Leitsatz (amtlich)

1. Der Wassersportkaskoversicherer ist wegen vorsätzlicher Verletzung der Aufklärungsobliegenheit gemäß § 28 Abs. 2 S. 1 VVG n.F. leistungsfrei, wenn sich der VN nach der Anzeige des Diebstahls seines auf der Straße abgestellten, auf einem Trailer befindlichen Bootes weigert, dem VR den Schlüssel zum Sicherheitsschuh der Anhängerkupplung des Trailers auszuhändigen.

2. Der VN kann den Kausalitätsgegenbeweis nicht dadurch führen, dass er nach mehreren Jahren selbst einen Sachverständigen mit der Untersuchung des Schlüssels beauftragt und dessen Gutachten des Inhalts vorlegt, dass anhand der Spuren nicht festgestellt werden könne, wann der Schlüssel zuletzt benutzt wurde.

3. Bringt der VN nach der Rückkehr aus dem Urlaub das zurücktransportierte Boot nicht zum Liegeplatz, sondern lässt er es auf der Straße stehen, um zunächst Sport zu treiben und am nächsten Tag zu

4. einer Familienfeier zu gehen, so handelt es sich nicht mehr um eine versicherte Fahrtunterbrechung

5. eines versicherten Landtransports (Ziff. 2.1.4 i.V.m. 3.4.3 der AVB Wassersportfahrzeug 2008).

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Aktenzeichen 7 O 227/09)

 

Tenor

In dem Rechtsstreit Dr. G ./. S.V.-A.i.D. wird der Kläger darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtigt, seine Berufung gem. § 522 Abs. 2 ZPO durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen.

Die Berufung bietet in der Sache keinen Erfolg. Die Sache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Auch zur Fortentwicklung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ist eine Entscheidung des Senats durch Urteil unter Zulassung der Revision nicht geboten.

Die Berufung kann gem. § 513 Abs. 1 ZPO nur darauf gestützt werden, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung i.S.d. § 546 ZPO beruht oder nach § 529 ZPO zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen.

Diese für einen Erfolg der Berufung erforderlichen Voraussetzungen liegen nicht vor.

 

Gründe

Das LG hat die Klage zu Recht mit der Begründung abgewiesen, die Beklagte könne sich wegen der vorsätzlichen Weigerung des Klägers zur Herausgabe der Schlüssel zum Sicherheitsschuh der Anhängerkupplung des Trailers, auf dem sich nach seinem Vorbringen das bei der Beklagten u.a. gegen Diebstahl versicherte und am Nachmittag/Abend des 9.8.2008 abhanden gekommene Sportboot des Typs Riva Junior befand, auf ihre in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen für den Fall der Verletzung von Aufklärungsobliegenheiten nach dem Eintritt des Versicherungsfalls vereinbarte Leistungsfreiheit berufen. Die dagegen gerichteten Berufungsrügen greifen nicht durch.

Allerdings liegen dem Vertrag nicht die vom Kläger eingereichten und von dem Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. herausgegebenen "AVB Wassersportfahrzeuge 1985/2008" (Anlage K 2) zugrunde, sondern die von der Beklagten mit der Klageerwiderung eingereichten "AVB Wassersportfahrzeuge 2008, Form. 31411 01/2008", wie sich aus dem Versicherungsschein vom 14.2008 (Anlage K 1) S. 2 ergibt und die Beklagte mit der Klageerwiderung vorgetragen hat. Darüber hinaus ist das Versicherungsvertragsgesetz - VVG - in seiner ab dem 1.1.2008 geltenden Fassung anwendbar, da die Parteien den Versicherungsvertrag im Jahre 2008 abgeschlossen haben, es sich also nicht um einen "Altvertrag" handelte, für den bei dem Eintritt von Versicherungsfällen im Jahr 2008 noch Besonderheiten galten (§ 1 Abs. 2 EGVVG).

Dies führt vorliegend jedoch zu keiner anderen Beurteilung, weil der Kläger die Obliegenheit vorsätzlich verletzt hat, diese Verletzung nicht folgenlos war und er auch ordnungsgemäß mit der dem Schreiben der Beklagten vom 3.9.2008 beigefügten Belehrung gem. § 28 Abs. 4 VVG auf die Folgen der Obliegenheitsverletzung hingewiesen wurde (Anlage K 14, Bl. 78 d.A.).

Die Beklagte ist gem. § 28 Abs. 2 S. 1 VVG leistungsfrei, weil der Kläger die in Ziff. 12.1. der AVB vereinbarte Obliegenheit, dem Versicherer jede Untersuchung über Ursache und Höhe des Schadens zu gestatten, verletzt hat. Zu dieser Obliegenheit gehört auch die Vorlage und Herausgabe der vom Versicherer angeforderten Schlüssel der entwendeten Sache und/oder dazugehöriger Sicherheitseinrichtungen, damit dieser anhand der Anzahl und Eigenschaften der Schlüssel und der Ergebnisse einer sachverständigen Untersuchung die aus seiner Sicht für die Feststellung seiner Eintrittspflicht erforderlichen Schlüsse ziehen kann. Auch wenn sich daraus im Ergebnis keine weitergehenden Erkenntnisse für den Versicherer ergeben, kann sich der Versicherungsnehmer seiner Mitwirkung durch Einbehalt der Schlüssel nicht schon im Vorhinein mit dem Argument entziehen, er wisse bereits, dass sich aus den vom Versicherer beabsichtigten Untersuchungen keine weitergehenden Erkenntnisse über eine etwaige Vortäuschung des Versicherungsfalls durch ihn ergäben. Denn es steht in der Entscheidungsbefugnis des Versicherers, welche Aufklärungsmaßnahmen er ergreift. Sein Aufklärungsinteresse erstreckt sich zudem auch auf andere Umstände, wie etwa solch...

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