Entscheidungsstichwort (Thema)
Anerkennung bzw. Feststellung der Wirksamkeit einer in Guatemala erfolgten Minderjährigenadoption
Leitsatz (amtlich)
Bei der Prüfung, ob die Rechtsfolgen einer im Ausland erfolgten Adoption gegen den deutschen ordre-public verstoßen und damit die Entscheidung nach § 16a Nr. 4 FGG nicht anerkannt werden kann, ist nicht auf den Zeitpunkt der ausländischen Entscheidung, sondern auf den Zeitpunkt, in dem über die Anerkennung entschieden wird, abzustellen.
Enthält das ausländische Recht keine Vorschriften, die bei Auslandsoptionen eine Einschaltung von anerkannten Vermittlungsstellen oder die Einholung von Sozialberichten solcher Stellen des Heimatstaates des Annehmenden gebieten, kann nicht von einem Verstoß gegen den deutschen ordre-public ausgegangen werden, weil insoweit auch in Deutschland erst seit dem In-Kraft-Treten des Gesetzes zur Regelung von Rechtsfragen auf dem Gebiet der internationalen Adoption und zur Weiterentwicklung des Adoptionsvermittlungsrechts am 1.1.2002 (BGBl. I, 2950) ein gesetzlich geregelter Standard besteht.
Ein Verstoß gegen deutschen ordre-public wird aber indiziert, wenn in einem ausländischen Adoptionsverfahren eine Kindeswohlprüfung ersichtlich nicht erfolgt ist, weil sie nach dem ausländischen Recht gar nicht vorgesehen ist.
Normenkette
AdWirkG § 2; FGG § 16a Nr. 4
Verfahrensgang
LG Berlin (Beschluss vom 05.08.2005; Aktenzeichen 83 T 324/04) |
AG Berlin-Schöneberg (Aktenzeichen 50-XVI 3/02) |
Tenor
Der Beschluss des LG Berlin vom 5.8.2005 - 83 T 324/04 - wird aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Sachbehandlung unter Berücksichtigung der nachfolgenden Ausführungen an das LG zurückverwiesen.
Gründe
A. Nachdem der Beschwerdeführer keinen positiven Eignungsbericht einer deutschen Adoptionsvermittlungsstelle erlangen konnte, ließ er sich von dem Pfarrer S. in L. einen sog. Sozialbericht erstellen, in dem über seine sexuelle Orientierung keine Angaben enthalten sind. Stattdessen wird in dem Bericht davon ausgegangen, dass der Beschwerdeführer sich vorstellen könne, mit der geeigneten Frau eine Familie zu gründen und eigene Kinder zu haben. Diesen Sozialbericht verwendete der Beschwerdeführer in einem in Guatemala geführten Adoptionsverfahren, das im Jahr 2001 mit der Ausstellung einer notariellen Adoptionsurkunde und einer Geburtsurkunde, die den Anzunehmenden als Kind des Beschwerdeführers ausweist, endete.
Der Beschwerdeführer hat, nachdem er den Anzunehmenden im April 2001 nach Deutschland verbracht hatte, beantragt, die ausländische Adoption anzuerkennen und deren Umwandlung in eine den deutschen Sachvorschriften über die Annahme als Kind entsprechende Rechtsstellung auszusprechen.
Amts- und LG haben den Antrag zurückgewiesen.
B.I. Das Rechtsmittel des Beschwerdeführers ist als sofortige weitere Beschwerde statthaft, §§ 5 Abs. 4 S. 2 AdWirkG, 29 Abs. 2 FGG. Als solche ist das Rechtsmittel zulässig, insb. ist es form- und fristgerecht eingelegt worden, §§ 5 Abs. 4 S. 2 AdWirkG, 29 Abs. 1 S. 2, Abs. 2, 22 Abs. 1 S. 1 FGG. Maßgeblich ist insoweit die mit Schriftsatz vom 14.9.2005 am selben Tag eingelegte sofortige weitere Beschwerde, weil die Rücknahme des zuvor eingelegten Rechtsmittels zwar zu dessen Verlust nicht jedoch zu dessen Verbrauch geführt hat (Kahl, in Keidel/Kuntze/Winkler, FGG, 15. Aufl., § 19 Rz. 108). Die Beschwerdebefugnis des Beschwerdeführers folgt bereits daraus, dass seine Beschwerde durch die angefochtene Entscheidung des LG zurückgewiesen worden ist (Meyer-Holz in Keidel/Kuntze/Winkler, FGG, 15. Aufl., § 27 Rz. 10).
II. Die sofortige weitere Beschwerde ist auch begründet.
1. Gemäß § 2 Abs. 1 AdWirkG stellt das VormG auf Antrag fest, ob eine Annahme als Kind i.S.d. § 1 AdWirkG anzuerkennen oder wirksam und ob das Eltern-Kind-Verhältnis des Kindes zu seinen bisherigen Eltern durch die Annahme erloschen ist. Die Anerkennung einer im Ausland erfolgten Adoption setzt außerhalb des Anwendungsbereichs des Haager Übereinkommens vom 29.5.1993 über den Schutz von Kindern und die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der internationalen Adoption (BGBl. II 2001, 1034) voraus, dass die Annahme als Kind auf der Entscheidung eines ausländischen Gerichts oder einer ihm gleichzustellenden Behörde beruht, es sich also um eine sog. Dekretadoption handelt. Erfolgte die Annahme im Ausland aufgrund eines privatrechtlichen Rechtsgeschäfts zwischen dem Anzunehmenden und dem Annehmenden oder dessen leiblichen Eltern, so ist die Wirksamkeit dieser Vertragsadoption im Rahmen von § 2 Abs. 1 AdWirkG festzustellen (BT-Drucks. 14/6011, 46). Der Prüfungsmaßstab bei der Anerkennung unterscheidet sich von der Wirksamkeitsfeststellung. Bei der Anerkennung geht es um die Prüfung der ausländischen Entscheidung anhand der Regelungen in § 16a FGG, wonach lediglich eine verfahrensrechtliche Prüfung vorzunehmen ist (BT-Drucks. 14/6011, 25, 46; Klinkhardt in MünchKomm/BGB/EGBGB, 4. Aufl., Art. 22 Rz. 92; Henrich in Staudinger, BGB, EGBGB, 2002, Art. 22 Rz. 85). Die Feststellung der Wirksamkeit...