Leitsatz (amtlich)
Kein Anfechtungsrecht des vermeintlichen biologischen Vaters nach § 1600 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 BGB bei entgegenstehender sozial-familärer Beziehung zwischen dem rechtlichen Vater und dem Kind.
Die Beweislast für das Nichtbestehen einer sozial-familiären Beziehung zwischen dem rechtlichen Vater und dem Kind trägt der Anfechtende. Kann der Anfechtende die Vermutung des § 1600 Abs. 4 BGB nicht ausräumen, scheidet die Einholung eines Sachverständigengutachtens über die wahren Abstammungsverhältnisse aus. Dies ist nach der Rechtsprechung des BVerfG und des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte mit dem Elternrecht aus Art. 6 Abs. 2 GG und Art 8 EMRK vereinbar.
Verfahrensgang
AG Berlin-Tempelhof-Kreuzberg (Beschluss vom 03.03.2014; Aktenzeichen 159 F 23472/12) |
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des AG Tempelhof-Kreuzberg - Familiengericht - vom 3.3.2014 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Die Gehörsrüge des Antragstellers wird als unzulässig verworfen.
Der Verfahrenskostenhilfeantrag des Antragstellers vom 25.9.2014 wird zurückgewiesen.
Der Bevollmächtigte des Beschwerdeführers, Herr H.Sch., wird zurückgewiesen.
Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Beteiligten streiten um die Abstammung des Kindes K.J.
Katharina wurde am ...2004 geboren. Die Kindesmutter und der weitere Beteiligte zu 3. sind seit dem 16.11.2011 miteinander verheiratet. Der weitere Beteiligte zu 3. hat seine Vaterschaft zu dem Kind K.mit Zustimmung der Kindesmutter am 2.8.2012 vor dem Standesamt Neukölln von Berlin zur Vorgangs-Nr. ...BV anerkannt. Die Kindesmutter hat noch zwei weitere Kinder, die am 25.12.2005 geborene I.M.J.und den am 21.9.2009 geborenen P.P.J. Auch für diese beiden Kinder hat der Beteiligte zu 3. die Vaterschaft anerkannt.
Der Antragsteller behauptet, er habe von 2002 bis 2009 eine nicht eheliche Lebensgemeinschaft mit der Kindesmutter geführt und regelmäßigen sexuellen Kontakt mit ihr gehabt. Er behauptet, der biologische Vater der drei Kinder der Kindesmutter zu sein und sich bis zur Trennung von ihr im Januar 2009, als diese eine Beziehung mit dem weiteren Beteiligten zu 3. eingegangen sei, auch regelmäßig in dem gemeinsamen Haushalt mit der Kindesmutter um die beiden Mädchen gekümmert zu haben. Der Junge sei erst geboren, nachdem er sich von der Kindesmutter getrennt hatte. Zu einer Anerkennung der Vaterschaft sei es nicht gekommen, weil die Kindesmutter dies abgelehnt habe.
Der Antragsteller ficht in diesem Verfahren mit Antrag vom 28.11.2012, beim Familiengericht eingegangen am selben Tag, die Vaterschaft des weiteren Beteiligten zu 3. zu dem Kind K.an. Auch bezüglich der anderen beiden Kinder sind entsprechende Vaterschaftsanfechtungsverfahren vor dem AG Tempelhof-Kreuzberg anhängig. In dem parallel zum Geschäftszeichen .../11 bezüglich aller drei Kinder vor dem AG Tempelhof-Kreuzberg geführten Umgangsverfahren hat sich der Antragsteller am 29.8.2013 mit der Kindesmutter dahingehend verständigt, dass er berechtigt und verpflichtet sei, im Abstand von zwei Monaten brieflichen Kontakt mit den Kindern aufzunehmen. Diesen darf er an Geburtstagen und hohen Feiertagen (Ostern und Weihnachten) mit entsprechenden Glückwünschen verbinden und entsprechende Wünsche auch außerhalb der vereinbarten Korrespondenzzeiten übermitteln. Der Briefkontakt, einschließlich des Inhalts der Briefe, wird über das Jugendamt vermittelt und kontrolliert. Eine gerichtliche Genehmigung dieser Vereinbarung (§ 156 Abs. 2 BGB) erfolgte nicht, nachdem die Kinder K.und I.bei den durch das Familiengericht zwei Mal unternommenen Versuchen, sie zu ihrem Verhältnis zu dem Antragsteller zu befragen, sich jeweils sehr schüchtern und äußerst abweisend gezeigt hatten und in Tränen ausgebrochen waren, so dass die Anhörungen jeweils abgebrochen werden mussten.
Das Familiengericht hat den Antrag des Antragstellers nach Durchführung eines Anhörungstermins, bei dem die jeweils anwaltlich vertretenen weiteren Beteiligten zu 1. bis 3. und der für das Kind K.bestellte Verfahrensbeistand angehört wurden, mit Beschluss vom 3.3.2014 ohne Einholung eines genetischen Abstammungsgutachtens zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die zwischen dem Kind K.und dem weiteren Beteiligten zu 3. nach dem Ergebnis der Anhörung anzunehmende sozial-familiäre Beziehung (§ 1600 Abs. 4 BGB) der Anfechtung der Vaterschaft gem. § 1600 Abs. 2 BGB entgegen stehe, ohne dass es auf die Qualität und Intensität der zuvor zwischen dem Antragsteller und dem Kind K.bestehenden Beziehung ankomme. Wegen der Einzelheiten wird auf das Protokoll über die mündliche Anhörung der weiteren Beteiligten vom 20.1.2014 (Bd. I, Bl. 155-156 d.A.) sowie den Beschluss des Familiengerichts vom 3.3.2014 (Bd. I, Bl. 165 - 170 d.A.) Bezug genommen.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Antragstellers. Er beruft sich dazu auf seine biologische Vaterschaft und darauf, dass er bis zum Jahr 2009 die sozial-fami...