Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Leistungsfreiheit wegen Obliegenheitsverletzung wegen Falschangaben bei Beantwortung von Fragen des VR nach Eintritt des Versicherungsfalls in der Fahrzeugversicherung

 

Leitsatz (amtlich)

Der Versicherer ist in der Kfz-Kaskoversicherung wegen arglistiger Falschangaben zu Vorschäden von der Leistung frei, wenn der Versicherungsnehmer bei einem Vandalismusschaden durch ein rundherum zerkratztes Fahrzeug angibt, frühere Lackbeschädigungen ausgebessert zu haben, obwohl nach gerichtssachverständiger Untersuchung noch alte Kratzer aus einem früher erlittenen gleichartigen Schaden festgestellt werden können und der Versicherungsnehmer daraufhin einräumt, dass er die festgestellten Altschäden nicht in der Werkstatt beseitigen ließ, wie zunächst behauptet, sondern selbst - vermutlich mit einem Lackstift - übermalt habe.

 

Normenkette

AKB 2008 E. 1.3; AKB 2008 E. 6.1; AKB 2008 E. 6.2 S. 2; VVG § 28 Abs. 2-3

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Urteil vom 13.03.2013; Aktenzeichen 42 O 386/10)

 

Gründe

1. Die Parteien werden darauf hingewiesen, dass beabsichtigt ist, die Berufung des Klägers vom 19.4.2013 gegen das am 13.3.2013 verkündete Urteil der Zivilkammer 42 des LG Berlin gem. § 522 Abs. 2 ZPO durch Beschluss zurückzuweisen, weil der Senat nach Vorberatung einstimmig der Auffassung ist, dass das Rechtsmittel in der Sache offensichtlich unbegründet ist (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1ZPO).

Zutreffend hat das LG im Hinblick auf das Beweisergebnis die Klage auf Zahlung einer Vollkaskoentschädigung abgewiesen.

Die gegen diese Entscheidung vorgebrachten Berufungsangriffe lassen Rechtsfehler nicht erkennen. Es liegen auch keine konkreten Anhaltspunkte vor, die Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen (§§ 513, 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

Zu Recht hat die Beklagte mit Schreiben vom 1.7.2010 ihre Eintrittspflicht verneint. Die Beklagte ist jedenfalls gem. § 28 Abs. 2 S. 1 VVG leistungsfrei, weil der Kläger zuvor vorsätzlich die unter E. 1.3. AKB vereinbarte Aufklärungsobliegenheit verletzt hat.

Der Kläger hat mit Schreiben vom 22.4.2010 (eingereicht als Anlage K 7) sowie insbesondere mit anwaltlichem Schreiben vom 23.6.2010 (eingereicht im Termin am 8.2.2012, Blatt 170 d.A.) objektiv falsche Angaben zu am Schadenstag bestehenden Altschäden und deren Beseitigung gemacht.

Soweit der Kläger meint, eine Obliegenheitsverletzung käme schon deshalb nicht in Betracht, weil unter E. 1.3. der AKB lediglich vereinbart worden sei, dass er Fragen der Beklagten wahrheitsgemäß und vollständig zu beantworten habe, übersieht er bereits das einleitende Wort "insbesondere". Zudem kann ihm aber auch nicht gefolgt werden, soweit er meint, ein durchschnittlich verständiger Versicherungsnehmer erkenne einen Unterschied zwischen Fragen der Versicherung und einer Bitte um konkrete Angaben. Dass jedenfalls der Kläger selbst insoweit keinen Unterschied macht, und die Bitten der Beklagten im Schreiben vom 15.4.2010 (eingereicht als Anlage K 6) ersichtlich als Fragen aufgefasst hat, zeigt seine eigene Einleitung: "Desweiteren beantworte ich nun Ihre Fragen:"

Die Angaben des Klägers in den Schreiben vom 22.4.2010 und 23.6.2010 waren objektiv falsch, soweit er vorhandene Altschäden an der Lackierung als "ausgebessert" bzw "fachgerecht beseitigt" oder "fachgerecht behoben" bezeichnet hat. Denn im Ergebnis der Beweisaufnahme steht auch zur Überzeugung des Senats fest, dass jedenfalls die im Dezember 2007 entstandenen Kratzer im Bereich des Daches und der rechten Seite des Pkw vor dem hier maßgeblichen Zeitpunkt nicht ausgebessert, fachgerecht beseitigt oder behoben waren.

Der Kläger selbst hat im Rahmen seiner 2. persönlichen Anhörung vor dem LG im Termin am 13.3.2013 zugestanden, die beiden Kratzspuren, die der Sachverständige als mit solchen aus dem Versicherungsfall Dezember 2007 identisch festgestellt hat, lediglich selbst ausgebessert zu haben, wobei er im Weiteren nicht mehr angeben konnte, in welcher Art und Weise er dies getan hat; hinsichtlich des Kratzers an der rechten Seite meint er eine Bearbeitung mit einem Lackstift vermuten zu können.

Der Sachverständige, Professor Dr. R., vermochte anhand der Fotos eine Ausbesserung der Kratzer nicht zu bestätigen, konnte eine Ausbesserung mittels eines Lackstifts indes für den Kratzer an der rechten Seite auch nicht hundertprozentig ausschließen. Letztlich kommt es darauf aber entscheidungserheblich nicht an, weil die Angaben im Schreiben vom 23.6.2010 selbst dann falsch waren, wenn man den Vortrag des Klägers zur Ausbesserung mittels eines Lackstifts zugrunde legt. Denn die Übermalung eines Kratzers mit einem Lackstift dient lediglich der optischen Abdeckung und dem Schutz vor Rost, stellt aber keine fachgerechte Behebung oder Beseitigung des Kratzers dar.

Diese Falschangabe erfolgte auch vorsätzlich i.S.d. § 28 Abs. 2 S. 1 VVG. Bereits der eigenen Einlassung des Klägers ist zu entnehmen, dass ihm bekannt war, dass er die Kratzer im Bereich des Da...

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