klageerwiderung von "gegen 22.00 Uhr", so dass die Wiedergabe des Unfallzeitpunkts durch das LG mit "ca. 22.00 Uhr" keinen Bedenken begegnet.

Dass das Fahrzeug des Klägers nach dem Unfall zu dessen Wohnanschrift gefahren und dort abgestellt worden ist, stellt entgegen seiner Ansicht keinen indifferenten Umstand dar, den das LG nicht zu seinem Nachteil bei der Beurteilung seiner Glaubwürdigkeit oder der Glaubhaftigkeit seiner Angaben hätte berücksichtigen dürfen. Vielmehr spricht gerade der Umstand, dass das Fahrzeug nach der - angeblichen - Entwendung vor der Wohnung des Klägers nach einem erheblichen Unfall wieder zu der Wohnanschrift des Klägers und damit zu dem Tatort der vorangegangenen - angeblichen - Entwendung zurückgebracht worden sein soll, für eine Vortäuschung des Diebstahls. So verhält sich kei...

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