Leitsatz (amtlich)

Hat ein deutscher Staatsangehöriger die Vaterschaft über ein in Ägypten geborenes Kind einer dort von einem Ägypter geschiedenen ägyptischen Staatsangehörigen anerkannt und wird die Beurkundung der Geburt des Kindes gemäß § 36 Abs. 1 PStG beantragt, sind die Voraussetzungen über die Anerkennung der Scheidung inzident von dem Standesamt bzw. im gerichtlichen Anweisungsverfahren durch das AG zu prüfen. Die Antragsteller können bei einer Heimatstaatenentscheidung nicht auf ein Anerkennungsverfahren nach § 107 Abs. 1 S. 1 FamFG verwiesen werden.

 

Normenkette

PStG §§ 49, 36; StAG § 4; BGB §§ 1592, 1594; FamFG § 107

 

Verfahrensgang

AG Berlin-Schöneberg (Beschluss vom 11.07.2016; Aktenzeichen 71a III 204/16)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 28.11.2018; Aktenzeichen XII ZB 217/17)

 

Tenor

Die Beschwerde wird bei einem Wert in Höhe von 5.000,00 EUR auf Kosten der Beteiligten zu 4 zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Beteiligte zu 2 ist Ägypterin. Am 8.5.2006 entband sie zur Reg.-Nr. 5...des Standesbeamten (M.) für die Gemeinde D.S.ihren ägyptischen Ehemann von seinen Pflichten ihr gegenüber, erklärte den Verzicht auf Unterhaltsansprüche sowie den gestundeten Teil der Brautgabe und bat ihn, die Verstoßungsformel auszusprechen. Ihr Ehemann erklärte darauf die Verstoßung der Beteiligten zu 2. Der Standesbeamte stellte die unwiderrufliche Scheidung der Ehe fest, die am 13.5.2006 im Scheidungsregister eingetragen wurde.

Am 23.8.2011 gebar die Beteiligte zu 1 in Ägypten einen Jungen, dessen Vaterschaft der Beteiligte zu 1 am 29.11.2012 vor dem Beteiligten zu 4 anerkannte - Vorgang Nr. 7.../1... Der Beteiligte zu 1 ist Deutscher.

Am 31.1.2013 beantragten die Beteiligten zu 1 und 2 die Nachbeurkundung der Geburt. Dies lehnte der Beteiligte zu 3 ab, weil die Scheidung der Ehe der Beteiligten zu 2 zuvor im Verfahren nach § 107 FamFG anzuerkennen sei.

Am 6.4.2016 haben die Beteiligten zu 1 und 2 Antrag auf gerichtliche Anweisung gestellt. Das AG Schöneberg hat den Beteiligten zu 3 angewiesen, die Beurkundung der Geburt des Kindes nicht aus dem Grund abzulehnen, dass der Familienstand der Mutter nicht nachgewiesen sei. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Beteiligten zu 4 - der Standesamtsaufsicht - vom 4.8.2016, der das AG nicht abgeholfen hat.

II.1. Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht erhoben und begründet worden, §§ 51 Abs. 1 S. 1 PStG, 63 Abs. 1, 64 Abs. 2 S. 1, 65 Abs. 1 FamFG.

2. Das Rechtsmittel bleibt in der Sache ohne Erfolg.

Lehnt das Standesamt die Vornahme einer Amtshandlung ab, so kann es auf Antrag der Beteiligten oder der Aufsichtsbehörde durch das Gericht dazu angewiesen werden, § 49 Abs. 1 PStG. Diese Voraussetzungen liegen in den Schranken des Antrags der Beteiligten zu 1 und 2 vom 14.6.2016 vor.

a) Die Beurkundung der Geburt eines im Ausland geborenen Deutschen erfolgt auf Antrag durch das für seinen Wohnsitz zuständige Standesamt, wobei für den Besitz der deutschen Staatsangehörigkeit der Zeitpunkt der Antragstellung maßgebend ist, § 36 Abs. 1 S. 1, 2 S. 1 PStG.

Gemäß §§ 3 Abs. 1 Nr. 1, 4 Abs. 1 StAG wird die Staatsangehörigkeit durch Geburt erworben, wenn ein Elternteil die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt. Ist bei der Geburt des Kindes nur der Vater deutscher Staatsangehöriger und ist zur Begründung der Abstammung nach den deutschen Gesetzen die Anerkennung oder Feststellung der Vaterschaft erforderlich, so bedarf es zur Geltendmachung des Erwerbs einer nach den deutschen Gesetzen wirksamen Anerkennung oder Feststellung der Vaterschaft, § 4 Abs. 1 S. 2 HS 1 StAG.

Die Anerkennung der Vaterschaft ist nicht wirksam, solange die Vaterschaft eines anderen Mannes besteht, § 1594 Abs 2 BGB. War die Beteiligte zu 2 im Zeitpunkt der Geburt des Kindes mit einem anderen Mann verheiratet, ist dieser sowohl nach deutschem, vgl. § 1592 Nr. 1 BGB, als auch nach ägyptischem Recht Vater des Kindes (Brandhuber/Zeyringer/Heussler, Standesamt und Ausländer, Ägypten, Stand Juli 2011, VII Kinder; Ebert/Hefny, in: Bergmann/Ferid/Henrichs, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Ägypten, Stand Juli 2008, III A 7 Kindschaftsrecht).

Es ist deshalb im Ausgang nicht zu beanstanden, wenn das Standesamt den Nachweis der Scheidung der Ehe der Beteiligten zu 2 für erforderlich erachtet hat. Dieser Nachweis ist hingegen erbracht worden. Einer Entscheidung der Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz gemäß § 107 FamFG bedarf es hierfür nicht.

b) Allerdings werden ausländische Scheidungen im Inland nur anerkannt, wenn die Landesjustizverwaltung festgestellt hat, dass die Voraussetzungen für die Anerkennung vorliegen, § 107 Abs. 1 S. 1 FamFG. Damit soll eine einheitliche Behandlung der ausländischen Entscheidung gewährleistet werden (Zimmermann, in: Keidel, FamFG, 19. Aufl., § 107, Rdn. 1). Kommt es in einem Verwaltungsverfahren, etwa vor dem Standesbeamten, auf die Wirksamkeit einer ausländischen Scheidung als Vorfrage an, kann die Behörde hierüber nicht selbst e...

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