Leitsatz (amtlich)
Die dem Prokuristen gesetzlich eingeräumte rechtsgeschäftliche Vertretungsmacht reicht für die Anmeldung der Änderung der inländischen Geschäftsanschrift bei der Gesellschaft, für die die Prokura erteilt ist, nicht aus.
Normenkette
HGB § 12 Abs. 1 S. 2, § 49; GmbHG § 8 Abs. 4 Nr. 1
Verfahrensgang
AG Berlin-Charlottenburg (Aktenzeichen 84 HRB 150956 B) |
Tenor
Die Beschwerde der Beteiligten vom 23.10.2015 gegen die Zwischenverfügung des AG Charlottenburg vom 22.10.2015 wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Die Beteiligte ist seit dem 27.6.2013 in das Handelsregister B des AG eingetragen. Neben dem Geschäftsführer verfügt sie über zwei Prokuristen, die Herren F.H.und J.K., dürfen die Beteiligte jeweils zu zweit oder mit einem Geschäftsführer vertreten. Eine Befreiung von den Beschränkungen von § 181 BGB ist erteilt. Der einzige Geschäftsführer der Beteiligten wohnt in Italien. Als Geschäftsanschrift ist derzeit die F., ..., im Register vermerkt.
Mit einer notariell beglaubigten Erklärung vom 2.10.2015 meldete der zum Prokuristen bestellte Herr H.die Änderung der Geschäftsanschrift zur Eintragung an. Die Geschäftsanschrift laute nunmehr: c/o Kanzlei M. Der Wortlaut der Anmeldung enthält keinen Hinweis auf die Prokuristenstellung, es heißt vielmehr, dass die Anmeldung in der Eigenschaft als Geschäftsführer der Gesellschaft erfolgt.
Mit einem Schreiben vom 22.10.2015 hat das AG unter Berufung auf die Entscheidung des OLG Karlsruhe vom 7.8.2014 darauf hingewiesen, dass die Vertretungsmacht eines Prokuristen nicht die Anmeldung der Änderung der Geschäftsanschrift erfasse. Diese habe vielmehr durch den Geschäftsführer zu erfolgen, wofür eine Frist von sechs Wochen gesetzt werde. Gegen diese Verfügung hat der beurkundende Notar mit Schreiben vom 23.10.2015 Beschwerde eingelegt. Das AG hat der Beschwerde nicht abgeholfen und ausgeführt, dass eine Anmeldung zwar durch einen rechtsgeschäftlichen Vertreter erfolgen könne, die durch die Prokura eingeräumte gesetzliche Vertretungsmacht hierfür aber wegen der großen Bedeutung der Änderung der Geschäftsanschrift nicht ausreiche.
II.A. Die als im Namen der Gesellschaft als Beteiligter eingelegte Beschwerde vom 23.10.2015 ist nach § 58 Abs. 2 FamFG in Verbindung mit § 382 Abs. 4 Satz 2 FamFG statthaft und auch im Übrigen zulässig. Die Beteiligte ist durch die Ablehnung der sie betreffenden Änderung der Geschäftsanschrift auch selbst beschwert, so dass ihr die Beschwerdebefugnis nach § 59 FamFG zusteht. Die Form der Beschwerde nach § 64 Abs. 2 FamFG ist ebenso gewahrt wie die Frist nach § 63 Abs. 1 FamFG. Der Beschwerwert übersteigt wegen der Bedeutung der Eintragung in jedem Fall auch den Betrag von 600 EUR nach § 61 Abs. 1 FamFG.
B. In der Sache hat die Beschwerde aber keinen Erfolg.
1. Dies beruht allerdings nicht darauf, dass der Anmeldende H.in der Erklärung vom 2.10.2015 behauptet, dass er der Geschäftsführer der Gesellschaft ist, obwohl er ausweislich der Registereintragungen lediglich Prokurist der Gesellschaft ist. Denn dies macht die Anmeldung nicht unwirksam.
2. Die Anmeldung war aber in jedem Fall schon deshalb zu beanstanden, weil der Prokurist H.gar nicht alleine handeln durfte. Die Befugnis zur Vertretung der Gesellschaft, auf die er sich auch gegenüber dem Registergericht im Rahmen der Anmeldung beruft, ist darauf beschränkt, dass er gemeinsam mit einem weiteren Prokuristen oder einem Geschäftsführer der Gesellschaft handelt. Das hat er nicht getan.
3. Das AG hat aber auch zu Recht darauf hingewiesen, dass eine Anmeldung auf der Grundlage der Vertretungsmacht eines Prokuristen zur Anmeldung der inländischen Geschäftsanschrift bei der Gesellschaft, die nach § 48 Abs. 1 HGB Inhaber des die Prokura betreffenden Handelsgeschäftes ist, nicht in Betracht kommt.
a) Die inländische Geschäftsanschrift ist nicht nur nach § 8 Abs. 4 Nr. 1 GmbHG bei der Erstanmeldung der Gesellschaft in deren Rahmen mitzuteilen. Es besteht nach § 31 Abs. 1 HGB auch die Verpflichtung eine spätere Änderung der inländischen Geschäftsanschrift zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden. Diese Regelung gilt dabei für die Gesellschaft mit beschränkter Haftung entsprechend, weil diese nach § 13 Abs. 3 GmbHG Handelsgesellschaft ist, so dass auf sie nach § 6 Abs. 1 HGB die für den Kaufmann geltenden Vorschriften anzuwenden sind. § 31 HGB ist aber gerade eine einen Kaufmann betreffende Vorschrift (vgl. KG Berlin, Beschluss vom 20.9.2013 - 12 W 40/13 -, juris, Rn. 9; Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, Beschluss vom 27.1.2011 - 11 W 4/11-, juris, Rn. 6).
b) Anzumelden hat die Änderung nach § 31 Abs. 1 HGB in Verbindung mit § 29 Abs. 1 HGB der Kaufmann, hier also der gesetzliche Vertreter der Beteiligten. Dies ist zunächst der Geschäftsführer. Allerdings kann eine Anmeldung auch durch einen rechtsgeschäftlichen Vertreter erfolgen. Dies folgt aus § 12 Abs. 1 Satz 2 HGB, der die Form der entsprechenden Vollmacht vorschreibt. Der Prokurist ist gerade ein rechtsgeschäftlicher Vertreter, wobei sic...